Seehofer stößt auf wenig Gegenliebe
EU-Kommissionschef Juncker sieht noch keine Rechtssicherheit für die geplanten Transitzentren
BRÜSSEL - Die österreichische Regierung hat kritisch auf den Asylkompromiss von CDU und CSU reagiert. „Wir sind auf alle Szenarien vorbereitet und bereit, alles zu tun, um Schaden von der österreichischen Bevölkerung abzuhalten“, erklärte Kanzler Sebastian Kurz am Montag in Wien. Falls nötig, werde man den Druck an der Grenze nach Süden „weitergeben“.
Ähnlich äußerte sich Innenminister Herbert Kickl vom Koalitionspartner FPÖ. Sein deutscher Amtskollege Horst Seehofer (CSU) habe ihm in einem Telefonat erklärt, dass es einige Wochen dauern werde, bis die geplanten Transitzentren und die Kontrollen an der Grenze zu Österreich einsatzbereit seien. Auch müssten mögliche Rücknahmeabkommen mit den Ersteinreiseländern ausgehandelt werden. Am Donnerstag treffe er Seehofer.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte beim EU-Gipfel Ende letzter Woche in Brüssel deutsche Alleingänge ausgeschlossen. Im Gegenzug hatten sich mehrere Länder bereit erklärt, bei ihnen registrierte, weitergereiste Asylbewerber zurückzunehmen. Italien aber will keine derartige Vereinbarung treffen. Da von dort die meisten durch Österreich nach Deutschland reisenden Flüchtlinge kommen, könnten sie nicht zurückgeschickt werden.
Nach der zwischen CDU und CSU getroffenen Vereinbarung würden sie stattdessen nach Österreich zurückgeführt. Diesen Plänen erteilte die österreichische Regierung am Dienstag eine Absage. Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) erinnerte daran, dass es bereits Kontrollen an Österreichs Grenze zu Slowenien gebe. Wegen der sechsmonatigen EU-Ratspräsidentschaft habe man bei der EU-Kommission Kontrollen am Brenner beantragt.
Kanzler Kurz beteuerte, sein Ziel sei es, den grenzfreien Schengenraum zu retten. „Ich verspreche Ihnen, dass wir als österreichischer Ratsvorsitz alles in unserer Macht Stehende tun werden, damit es wieder ein Europa ohne Grenzen nach innen gibt.“Er wisse nicht, ob der Weg zunächst über nationale Maßnahmen wie in Deutschland führe. Kurz will zudem das Mandat der europäischen Grenztruppe Frontex so erweitern, dass sie auch in Afrika eingesetzt werden kann und Flüchtlinge dort in Lager bringt. Sozialisten sehen „irrationale“Züge Bei den Rechtspopulisten im Europaparlament stießen diese Pläne am Dienstag auf Zustimmung. Udo Bullmann hingegen, Fraktionschef der Sozialisten, bescheinigte der Debatte „zunehmend irrationale Züge“. Nach eigenen Angaben des österreichischen Innenministers spreche man über wöchentlich etwa zwanzig Migranten, die sich von Italien aus bis zur deutsch-österreichischen Grenze durchgeschlagen hätten.
Kommissionspräsident JeanClaude Juncker erklärte, die Pläne seien noch nicht auf ihre Vereinbarkeit mit EU-Recht geprüft worden. „Mir scheint das aber auf erste Sicht rechtskonform zu sein“, sagte er zu den geplanten Transitzentren.