Sie nannten ihn Bobic
Warum der Frankfurter Sportvorstand bei einem Benefizturnier in Illmensee spielt
ILLMENSEE - Wenn Worte versagen, ist es manchmal vielleicht sogar die beste Lösung, einfach nur den Fußball rollen zu lassen. Vielleicht war auch das ein Antrieb für Fredi Bobic, am Samstag nach Illmensee zu fahren, als der Sportvorstand der Frankfurter Eintracht von seinem Freund Achim Heidenreich die Geschichte von Alexander Maier erfuhr.
Der 25-jährige Maier spielte in Illmensee – zwischen Ravensburg und Pfullendorf gelegen – begeistert Fußball. Das Schicksal wollte es, dass er nach einem Heimspiel im vergangenen Oktober mit dem Auto tödlich verunglückte. Wer sein sportliches Idol gewesen war, verdeutlichte nicht zuletzt die Trauerfeier, bei der der Pfarrer von „Bobic“sprach, als er von Alexander Maier erzählte.
Maiers Arbeitgeber Achim Heidenreich brauchte deshalb nicht lange, bis ihm die Idee kam, wie dem toten Fußballer gedacht werden könnte. Heidenreich musste nur bei seinem Freund Fredi Bobic anrufen. „Er Fredi Bobic hat mir die tragische Geschichte erzählt. Das hat mich total angefasst und emotional berührt“, erzählt Bobic. Danach war es nur noch eine Frage des richtigen Termins für ein Benefizturnier auf dem Sportplatz in Illmensee, auf dem Alexander Maier so oft gespielt hatte.
Samstag, kurz vor 12 Uhr: Fredi Bobic sammelt auf dem herrlich heruntergekommenen Warmmachplatz in Illmensee die Bälle ein, die der 46-Jährige und seine Teamkollegen gerade verballert haben. Gleich steht das erste Turnierspiel an. Der Ex-Nationalspieler trägt das Trikot des FC Beuren-Weildorf – dem Verein, der von seinem Freund Achim Heidenreich trainiert wird. Bei seiner Ankunft hat Fredi Bobic gleich den Kontakt aufgenommen zu der Familie von Alexander Maier, den alle nur Bobic nannten – und hat seiner Mutter ein Trikot aus seiner DFBZeit mit der Nummer 9 überreicht. Sogleich bekommt es einen prominenten Platz, wird an die Kaffee- und Kuchentheke gehängt, damit es jeder sehen kann. Später wird ein Trikot der Frankfurter Eintracht versteigert, auf dem alle Spieler unterschrieben haben. „Die ganzen Einnahmen des Turniers gehen zu gleichen Teilen an die Jugendabteilung des SV Illmensee und ans DRK Illmensee“, sagt Heidenreich. So wollte es Alexander Maiers Mutter. Dass ein früherer Stürmer auch mit 46 Jahren nichts von seinen Instinkten verloren hat, zeigte Bobic auf dem Feld. Nach kurzer Zeit dirigiert er, feuert an, schnauzt auch mal einen übermotiviert grätschenden Gegner an – und sucht den Torabschluss. Ein Treffer gelingt ihm an diesem Nachmittag in drei Spielen zwar keiner, darum geht es aber nicht. Er sorgt vielmehr dafür, dass an diesem Samstag in Illmensee noch einmal ein Spieler mit dem Namen Bobic auf dem Trikotrücken aufläuft – und damit die Erinnerung an Alexander Maier hochhält.
Dass der Sportvorstand eines Bundesligisten auch an einem Samstag außerhalb der Saison nicht ganz loslassen kann von seinem Hauptberuf, versteht sich. Kurzfristig muss Bobic umplanen, eigentlich wollte er weiterfahren nach Südtirol. Dort ist die Eintracht im Trainingslager. Weil Transfergespräche anstehen, fährt er aber doch noch einmal zurück nach Frankfurt. „Einen Umbruch haben wir in der Mannschaft immer“, sagt Bobic mit der Ruhe und Gelassenheit eines Sportvorstands, der die Branche schon lange kennt, während er in aller Ruhe auf der Terrasse des Illmenseer Sportheims eine Zigarette raucht.
„Das hat mich total angefasst und emotional berührt.“
Klare Meinung zum Özil-Rücktritt Dass Fredi Bobic auch ganz anders kann, zeigt er im Interview mit der „Bild am Sonntag“. Zum Rücktritt von Nationalspieler Mesut Özil hat er, ebenfalls das Kind von Gastarbeitern, eine harte Meinung und teilt mächtig aus. „Sei ein Mann und stell dich“, hätte er Özil geraten, der es vorzog, seine Erklärung schriftlich in sozialen Medien abzugeben. „Meiner Meinung nach ist er da sehr schlecht beraten gewesen“, sagt Bobic.
Fredi Bobic tickt da anders. Er stellt sich den Dingen direkt. Und sei es auch, indem er im Gedenken an einen toten Amateurfußballer nach Illmensee fährt und Fußball spielt. Regionalliga Südwest (1. Spieltag) SVW Mannheim – SSV Ulm 1846 0:1 (0:1) Tor: 0:1 Lux (12.). – Zuschauer: 3941.