Bundeswehr prüft mehr rechtsextreme Verdachtsfälle
Militärgeheimdienst geht 400 Vorfällen nach – Auch Zahl möglicher sexueller Übergriffe ist gestiegen
BERLIN (dpa) - In der Bundeswehr geraten immer mehr Soldaten in den Verdacht von Rechtsextremismus oder sexueller Belästigung. Seit der Affäre um den Soldaten Franco A. geht der Militärgeheimdienst MAD so vielen mutmaßlichen Rechtsextremisten in der Truppe nach wie seit Jahren nicht mehr. Gleichzeitig wurden 2017 deutlich mehr Verdachtsfälle von sexueller Belästigung gemeldet. Das Verteidigungsministerium führt die Entwicklung auch darauf zurück, dass das Bewusstsein für inakzeptables Verhalten gestiegen ist.
Im Jahr 2017 prüfte der Militärische Abschirmdienst 400 neue Verdachtsfälle – so viele, wie lange nicht mehr, wie die Behörde mitteilte. In den Jahren seit Aussetzung der Wehrpflicht 2011 waren es im Schnitt 300 pro Jahr.
Ein Auslöser war den Angaben zufolge im Frühjahr 2017 das Auffliegen des rechtsextremen Oberleutnants Franco A., der einen Anschlag vorbereitet haben soll. Im Zuge dessen habe der MAD einen deutlichen Anstieg des Meldeaufkommens verzeichnet, sagte ein Sprecher. Der Zuwachs sei „Ausdruck einer gestiegenen Sensibilität“. Sechs der 400 Soldaten stufte der Geheimdienst als rechtsextrem ein. „Die gemeldeten Verdachtsfälle sind sicher ein Anzeichen für eine gestiegene Sensibilität in der Truppe, aber für sich noch kein Indikator für rechtsextremistische Umtriebe in der Bundeswehr“, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Das Spektrum reiche von fehlerhaften Meldungen, falschen Verdächtigungen bis hin zu ernst zu nehmenden Vorfällen. Entscheidend sei die Zahl der bestätigten Fälle, diese sei seit Jahren auf niedrigem Niveau gewesen.
Vor Aussetzung der Wehrpflicht lagen die Zahlen noch deutlich höher. In den Jahren 2008 bis 2011 hatte der MAD im Schnitt knapp 600 rechtsextremistische Verdachtsfälle jährlich überprüft. Pro Jahr hatten sich damals der Behörde zufolge durchschnittlich gut 40 Fälle bestätigt. Bewerber für die Truppe werden vom MAD auf Zugehörigkeit zu extremistischen Gruppierungen überprüft. Seit Juli 2017 muss sich jeder Bewerber einer einfachen Sicherheitsüberprüfung unterziehen.
Die Bundeswehr gerät immer wieder in die Schlagzeilen. Im Zuge der öffentlichen Diskussion um mehrere Skandale stieg auch die Zahl der internen Beschwerden über sexuelle Belästigung. Nach Angaben des Verteidigungsministeriums wurden im vergangenen Jahr insgesamt 234 Verdachtsfälle gemeldet.