„Super Idee“
Erinnerungslücken, Drogenkonsum und mehr oder weniger gute Prognosen im Fall der Bäckerei-Einbrecher
SPAICHINGEN - Am dritten Verhandlungstag des Prozesses um die Einbruchsserie in Bäckereiflilialen in Netto-Märkten in der ganzen Region sind am Freitag zahlreiche Zeugen zu Wort gekommen. Zeugen mit auffallenden Erinnerungslücken und solche, die vielleicht selbst an den Taten beteiligt waren.
Weil ein Zeuge das Recht hat, die Aussagen zu verweigern, sollte er sich mit dieser selbst belasten, konnte Richterin Petra Wagner nicht anders, als die Erinnerungslücken zu akzeptieren. Aber auch die Freundin des 20-jährigen Angeklagten wollte von seinem Drogenkonsum und den nächtlichen Beutezügen nichts gewusst haben. Ebenso ahnungslos gaben sich ein junger Mann und seine Freundin, die die beiden Hauptangeklagten eines Nachts zum Netto in Zimmern kutschierten, dann auf sie warteten und schließlich den 17-jährigen Angeklagten wieder mitnahmen, der 20-Jährige hielt sich offenbar so lange versteckt. Dann wurden sie von der Polizei kontrolliert, die der Bande schon auf der Spur war, später holten sie den zweiten Angeklagten ab. Mittäterschaft oder nicht? „Ich wußte nicht, warum die da hinwollten, erst als die Polizei kam“, sagte die junge Frau. „Ist es für Sie normal, dass Sie nachts irgendwelche Leute fahren?“; wollte die Richterin wissen. „Ich frag doch nicht nach jedem einzelnen Detail“, bekam sie zur Antwort. Und auch der Hinweis eines Verteidigers half wenig, der betonte, die Angeklagten seien doch geständig: „Sie können es zugeben!“
Einer der Zeugen wiederum gestand, bei zwei der Einbrüche dabei gewesen zu sein: „Ich war nicht ganz bei Sinnen, hatte Drogen genommen.“Und er sei gefahren. „Super Idee", konstatierte da die Richterin.
Wie schlecht die Sozialprognose der beiden inhaftierten Hauptangeklagten ist, zeigte der Bericht der Jugendgerichtshilfe: Der 17-Jährige hat noch 115 Sozialstunden aus vorhergehenden Urteilen abzuleisten, keinen Schulabschluss, keine Ausbildung, keine Arbeit, hatte phasenweise wegen Körperverletzung ein Aufenthaltsverbot für den Spaichinger Marktplatz und setzte sich auch schon in die Türkei ab, als es brenzlig wurde. „Schädliche Neigungen“, so das Fazit, eine Jugendstrafe sei unumgänglich. Bei dem 20-Jährigen sieht es ein wenig besser aus, er ist immerhin im Knast schon mehrfach bei der Drogenberatung gewesen und hat Anträge gestellt, arbeiten zu dürfen. Auch er hat keinen Schulabschluss und keinen Beruf gelernt. Hingegen sind die Perspektiven beim Dritten im Bunde, der die beiden zu den meisten Einbrüchen gefahren hat, wesentlich besser. Der 19Jährige hat nach dem Realschulabschluss eine Ausbildung gemacht, die er als Kammersieger beendete. Auch hier empfahl die Jugendgerichtshelferin eine Jugendstrafe, allerdings auf Bewährung und mit Geldauflage. Der junge Mann habe nicht das Bewusstsein, wie wichtig sein Anteil an den Taten gewesen sei.
Am Freitag, 20. Juli, wird das Urteil erwartet.