Gut ausstaffiert für den Golfplatz
Der Ford Focus will wieder Anschluss an den Klassenprimus aus Wolfsburg finden – Neue Motoren und mehr Assistenten
uletzt ist es ein Rennen ohne Chance gewesen. Denn so gut der Ford Focus auch fahren mochte, hatte er bei Ausstattung, Ambiente und Assistenzsystemen doch längst den Anschluss an den Golf verloren. Doch jetzt schöpfen die Kölner neue Hoffnung und stellen ihr wichtigstes Modell wieder richtig scharf: Wenn im September die vierte Auflage ihres Kompakten an den Start rollt, soll er verlorenen Boden gutmachen und den Abstand zu Golf & Co nicht nur bei den Zulassungszahlen, sondern vor allem bei der Technologie deutlich verkürzen.
An Selbstvertrauen mangelt es dem Management dabei jedenfalls nicht: „Mit dem neuen Ford Focus setzen wir uns in puncto Technologie und Fahrerlebnis an die Spitze des Segments“, sagt der europäische Entwicklungschef Joe Bakaj. Dafür hat er am ganz großen Rad gedreht: Plattform, Motoren, Design, Interieur und Assistenzsysteme – alles haben die Kölner von Grund auf neu entwickelt. „Die Chance, auf einem weißen Blatt Papier zu beginnen, bietet sich nicht oft. Wir haben die Gelegenheit mit beiden Händen ergriffen und das beste Auto auf die Räder gestellt, das es in der kompakten Mittelklasse derzeit gibt“, wirbt Bakaj etwas überschwänglich.
Dabei herausgekommen ist ein Golf-Gegner, der nicht nur außen wie innen erfreulich frisch aussieht, sondern der technisch tatsächlich einen großen Sprung macht. Das gilt insbesondere für die Assistenzsysteme, von denen der neue Focus mehr hat als jeder andere europäische Ford vor ihm. Das beginnt bei der überfälligen Premiere eines Headup-Displays, führt über adaptive LED-Scheinwerfer mit Kamerasteuerung und eine Parkautomatik und gipfelt in einem Abstandsregeltempomaten, der auch bei der Spurführung unterstützt und bei einer automatischen Notbremsung beim Ausweichen hilft.
Auch beim Infotainment legt Ford kräftig nach: Touchscreen und Sprachsteuerung machen die meisten Knöpfe im Cockpit überflüssig und erlauben so eine erfreulich ruhige und entspannende Bedienlandschaft. Eine induktive Ladeschale für das Smartphone beendet den Kabelsalat, und das FordPass Connect-Modem lässt den Focus zum Hotspot auf Rädern werden.
Zwar verspricht der Kompakte mit umfangreicher Assistenz und zeitgemäßer Connectivity ein zunehmend digitales Erlebnis, bei dem das Fahren in den Hintergrund tritt. Doch so ganz lassen sich die Ingenieure die Schau noch nicht von den Programmierern stehlen. Sondern sie schlagen zurück mit einem nagelneuen Fahrwerk, mit einer serienmäßigen Fahrprofilregelung und dem ersten adaptiven Setup mit elektronisch gesteuerten Dämpfern für die Baureihe. Und vor allem bringen sie eine komplette Familie neuer oder mindestens gründlich überarbeiteter Motoren heraus.
In der Otto-Fraktion setzen sie dabei ausschließlich auf ihren hochgelobten und vielfach ausgezeichneten Dreizylinder-Turbo, der im Teillastbetrieb künftig nur noch auf zwei Flammen kocht. Ihn gibt es als 1,0-Liter mit 85, 100 oder 125 PS und als 1,5Liter mit 150 und 182 PS. Und während von Hybrid- oder Elektroantrieb weiter keine Rede ist, schieben die Kölner nochmal einen neuen Vierzylinder-Diesel nach. Auch dieser Motor ist mit zwei Hubräumen und drei Leistungsstufen erhältlich –
„Die Chance, auf einem weißen Blatt Papier zu beginnen, bietet sich nicht oft.“
Entwicklungschef Joe Bakaj über den neuen Ford Focus mit 1,5 Litern und 95 oder 125 PS und als 2,0-Liter mit 150 PS.
Weil der Focus zudem – trotz seines dezenten Wachstums – um bis zu zwei Zentner abspeckt und obendrein deutlich schnittiger durch den Wind kommt, stellt Ford einen Verbrauchsvorteil von bis zu zehn Prozent in Aussicht. Und mit den neuen Motoren allein ist es auch nicht getan. Sondern dazu gibt es erstmals eine neue Automatik mit acht Gängen, die an die Stelle des bisherigen Doppelkupplungsgetriebes rückt.
Starten wird der Focus diesmal nicht nur als Fünftürer und als Kombi (Turnier), die beide – dank fünf Zentimetern mehr Radstand und ein paar Millimetern mehr Länge und Breite – etwas mehr Platz für Kind und Kegel bieten und die Konkurrenz vor allem bei der Kniefreiheit in der zweiten Reihe schlagen wollen. Genau wie beim Fiesta bauen die Kölner diesmal auch einen Active, der mit etwas mehr Bodenfreiheit und ein paar Planken aus Plastik die Nähe zum SUV sucht. Außerdem legt Ford wieder eine sportliche STLinie auf und adelt den Kompakten mit reichlich Lack und Leder zum Vignale.
Ein erfrischend neues Design, bei Ausstattung und Ambiente wieder näher am Klassenprimus aus Wolfsburg und dazu Motoren, die sparsam und spaßig zugleich sein sollen – so gewinnt der Focus tatsächlich wieder an Schärfe und nimmt die Konkurrenz neu ins Visier. Nur an einer Stelle rudern die Kölner zumindest ein kleines bisschen zurück: beim Preis. Lag der Grundpreis beim aktuellen Modell zuletzt bei 18 900 Euro, kostet der Focus zukünftig ab 18 700 Euro.