Alle feiern die Tomate
Felix Götze, Bruder von Weltmeister Mario, ist Augsburgs Held beim 1:1, auch die Bayern loben ihren Ex-Spieler
MÜNCHEN (SID/dpa/fil) - Der erste Anruf von Felix Götze galt seinem derzeit frustrierten großen Bruder Mario. „Ich wäre nicht hier ohne ihn, ohne seine Tipps. Das Tor ist für ihn“, sagte der kleine Götze. Mario selbst gehörte nach dem überraschenden 1:1 (0:1) des FC Augsburg bei Bayern München per SMS zu den ersten Gratulanten seines kleinen Bruders, der mit seinem ersten Bundesligator den Rekordmeister geärgert und einen Startrekord von Bayern-Trainer Niko Kovac verhindert hatte. Während die Münchner vor dem Spitzenspiel am Freitag (20.30 Uhr/Eurosport-Player) bei Hertha BSC ungewohnten Frust schoben, hätte die Welt von Felix Götze schöner nicht sein können. „Das ist ein Traum. Ich könnte nicht glücklicher sein“, sagte der 20-Jährige, bevor er mit einem Dauergrinsen kurz vor Mitternacht die Allianz Arena verließ.
Götze hatte in seinem erst zweiten Bundesliga-Kurzeinsatz für den FCA in der 87. Minute die Führung der Bayern durch Arjen Robben (48.) nach einem schweren und ungewohnten Patzer von Manuel Neuer („Da sieht man immer schlecht aus“) ausgeglichen. Mit der Brust drückte er den Ball über die Linie – und steckte danach in einem „kleinen Dilemma“, wie er einräumte: „Normalerweise will man nach seinem ersten Tor ausrasten. Aber durch den FC Bayern bin ich erst soweit gekommen.“Deshalb fiel der Jubel halbwegs dezent aus.
Dennoch: Die Euphorie nicht nur bei Götze war groß. „Ich glaube, ich habe nach dem Spiel noch nie einen Spieler gesehen, der so einen roten Kopf hatte, weil er gar nicht mehr wusste, wohin mit seinen Gedanken. Mich freut es extrem für ihn, er muss jetzt erst mal runterkommen, schlafen wird er nicht allzu viel“, sagte FCATrainer Manuel Baum.
Die Frotzeleien mit dem roten Kopf nahm Götze locker hin. Er habe nach sportlichen Anstrengungen immer einen roten Kopf, erzählte er, „ich wurde früher deshalb auch Tomate oder Ampel gerufen“. Auch Luthe schlägt ein Wahrscheinlich hätte Götze erst recht einen roten Kopf bekommen, hätte er das Lob der Bayern-Stars gehört. „Ich kann mich ja jetzt nicht für sein Tor freuen“, sagte Neuer schmunzelnd, „aber er ist ein sehr positiver Spieler, sehr fokussiert, mit einer tollen Einstellung.“Auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß rühmte den kleinen Götze – augenzwinkernd: „Da sieht man, wie gut wir ausbilden.“
Mit sich selbst waren die Münchner weniger zufrieden. „Wir hatten viele Chancen, aber uns hat die Coolness gefehlt“, monierte Neuer. Allzu lange wollten sich die Bayern aber nicht mit dem Ausrutscher aufhalten. Das 1:1 tue „weh, darf uns aber nicht aus der Bahn werfen. Wir müssen in Berlin drei Punkte holen“, forderte Thomas Müller.
Kovac, der den achten Pflichtspielsieg in Serie und damit den Startrekord von Carlo Ancelotti verpasste, wird gegen die Hertha mit Sicherheit wieder rotieren. Gegen den FCA hatte er mit seinen Entscheidungen – etwa Sandro Wagner für Robert Lewandowski oder Goretzka für David Alaba als Linksverteidiger – erstmals kein allzu glückliches Händchen. Zudem überraschte Augsburg den Meister mit einer ungewöhnlichen Herangehensweise. Baum ließ einen Teil seiner Spieler die Gegner früh und weit vorne stören, der andere Teil machte hinten die Räume dicht. Das Mittelfeld gab der FCA frei, doch Bayerns Konter durch die freien Räume fanden eben nur einmal ins Tor.
Im Tor schlug Baums neue Nr. 1 Andreas Luthe ein, der 31-Jährige beendete das Torwartproblem des FCA. Er ersetzte den zuletzt patzenden Fabian Giefer herausragend. „Ich habe meinen kleinen Teil beigetragen“, sagte Luthe. Baum sagte: „Er bleibt jetzt erst mal im Tor. Er hat seine Chance genauso verdient wie Fabian Giefer am Anfang der Saison.“