Ein Visionär und zwei Hasenfüße
Autozulieferer Continental prüft den Einstieg in die Batteriezellentechnik, den die Rivalen ZF und Bosch scheuen
FRIEDRICHSHAFEN - Die automobile Zukunft ist elektrisch. Volkswagen, Daimler und BMW haben in den kommenden Jahren Dutzende Elektrofahrzeuge angekündigt. Allein bei VW in Wolfsburg, dem größten Autobauer der Welt, planen die Manager im Jahr 2025 eine Jahresproduktion von weltweit mehr als drei Millionen Autos, die nicht mehr mit Diesel oder Benzin, sondern mit Strom angetrieben werden. Nur bei der Energiequelle der neuen Fahrzeuge, den Zellen, die sich zur Antriebsbatterie zusammensetzen, ist die deutsche Industrie verzagt: Die Hersteller scheuen die asiatische Konkurrenz. Daimler ist aus der Zellenfertigung ausgestiegen, BMW lässt sie von chinesischen Unternehmen fertigen.
Und auch bei den drei größten Autozulieferern der Welt gibt es mehr Hasenfüße als Visionäre: ZF und Bosch wollen nicht in die Produktion von Zellen einsteigen – nur Continental zeigt Mut und hat jetzt ein Zeichen gesetzt: Elmar Degenhart nennt den Einstieg in die Zellentechnik im Interview mit dem „Handelsblatt“„eine Option“. Der Conti-Chef setzt dabei auf Feststoffzellen, die die heute gebräuchlichen Lithium-IonenBatterien künftig ablösen werden. „Wir suchen nach Kooperationen, bei denen potenzielle Partner die Entwicklungskompetenz einbringen und wir die der Industrialisierung“, sagt Degenhart. Der Grund für die Planungen liegt in den Marktaussichten: Mit der größte Wertschöpfungsanteil bei Elektroautos fällt auf Batterien und die in ihnen verbauten Zellen. In den nächsten Jahren wird in diesem Bereich ein Markt von mehreren hundert Milliarden Euro entstehen. Zwar schätzt Degenhart die Kosten für eine einzelne Zellfabrik auf etwa drei Milliarden Euro, allerdings werde man bis 2050 weltweit bis zu 160 solcher Produktionen benötigen.
ZF-Chef Wolf-Henning Scheider kennt die Zahlen und das Potenzial – doch der Rivale vom Bodensee will das Geschäft der Konkurrenz überlassen. „ZF beschäftigt sich mit Batterien und Batteriezellen, weil unsere Antriebstechnik eine Schnittstelle zu den Batterien als Energiequelle hat. Wir müssen die Batterietechnik verstehen, aber werden sie nicht produzieren. Sie ist außerhalb unseres geschäftlichen Betätigungsfelds“, heißt es bei ZF auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“knapp. Bosch hat bereits im Februar beschlossen, keine Zellen zu produzieren. „Es wird dabei bleiben“, erklärt Bosch-Chef Volkmar Denner. „Auch politische Forderungen oder staatliche Förderungen könnten daran nichts ändern.“Bosch wickelt seine Zellforschung sogar bereits ab, ein Start-up für die Batterietechnik steht zum Verkauf.