Jubeln und tadeln
Nach dem 2:0 bei AEK Athen gibt Bayerns Trainer Niko Kovac den Medienkritiker
ATHEN (fil) - Zunächst die Fakten: Der FC Bayern München hat sein Champions-League-Spiel bei AEK Athen mit 2:0 (0:0) gewonnen und somit den zweiten Sieg im zweiten Spiel nach der zur Karikatur eines Rundumschlags geratenen Pressekonferenz vergangenen Freitag geschafft.
Ganz ohne Medienschelte scheint es bei den Bayern derzeit aber nicht zu gehen. Diesmal übte sich Trainer Niko Kovac in dieser Kunst. „Kritiker werden einiges sehen, was nicht gut war, ich habe viel Gutes gesehen“, sagte er nach einem längeren Wortwechsel mit dem Reporter bei Sky.
Und egal, was Kovac sagte: Die Partie war lange ziemlich zäh und verlief durchaus auch kompliziert für die Münchner, ehe Javi Martínez (61.) und Robert Lewandowski (63.) mit einem Doppelschlag für die Entscheidung sorgten. „Ich finde, wir haben in der ersten Halbzeit nicht schlecht gespielt, aber haben unsere drei, vier Chancen nicht genutzt. In der zweiten Halbzeit haben wir nicht gut angefangen, sind dann aber doch wieder gut reingekommen und haben zwei Tore gemacht“, sagte Arjen Robben bei Sky. Weit positiver bewertete Kovac die Partie: „Wir haben ein sehr, sehr gutes Spiel gemacht, den Gegner beherrscht. Es ist nicht so, dass man nach Athen fährt, und 4:0, 5:0 gewinnt. Der Sieg ist vollauf verdient, auch spielerisch war es eine gute Leistung. Müller wieder auf der Bank Ob bei Niko Kovac in den letzten Tagen zusätzlich zu seiner optischen Veränderung – der Bart des Trainers ist nun eher gepflegter 14-Tage-, als wilder Zehntagebart – auch ein Mentalitätswandel stattgefunden hat? Zumindest hatte er seine Startelf diesmal nur auf einer Position verändert. Die Frage nach der Rotation fand der Coach zwar „langsam echt langweilig.“Doch neu rein kam eben zunächst nur einer. Für den angeschlagenen David Alaba verteidigte hinten links Rafinha. Nur ein Wechsel in der Startelf – das hieß aber auch: Thomas Müller war wieder draußen. Das letzte Mal, dass der Angreifer zwei Bayern-Pflichtspiele hintereinander zu Beginn nur auf der Bank erlebte, lag acht Jahre zurück. Statt Müller spielte der deutlich schnellere Serge Gnabry – der seine Schnelligkeit auch prompt ein ums andere Mal ausspielte.
Zu Beginn war aber vor allem viel Rauch um ... nicht viel. Die Pyro- und Fackelschwaden zogen gemächlich Richtung Bayern-Keeper Manuel Neuer, der mehr und mehr im dichten Nebel verschwand. Als man Neuers graues Dress wieder wahrnahm, war auf dem Platz immer noch nichts passiert. Der griechische Meister AEK, vor fünf Jahren noch drittklassig, war schlicht zu schwach, um vorne gefährlich zu werden. Und Bayern, wie schon so oft in dieser Saison, zu zögerlich beim Umschalten. Die Münchner wirkten im Spielaufbau eher wie ein alter Mercedes-Diesel mit 75 PS, als wie ein 300-PS-Biturbo. Nur, wenn der Serge Gnabry angespielt wurde, ging es schnell nach vorne und nur dann sah das Spiel zumindest scheingefährlich aus.
Den ersten ernstzunehmenden Abschluss hatten dann sogar die Hausherren: Ponce scheiterte mit einem wuchtigen Distanzschuss nur knapp (20.). Die Bayern wären zwar beinahe zuvor schon in Führung gegangen, doch die Gelegenheit war eher zufällig entstanden – und beinahe ein Eigentor: Gnabry war links durchgebrochen und hatte den Ball quer vor das Tor geschossen, Dmytro Tschigrinsky spitzelte den Ball vom einschussbereiten Robert Lewandowski weg, trat ihn dabei aber beinahe ins eigene Tor (18.).
Als Thiago nach einem schnellen Dribbling nach eigener Balleroberung plötzlich mit dem Ball am Fuß im Strafraum war, geriet sein entscheidend gedachter Pass auf Lewandowski jedoch zu steil (28.). Dann wurde Kimmich nach RobbenZuspiel in den Strafraum am finalen Pass gehindert (35.), Gnabry schloss nach ein, zwei Powacklern im Strafraum zu überhastet ab (40.), Robbens Querleger auf Lewandowski wurde abgefangen (45.), dann war die erste Halbzeit vorbei.
Angesichts der etwa via diverser Liveticker kundgetanenen Bewertungen der Partie musste man eine spontane Pressekonferenz der Bosse in der Pause befürchten.
Die blieb aus. Dafür wies Kovac die Reporter nach dem Spiel zurecht.
Der zweite Durchgang begann prompt wieder mit viel Nebel, und nun aber nicht mal mehr scheingefählichen Bayern. Die Spieler waren zu zögerlich, zu passiv im Spiel nach vorne. Die Folge: AEK wurde stärker.
Dass es dann in der 61. Minute dennoch 1:0 für die Münchner stand, hatten sie zwei guten Einfällen und einem spektakulären Schuss zu verdanken. Gnabry bediente Mats Hummels, der passte im Strafraum zu Robben, der Javi Martínez zu einem Scherenschuss animierte. Dann wurde es sogar komfortabel: Rafinha lief Tschygrynskij davon, bediente Lewandowski. Die Scheingefährlichen agierten nun standesgemäß.