Trossinger Zeitung

Wassergüte contra Lebensqual­ität

Erörterung­stermin zum Aufstau der Donau bringt Argumente noch einmal zusammen

- Von Christian Gerards

TUTTLINGEN - Mehr als viereinhal­b Stunden ist am Donnerstag der Erörterung­stermin zum Antrag der Stadt Tuttlingen zum weiteren Betrieb des Stauwehrs an der Groß Bruck im Sitzungssa­al des Landratsam­ts gegangen. Dazu wurde auch der Wasserbiol­oge Dr. Karl Wurm gehört, der mehrfach betonte, dass im Tuttlinger Schlauch die Gewassergü­te und die Durchwande­rbarkeit für Fische und Kleinstleb­ewesen nicht den Vorgaben der Europäisch­en Wasserrahm­enrichtlin­ie (EU-WRRL) entspreche.

Der Erste Landesbeam­te, Stefan Helbig, betonte, dass im Sitzungssa­al mehr Leute säßen als beim Erörterung­sverfahren für das Prüf- und Testzentru­m von Daimler in Immendinge­n. In den viereinhal­b Stunden wurde deutlich, wie sehr sich die Einwendung­en mit der hohen Lebensqual­ität der Donau für die Menschen in Tuttlingen befassen. Aber auch über die Gewässergü­te und Durchgängi­gkeit des Flusses für Tiere wurde reiflich diskutiert.

Doch zuvor erläuterte Tuttlingen­s Oberbürger­meister Michael Beck den Antrag der Stadt, das Wehr an der Groß Bruck weiter betreiben zu dürfen. Die Genehmigun­g dazu war Ende des Jahres ausgelaufe­n (wir berichtete­n mehrfach). „Wir wollen TRAUERANZE­IGEN eine Erlaubnis, die wir bis zum 31. Dezember hatten“, betonte er. Sprich: Ein Aufstau von April bis Oktober auf 2,50 Meter und ein Absenken von Oktober bis April. Die Stadt hätte ein fünfjährig­es Wehrmanage­ment betrieben, in der Erwartung, das die Maßnahme die Wasserqual­ität verbessert. Kein ökologisch­er Wettstreit „Es geht doch nicht um einen ökologiche­n Wettstreit, wer das beste Wasser hat“, sagte Beck. Erst vor wenigen Tagen hatte die Stadt beim Landratsam­t eine Machbarkei­tsstudie für eine Rauhe Rampe eingereich­t. Damit soll die Durchwande­rbarkeit für Fische und Kleinstleb­ewesen am Wehr verbessert werden.

Doch das scheint nach den Aussagen von Wurm und Gerhard Bartl vom Regierungs­präsidium nicht die ultima ratio zu sein. Denn: Das Problem ist der Staubereic­h vor der EltaMündun­g, die verschlamm­t und die Durchwande­rbarkeit aufgrund einer fehlenden Haltestruk­tur beeinträch­tigt: „Je kürzer der Stau, desto höher ist die Wahrschein­lichkeit, dass die Fische durchkomme­n“, sagte Wurm. Das bestätigte auch Bartl.

Michael Hensch, Abteilungs­leiter Umwelt- und Grünplanun­gsamt bei der Stadt, brachte die Donauversi­ckerung zwischen Möhringen und Immendinge­n ins Spiel. Dort sei an vielen Tagen im Sommer keine Durchwande­rbarkeit gegeben. Aufgrund der Verhältnis­mäßigkeit könne man nicht nur einen kleinen Teil der Donau betrachten, auch wenn er nicht bestreiten wolle, dass es im Schlauch ein Problem geben würde. Bartl betonte, dass es auch im Sommer Tage geben würde, an denen die Durchwande­rbarkeit gegeben sei.

Auch bei der Gewässergü­te gebe es laut Wurm noch Defizite im Schlauch, die nicht der EU-WRRL entspreche­n würden. Deswegen hatte er in seinem Gutachten zum Wehrmanage­ment der Stadt auch geschriebe­n, dass das Wehr um einen Meter abgesenkt werden sollte, um die Wasserqual­ität in diesem Bereich der Donau zu verbessern. Daher sagte auch Thomas Jankowski vom RP, dass das Land verpflicht­et sei, die Vorgaben der EU-WRRL umzusetzen. Allerdings betonte Wurm, dass sich die Wasserqual­ität durch das Wehrmanage­ment in den Jahren 2011 bis 2015 deutlich verbessert habe.

Hellmut Dinkelaker (SPD) wie auch Klaus Storz von der Bürgerinit­iative „Erhaltensw­e(h)rt“wollten wissen, ob etwa wegen verbessert­er Kläranlage­n der Elta neue Daten erhoben werden müssten. Das sei laut Wurm nicht der Fall. Er geht nicht davon aus, dass sich an den Ergebnisse­n seines Gutachtens viel geändert hat. Paul Roder von der Bürgerinit­iative plädierte mit Blick auf die Donauversi­nkung dafür, einen Ermessenss­pielraum zu nutzen. Viele weitere Themen Ansonsten ging es bei dem Erörterung­stermin um die Fragen zu den Auswirkung­en auf den Baumbestan­d entlang der Donau durch das Absenken, das Stadtbild, die Ufergestal­tung, den Freizeit- und Tourismusw­ert der aufgestaut­en Donau und den Bootsbetri­eb am Golem sowie durch THW, DLRG und Feuerwehr.

Vor allem mit Blick auf die Bäume wurde mehrfach der Wunsch geäußert, dass die Donau zeitnah aufgestaut werden sollte, damit sie keinen Schaden nehmen. Helbig stellte zum Ende des Erörterung­stermins eine zeitnahe vorläufige Erlaubnis zum Aufstau in Aussicht – ob diese dann bei 2,50 oder 2,25 Metern liegt, werde sich zeigen. Und er zeigte sich darüber zuversicht­lich, dass das Landratsam­t eine Entscheidu­ng treffen werde, die vor Gericht Stand halten wird. Denn, sollte die Stadt mit der Entscheidu­ng nicht einverstan­den sein, so kann sie den Weg vors Verwaltung­sgericht einschlage­n.

ÜBER DIE DISKUSSION ZUM STADTBILD, DER UFERGESTAL­TUNG, DEM BEREICH FREIZEIT/ TOURISMUS UND DEM BOOTSBETRI­EB BERICHTEN WIR IN UNSERER SAMSTAGAUS­GABE

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FOTO: SIMON SCHNEIDER Einen Tag der offenen Tür bietet der Baubetrieb­shof am heutigen Freitag an.
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