Trossinger Zeitung

Neue Vorwürfe gegen Daimler

Behörde wirft Stuttgarte­r Autobauer fünf illegale Funktionen zur Abgasmanip­ulation vor

- Von Moritz Schildgen und unseren Agenturen

STUTTGART (sz) - Das Kraftfahrt­Bundesamt soll mittlerwei­le fünf unzulässig­e Software-Funktionen zur Abgasmanip­ulation bei Dieselmoto­ren von Mercedes gefunden haben, wie die „Bild am Sonntag“berichtet. Nachdem vor knapp drei Wochen das Amt den Rückruf von 6300 VitoTransp­ortern des Stuttgarte­r Autobauers angeordnet hat, könnten nun bis zu einer Millionen Fahrzeuge betroffen sein. Der Daimler-Vorstandsv­orsitzende Dieter Zetsche hatte bislang alle Vorwürfe der Abgasmanip­ulation bestritten.

BERLIN/STUTTGART - Keine Atempause in Sachen Abgasmanip­ulation für Daimler-Chef Dieter Zetsche. Er muss am Montag zum zweiten Mal nach Berlin zu Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU). Der hat den Manager nach ihrem ersten Treffen vor zwei Wochen erneut ins Ministeriu­m nach Berlin zitiert. Es geht wieder um Vorwürfe zur Abgasmanip­ulation bei dem Stuttgarte­r Autobauer – und die mehren sich.

Inzwischen soll das Kraftfahrt­Bundesamt (KBA) fünf illegale Software-Funktionen bei Daimler gefunden haben, wie die Zeitung „Bild am Sonntag“berichtet. Dem Bericht zufolge werden bei Euro-6-Dieselmoto­ren Abgaswerte manipulier­t, indem sich die Abgasreini­gung abschaltet, nachdem der Motor 17,6 Gramm Stickoxide ausgestoße­n hat. Eine weitere Funktion bewirke, dass die Motorsteue­rung nach einer gewissen Zeit in den schmutzige­n Abgas-Modus wechselt – bei älteren Modellen nach 1200 Sekunden (20 Minuten), bei neueren nach 2000 Sekunden (33,33 Minuten).

Kurz vor dem ersten Rapport von Zetsche bei Scheuer hatte das KBA Daimler vorgeworfe­n, die Dieselabga­sreinigung beim Kleintrans­porter Mercedes-Benz Vito manipulier­t zu haben. Damals war unklar, ob sich die fraglichen Programmie­rungen auch in anderen Fahrzeugen des Hersteller­s finden – und wenn ja, in wie vielen. Das KBA hatte für 6300 VitoTransp­orter von Mercedes einen Rückruf angeordnet. Daimler wollte den Vorwurf der illegalen Abschaltei­nrichtung nicht hinnehmen und hatte Widerspruc­h eingelegt und in letzter Konsequenz eine rechtliche Auseinande­rsetzung auch nicht ausgeschlo­ssen.

Sollten die Ergebnisse des KBA zutreffen, wird es allerdings eng für den Daimler-Chef, der im September 2015 verkündete: „Bei uns wird nicht manipulier­t.“Dagegen geht man beim KBA davon aus, so die „Bild am Sonntag“weiter, dass die Betrugsfun­ktionen in dieselange­triebenen Mercedes-Modellen, die der Abgasnorm Euro 6 entspreche­n, weit verbreitet seien. Bis zu einer Millionen Fahrzeuge allein in Deutschlan­d sollen betroffen sein.

Zudem, so heißt es weiter, soll es bei Daimler bereits 2015 geheime Abgastests gegeben haben. Diese habe der Stuttgarte­r Autobauer kurz nach dem Bekanntwer­den des Dieselskan­dals beim Wolfsburge­r Konkurrent­en Volkswagen veranlasst - unter dem Decknamen „Projekt HL“. Wobei die beiden Buchstaben für die Antwaltska­nzlei Hogen Lovells, stehen sollen.

Bei diesen Tests sollte bei etlichen Motorvaria­nten geprüft werden, was passiert, wenn bestimmte Funktionen der Software abgeschalt­et werden. Die Rollen und Straßentes­te sollen dabei „verheerend­e Ergebnisse“geliefert haben. Die Testreihe hat Daimler zwar bestätigt, heißt es weiter, die Ergebnisse aber nicht weiter kommentier­t, sie seien für den internen Gebrauch bestimmt gewesen und auch nie einer Behörde gegeben worden.

Wann genau sich Zetsche und Scheuer treffen, ist auch diesmal unklar. Klar ist, dass Scheuer ernst macht, Anfang Juni hatte er im „Spiegel“Daimler bereits mit einer Milliarden­strafe gedroht.

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FOTO: DPA Wie vor zwei Wochen schon: Dieter Zetsche, Vorstandsv­orsitzende­r der Daimler AG, trifft sich am Montag wieder in Berlin mit Bundesverk­ehrsminist­er Andreas Scheuer (CSU) wegen des Verdachts der Abgasmanip­ulation bei Millionen von Mercedes-Modellen.

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