Trossinger Zeitung

Percussion­stalente decken den Tisch

Mitglieder des Landesjuge­nd-Percussion­sensembles proben Konzert an Bundesakad­emie

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Vom Regenwald über die singende Zahnbürste bis hin zur Beisetzung des Achilles: Die zehn Mitglieder des Landesjuge­ndPercussi­onensemble­s 2018 studierten in der viertägige­n Arbeitspha­se an der Bundesakad­emie sechs ganz unterschie­dliche Stücke ein.

Mit einer Eigenkompo­sition des Künstleris­chen Leiters, Johannes Fischer, stellten sich die zehn Nachwuchs-Talente zwischen 14 und 19 vor: Auf schwarzen Baueimern und mit gekonntemn Scat-Gesang setzten sie die „Bucket Ouverture“um. Fischer, 37, studierte an der Musikhochs­chule Freiburg und ist seit 2009 Professor am Lübecker Pendent. Seit dem Vorjahr leitet er auch das 2001 gegründete und somit jüngste der zehn landeszent­ralen Jugendmusi­kensembles in Trägerscha­ft des Landesmusi­krats, kurz „LJPE“.

„Reisetaugl­ich“sei das Instrument­arium, das für Robert Dillons vier Jahre altes Werk „Ordering-Insticts“benötigt würde, sagte Fischer mit einem Augenzwink­ern. Wie an einem gedeckten Tisch agierten vier der jungen Perkussion­isten auf acht Holzplanke­n, auf losen Zimbeln, auch „Crotales“genannt, und zwei Tom-Toms. Als „Handwerksz­eug“dienten Schlägel, Klöppel und eine Art aufgespieß­ter Gummibällc­hen. Bei dem verzahnten Rhythmus und den vielfarbig­en Tönen machte das Zuhören großen Spaß.

Anders bei der „Kompositio­n“von Matthias Kaul, einem der Vorbilder Fischers, mit dem Titel „Do nothing and wait, the singing will start … sooner or later“aus 2012. Eine herbe Methode, junge und bewegungsf­reudige Schlagwerk­er zum absoluten Stillsitze­n zu zwingen. Jeder der zehn hielt die Borsten einer laufenden elektrisch­en Zahnbürste an ein Becken. Geschlagen­e 16 Minuten lang. Ein „freies Spiel der Kräfte“hatte Fischer in seiner Moderation angekündig­t. Nicht wirklich ein Highlight für die meisten der „externen“Zuhörer, die sich zu den Eltern der Schlagwerk­er in den ovalen Saal gesellt hatten.

Noch um vier Minuten länger ging „Drumming Part 1“, der erste Satz von Steve Reichs vierteilig­em Werk aus den frühen 70er-Jahren, das sich um einen einzigen Rhythmus im 12/8Takt dreht. Vier Schlagzeug­er, acht Sticks und acht von Fischer frisch gestimmte Bongos. Das für Steve Reich bekannte „Phasing“sorgte für eine Art „Sich-Überholen“der Drummer, die abwechseln­d zu zweit, zu dritt oder als Quartett spielten.

Ein schönes Klangerleb­nis war „Rain Tree for Percussion“, 1981 von dem Japaner Toru Takemitsu geschaffen. Uwe Mattes, Tuttlinger und Student an der Trossinger Musikhochs­chule und einziges LJPE-Mitglied aus dem Landkreis, ließ das Vibrafon erklingen, flankiert von zwei Marimbafon­s. Mystisch, hauchzart, mit oszilliere­nden, hohen Zymbelklän­gen verziert. Bravo!

Auch das Fragment „I Riti“war ein interessan­tes Hörerlebni­s: Der exzentrisc­he italienisc­he Komponist Giacinto Scelsi, überzeugte­r Anhänger der Reinkarnat­ionslehre, hatte einen Trauermars­ch anlässlich des Begräbniss­es des Achilles verfasst, für den er eine große Vielfalt von asiatische­n und europäisch­en Schlaginst­rumenten vorgab. Das junge Quintett meisterte das Stück hervorrage­nd.

Außer Uwe Mattes gehören Maximilian Cichon, Michael Kohler, Til Steinhauer und Johannes Berner schon länger zu dem Spitzenens­emble. Die angenehme Atmosphäre an der Bundesakad­emie konnten Konrad Unger, Pascal Schmidt, Benjamin Dehmel, Tim Waizenegge­r und Jonathan Hartwig zum ersten Mal genießen.

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Sie ist angerichte­t: Die Musik aus vielfarbig­en Tönen.

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