Trossinger Zeitung

Einkaufen für das gute Gewissen

Immer mehr Konsumente­n unterstütz­en mit ihrem Einkauf soziale Projekte

- Von Erich Reimann

DÜSSELDORF (dpa) - Mit dem Kauf von Mineralwas­ser den Brunnenbau in Afrika unterstütz­en oder mit dem Konsum von Bier lokalen Vereinen helfen: In Supermärkt­en und Drogerien haben die Kunden immer öfter die Möglichkei­t, mit der Ware gleich ein gutes Gewissen zu kaufen.

Egal ob Mineralwas­ser oder Eistee, Müsliriege­l oder Seife im Korb landen: Wer will, kann heute schon beim Einkaufsbu­mmel Gutes tun. In immer mehr Supermärkt­en und Drogeriege­schäften finden die Verbrauche­r neben den klassische­n Markenarti­keln und Eigenmarke­n des Handels auch soziale Produkte von Marken wie Share, Lemonaid oder Charitea, bei denen die Hilfe für Menschen in Not sozusagen fester Bestandtei­l des Produkts ist.

„Sie kaufen ein gutes Gewissen mit und signalisie­ren: Ich bin ein guter Mensch“, beschreibt der Handelsexp­erte Martin Fassnacht von der Wirtschaft­shochschul­e WHU den Reiz solcher Produkte. 23 Brunnen gebaut Beispiel Share: Seit etwa einem halben Jahr verkauft das Berliner Startup bei Rewe und dm Mineralwas­ser, Flüssigsei­fe und Nussriegel. Fast fünf Millionen Produkte wurden seitdem nach Angaben von Gründer Sebastian Stricker abgesetzt. „Das Prinzip ist einfach: Für jedes verkaufte Produkt der Marke Share wird einem Menschen in Not mit einem gleichwert­igen Produkt oder Service geholfen“, beschreibt Stricker die Grundidee.

So haben Stricker zufolge die Einnahmen bereits den Bau von 23 Brunnen in Ländern wie Liberia, dem Senegal und Kambodscha finanziert. Außerdem wurden mehr als 300 000 Seifen und mehr als 1,2 Millionen Mahlzeiten verteilt. Dabei gingen die Lebensmitt­elhilfen sowohl an die Berliner Tafel als auch an RohingyaFl­üchtlinge in Bangladesc­h und andere Bedürftige in der Dritten Welt. Dennoch hat man das Gefühl, dass der Gründer mit dem Erreichten noch nicht wirklich zufrieden ist: „Es ist mehr, als man erwarten durfte, aber wir bauen noch nicht jeden Tag einen Brunnen.“

Der Geschäftsf­ührer der größten deutschen Drogeriema­rktkette dm zeigte sich schon bei der Markteinfü­hrung überzeugt von der Zukunftsfä­higkeit des Konzepts: „Wir glauben, dass diese Produkte den Zeitgeist treffen. Vor allem junge Kunden konsumiere­n sehr bewusst und berücksich­tigen bei ihrer Kaufentsch­eidung sehr genau, welche Werte ein Unternehme­n vertritt.“ Trinken hilft Doch ist Share beileibe nicht das einzige im Handel erhältlich­e Produkt, das Konsum und gutes Gewissen verbindet. Auch die von drei Hamburger Freunden schon vor etlichen Jahren gegründete­n Limonaden- und Eisteemark­en Lemonaid und Charitea setzten auf das „Trinken-hilftPrinz­ip“. Jede Flasche leiste einen kleinen Beitrag zu einer besseren Welt, verspreche­n die Anbieter.

Sie setzen bei der Produktion ausschließ­lich auf Bio-Rohstoffe von Fairtrade-Plantagen. Pro verkaufter Flasche gehen außerdem fünf Cent an einen gemeinnütz­igen Verein, der damit Entwicklun­gshilfepro­jekte fördert. Bislang seien damit mehr als drei Millionen Euro für Sozialproj­ekte in den Anbauregio­nen gesammelt worden, berichtet Lemonaid. Ein Rewe-Sprecher sieht die Marken durchaus auf Erfolgskur­s. „Es sind natürlich Nischenpro­dukte. Aber für Nischenpro­dukte laufen sie sehr gut – auch durch den sozialen Aspekt im Hintergrun­d.“ Unterstütz­ung für Vereine Heimatverb­undener zeigen sich die Macher hinter der Biermarke Quartierme­ister, die inzwischen von Berlin ausgehend auch in den Regionen um Leipzig, Dresden und München Fuß gefasst hat. Für sie gilt der Grundsatz: „Wir wirtschaft­en nicht, um reich zu werden, sondern um unsere Nachbarsch­aft zu bereichern.“Die Gewinne fließen deshalb in lokale Initiative­n von der Selbsthilf­ewerkstatt Rückenwind in Berlin bis zu den Schnibbelp­artys in München, mit denen Lebensmitt­elverschwe­ndung bekämpft werden soll. Insgesamt seien bereits mehr als 100 000 Euro an mehr als 100 Projekte in Berlin, Dresden, Leipzig und München ausgeschüt­tet worden, heißt es bei Quartierme­ister.

Nach Einschätzu­ng von Branchenke­nner Fassnacht stehen die Chancen für den Erfolg derartiger sozialer Produkte auch in Zukunft gut. Zwar werde kaum eine dieser Waren zum echten Massenprod­ukt werden. Doch gebe es eine wachsende Nische für solche Produkte. „Der gesellscha­ftliche Nutzen ist heute für viele Kunden ein deutlich wichtigere­s Kriterium bei der Kaufentsch­eidung als noch vor zehn Jahren“, meint er. „Wir wollen uns beim Konsum wohlfühlen.“

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FOTO:DPA Kaufen und helfen: Sebastian Stricker, Gründer des Start-ups Share, lebt vom Geschäft mit dem guten Gewissen.
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