Zu Unrecht Inhaftierte könnten mehr Erstattung erhalten
Justizminister der Länder wollen Entschädigung erhöhen – Deutscher Anwaltsverein fordert 100 Euro pro Tag
BERLIN (dpa) - Die Justizminister der Länder wollen zu Unrecht inhaftierte Menschen höher entschädigen. Am Donnerstag haben sie die Bundesregierung einstimmig dazu aufgefordert, einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen. Allerdings konnten sie sich bei ihrer Herbstkonferenz in Berlin nicht auf einen Vorschlag für eine konkrete Summe einigen.
Konsens habe aber darin bestanden, dass eine „deutliche Erhöhung“des aktuellen Satzes von 25 Euro pro Tag nötig sei, sagte der Vorsitzende der Justizministerkonferenz, der rheinland-pfälzische Ressortchef Herbert Mertin (FDP). In einer Vorlage für die Konferenz war zunächst von 35 Euro die Rede. Der Deutsche Anwaltsverein hingegen forderte 100 Euro. „Die Haftentschädigung ist derzeit deutlich zu gering und muss mindestens vervierfacht werden“, sagte der Verbandspräsident. Er forderte von der neuen Bundesregierung eine rasche Gesetzgebungsinitiative, auch zur Vereinfachung des derzeit langwierigen Entschädigungsverfahrens. Der Umgang mit Betroffenen sei ebenfalls reformbedürftig. „Jeder Straftäter, der vorzeitig aus der Haft entlassen wird, hat einen Bewährungshelfer an seiner Seite und erhält Hilfe – ein unschuldig Inhaftierter wird hingegen vom Staat alleingelassen.“Schellenberg schlug Ombudsmänner in den Ländern vor, die etwa bei der Suche nach einer Wohnung und Arbeitsstelle helfen.
„Niemand kann die Zeit zurückgeben, die jemand unschuldig in Haft verbracht hat“, sagte Hamburgs Justizsenator Till Steffen (SPD). Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sieht das so. Die Länder müssten aber auch bereit sein, höhere Entschädigungskosten zu tragen. Wer unschuldig in Haft komme, verliere oft alles. „Die Justiz muss für diese sehr seltenen, aber schlimmen Fehler geradestehen.“
Der Deutsche Richterbund verwies darauf, dass die Zahl unschuldig Inhaftierter relativ gering sei. Richter und Staatsanwaltschaften arbeiteten sorgfältig und gewissenhaft. Pro Jahr gebe es vor den Landgerichten „nicht einmal 170 zugelassene Wiederaufnahmeanträge“. Damit erreichen Verurteilte, dass ihr Fall noch einmal aufgerollt wird.