Raus aus der Teilzeitfalle
Kabinett beschließt Rückkehrrecht in Vollzeitjob – Bei Optikhersteller Zeiss bereits üblich
BERLIN - Teilzeitbeschäftigte sollen künftig leichter zurück in einen Vollzeitjob wechseln können. Das Bundeskabinett stimmte am Mittwoch dem Gesetzentwurf von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zur Einführung einer Brückenteilzeit zu, der nach Angaben des Ministers vor allem Frauen aus der „Teilzeitfalle“helfen soll. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) lobte dies als „wichtigen Schritt“, Wirtschaftsvertreter kritisierten eine Belastung für die Unternehmen.
Der Entwurf sieht vor, dass es künftig einen Rechtsanspruch auf eine zeitlich begrenzte Teilzeit geben soll. Dieser Anspruch soll dazu führen, dass Arbeitnehmer nach einer Teilzeitphase wieder zu ihrer vorherigen Arbeitszeit zurückkehren können. „Arbeit, die zum Leben passt – das ist für immer mehr Menschen ein entscheidender Wert“, erklärte Heil. Der Rechtsanspruch auf Teilzeit „baut Brücken zu den eigenen Lebensplänen und Lebenslagen – eine Brücke ins Ehrenamt, in die Weiterbildung, in die Verwirklichung eigener Ziele und zurück“.
Besonders profitieren sollen davon nach Angaben des Ministers Frauen. Diese würden künftig nicht mehr in der „Teilzeitfalle“hängengelassen, erklärte Heil. Damit sei die Brückenteilzeit auch ein Beitrag zur Gleichstellung von Frauen und zur Vermeidung von Altersarmut. „Und sie sichert Fachkräfte, die wir dringend brauchen.“
Für den Technologiekonzern Zeiss in Oberkochen ändert sich damit nur wenig. Wie eine Sprecherin auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“mitteilte, bestehe die Möglichkeit für die Brückenteilzeit bereits seit einigen Monaten. Die entsprechende Betriebsvereinbarung, die für alle Beschäftigten der Zeiss-Gruppe in Deutschland gelte, soll im Hinblick auf die Arbeitszeit eine Rahmenbedingung zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf schaffen.
Beim Pharmakonzern Boehringer Ingelheim, der einen großen Standort in Biberach betreibt, setze man ebenfalls „seit Langem auf flexible Arbeitszeiten“, um eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu ermöglichen, heißt es auf Anfrage. Das neue Gesetz schaffe dafür nun eine formale Grundlage ab Januar 2019.
Von Wirtschaftsverbänden kam nach dem Beschluss dennoch scharfe Kritik. Es drohten „schwerwiegende Folgewirkungen für die Personalplanung“, warnte Reinhold von EbenWorlée, Präsident des Verbands der Familienunternehmer, da es nach Ablauf der Brückenteilzeit eine Stelle zu viel gebe. Der Zentralverband des Deutschen Handwerks kritisierte, mit der Brückenteilzeit werde „tief in die Entscheidungsfreiheit der Unternehmen eingegriffen“. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) warnte, das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit verschärfe den Fachkräftemangel.