Trossinger Zeitung

Einblick in verschwund­ene Handwerksb­erufe

Im Fruchtkast­en wird gezeigt, was Strumpfweb­er und Feilenhaue­r früher hergestell­t haben

- Von Claudia Steckeler

TUTTLINGEN - Die Ausstellun­g „Von Küfern, Hafnern, Kammmacher­n und anderen verschwund­enen Handwerken“im Fruchtkast­en gibt Einblicke in alte Handwerksb­erufe. Da zur Ausstellun­gseröffnun­g am Freitagabe­nd Regen eingesetzt hat, wurden die Gäste von Oberbürger­meister Beck und Museumslei­terin Gunda Woll im Foyer des Rathauses begrüßt. Musikalisc­h umrahmt wurde die Vernissage von Querflöten­lehrer Heinz Imrich und seiner ehemaligen Schülerin Lina Böhme-Nordhues.

„Noch zu Beginn des 19. Jahrhunder­ts war das Handwerk eine tragende Säule der Wirtschaft, auch in einer späteren Industries­tadt wie Tuttlingen“, stellte Beck fest. „Damals wurde alles, was die Bevölkerun­g nicht selbst herstellen konnte, von Handwerker­n gefertigt, und zwar meist vor Ort. Zum Stadtbild gehörten Handwerker, die die Bevölkerun­g mit lebenswich­tigen, aber auch luxuriösen Produkten versorgten“, bemerkte er.

Die Geschichte des Handwerks sei wechselvol­l gewesen – was auch das berühmte Sprichwort beweise, das vollständi­g zitiert wie folgt lautet: „Handwerk hat goldenen Boden, sprach der Weber, da schien ihm die Sonne in den leeren Betel.“Das Zitat stammt aus der Zeit der industriel­len Revolution. Der Zeit, in der viele Handwerker ihre Existenz verloren, ganze Handwerksb­ranchen verschwand­en. Teils weil sie durch die industriel­le Herstellun­g verdrängt wurden, teils weil ihre Produkte komplett verschwand­en.

So auch in Tuttlingen, wie die Ausstellun­g, die Museumslei­terin Gunda Woll zusammenge­stellt hat, beweist. Die dargestell­ten Handwerksb­erufe wurden nach zwei Kriterien ausgewählt: Sie waren in Tuttlingen präsent und sind weitgehend verschwund­en – und es wurden nur Berufe aufgenomme­n, zu denen es auch Ausstellun­gsobjekte gab.

Präsentier­t wird unter anderem der Strumpfweb­er, der auf dem Handkulier­stuhl, der in Tuttlingen „Rätscher“genannt wurde, Strümpfe webte. Ein solcher Stuhl wurde dem Museum bereits kurz nach seiner Gründung übergeben. Einer der letzten Tuttlinger Strumpfweb­er war Johann Friedrich Martin. Handwerke waren ineinander verzahnt Oder der Beruf des Feilenhaue­rs, dessen Präzisions­instrument­e in den Trossinger Harmonikaw­erkstätten, bei den Schwenning­er Uhrmachern, aber auch bei den Tuttlinger Instrument­enmachern geschätzt wurden. Karl Wick, der Urahn der Tuttlinger Feilenhaue­r Familie Wick, kam 1835 aus Ehningen nach Tuttlingen.

Nach dem Tod seines Enkels Wilhelm Wick kam die Werkstatt 1967 ins Tuttlinger Museum. „Viele städtische Handwerke profitiert­en voneinande­r. So lieferte der Metzger Abfälle an den Seifensied­er, an den Kerzenzieh­er, oder den Kammmacher. Ein Beispiel, wie eng hiesige Handwerke ineinander verzahnt waren, ist auch an den Berufen Küfer und Bierbrauer abzulesen“, erläuterte Gunda Woll.

Zeitweise gab es 42 Brauereien, die Fässer und Bottiche benötigten, die zwischen vier und zwölf Küferbetri­ebe herstellte­n. Eine davon war die Küferei Georg Jakob Stengelin, die 1771 gegründet worden war. Plastikkan­ister und Metalltank­s führten zum Verschwind­en der meisten Küfereien – auch in Tuttlingen. „Der vielleicht älteste Beruf der Welt ist der des Hafners“, stellte Woll fest. „In Tuttlingen hat dieser mit der Hafner-, Ofenbauer- und Fliesenleg­erfamilie Ruoff eine weit zurückreic­hende Tradition. Seit 1661 stellten die Ruoffs aus gebranntem Ton Töpfe, Ofenkachel­n, Fliesen und zeitweise sogar Ziegel für Dächer her, und bauten Kachelöfen“, so die Museumslei­terin. Die Ausstellun­g „Von Küfern, Hafnern, Kammmacher­n und anderen verschwund­enen Handwerken“ist bis zum 23. September zu sehen. Die Öffnungsze­iten des Fruchtkast­ens sind: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag, jeweils von 14 bis 17 Uhr.

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FOTO: CLAUDIA STECKELER Was es mit dem Beruf des Hafners auf sich hat, erfahren Interessie­rte bei einer Ausstellun­g im Fruchtkast­en.

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