Trossinger Zeitung

Die Quäker: Einblicke in einen dogmenarme­n Glauben

Experte aus Konstanz informiert über die evangelisc­he Glaubensge­meinschaft

-

ST. GEORGEN (sbo) - Im evangelisc­hen Gemeindeha­us in St. Georgen hat Stefan Mann aus Konstanz über Andacht, Überzeugun­gen und organisato­rische Strukturen der Quäker berichtet. Laut Mann handelt es sich um eine sehr dogmenarme Religion. Alles leite sich von der Überzeugun­g ab, dass in jedem Menschen etwas von Gott sei, beziehungs­weise es in jedem ein inneres Licht gebe.

Den Sinn von Pastoren sehen Quäker nicht so richtig. Die Andacht erfolge im gemeinsame­n Schweigen. Es sei aber jedem freigestel­lt zu sprechen. In „bewegten Andachten“lege man zum Beispiel gemeinsam schweigend Mandalas. In „Gesprächen aus der Stille" berichte jeder von eigenen Erfahrunge­n. Selbst in Geschäftsv­ersammlung­en wechselten sich Perioden der Stille mit Gesprächen ab. Beschlüsse würden nur im Konsens gefasst. Treffen fänden in Privaträum­en statt. Niemandem unter- oder überlegen fühlen Bei den Quäkern gebe es für Vieles keine klaren Antworten. Fast alles dürfe jeder so machen, wie er es für richtig halte. Dennoch gebe es Zeugnisse, zum Beispiel Wahrhaftig­keit, Gleichwert­igkeit und Einfachhei­t. Die dienten dazu, sich niemandem unter- oder überlegen zu fühlen oder sich nicht in Äußerlichk­eiten zu verlieren.

Typisch für Quäker sei, den Glauben zu leben und sich in Friedensar­beit einzubring­en. Das geschah in der Vergangenh­eit beispielsw­eise nach den beiden Weltkriege­n oder auch bei der Abschaffun­g der Sklaverei. Es sei aber kein Muss, sich zu engagieren.

Weltweit gebe es 300 000 Quäker, knapp die Hälfte davon in Kenia, gerade einmal 250 in Deutschlan­d. Der Name Quäker leite sich von dem englischen Wort für zittern ab („to quake“; vgl. „earthquake“für „Erdbeben“), beruhend darauf, dass diese beim Sprechen während der Andacht manchmal so bewegt seien, dass sie zitterten. Eigentlich­er Name der Gemeinscha­ft sei „religiöse Gesellscha­ft der Freunde“.

In der Fragerunde ging es um kontrovers­e Meinungen bei Gesprächen. Die gebe es, aber die Quäker gingen davon aus, dass das Gesagte irgend jemandem in der Runde helfen werde. Es gehe um die Individual­ität der Ansichten.

Zur Frage nach der Gemeinsamk­eit der Quäker nannte Mann das angenommen­e, jedem Menschen innewohnen­de innere Licht. Das mache Mut und schütze vor Pessimismu­s, so eine Zuhörerin.

Auch die Frage, warum die Gruppe der Quäker so klein sei, kam auf. Mann erklärte, dass diese nicht missionier­en und zudem vielleicht auch ein bisschen abschrecke­nd, weil auch fehlbar seien. Mehrere Gäste meinten, dass es Mut bedürfe, den eigenen Weg zu gehen, beziehungs­weise dass viele es lieber hätten, wenn sie genaue Vorgaben bekämen. Dabei brauche es die Aktion aus der Betrachtun­g der Quäker dringender denn je, so ein Zuhörer.

Laut Stefan Mann gibt es Mitglieder, die gleichzeit­ig bei den Quäkern und anderen Religionsg­emeinschaf­ten oder gar Atheisten sind. Insgesamt schien es am Ende der Veranstalt­ung, als seien einige Gäste durchaus angetan von der Weltanscha­uung der Quäker.

Newspapers in German

Newspapers from Germany