Keine Alternative zum „Hammer?“
Geschäftsmann blitzt mit Mittel gegen Keime im Wasser ab
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - Adriano Camilli versteht die Welt nicht mehr: Er hat ein ökologisches, bereits erprobtes und effektives Mittel gegen Keime im Trinkwasser in seinem Geschäfts-Portfolio, sieht das Recht auf seiner Seite und steht dann doch vor verschlossenen Türen. „ Diejenigen, „die eine Alternative zur Chlorung interessieren könnte, oder besser gesagt, müsste“, zeigen kein Interesse..
Adriano Camilli packt im Gespräch aus: Auf dem Tisch stehen ein Spezialreiniger und ein Keimlöser. Gutachten bestätigen, dass der Spezialreiniger der Firma German Oekotec weder haut- noch augenreizend sei, erzählt er. Der auf der Basis von Natriumhypochlorit entwickelte Keimlöser zähle zu den unproblematischsten Wasseraufbereitungsstoffen. Er erfülle den hohen Standard der Richtlinien der EU-Ökoverordnung und sei laut der Liste der Aufbereitungsstoffe und Desinfektionsverfahren zur Wasseraufbereitung zugelassen.
Er schraubt beide Flaschen auf und nimmt erst einmal einen Schluck aus einem der weißen Behälter: „Das ist völlig harmlos.“Im Labor einer Apotheke, wie auch in einer städtischen Schule habe er bereits demonstriert, wie hoch einerseits der Wirkungsgrad des Reinigungsmittels und zum anderen, wie harmlos der Inhalt des Produktes sei, „ich habe mir da sogar Flüssigkeit ins Auge geschüttet“, lächelt Camilli noch heute über die verdutzten Gesichter. „Bei dem Keimlöser ist das nicht anders“, kommentiert er und tippt auf die knapp 20 Zentimeter lange Flasche vor ihm: „Damit ließe sich das Trinkwasser in VS aufbereiten.“
Im Klartext: Wenn, wie bereits schon zweimal in diesem Jahr, coliforme Bakterien im Hoheitsgebiet der Stadtwerke VS durch die Leitungen schwappen, „könnten die Stadtwerke getrost auf eine Chlorung mit Chlordioxid verzichten“.
Statt des bernsteinfarbenen toxischen Gases könne man auf jenes umweltfreundliche Produkt setzen, das Camilli als Partner der in Mönchweiler ansässigen Firma ZM-Industries vertreibt. Aktenordner sagt alles An diesem Nachmittag geht es ihm nicht um die Vorzüge eines in Norddeutschland entwickelten Produktes, sondern um Gerechtigkeit: „Warum wird nicht mal geprüft, ob umweltfreundliche Produkte, nicht aggressive Reinigungsmittel im allgemeinen und Chlordioxid im Besonderen ersetzen könnten.“
Er greift nach einem prall gefüllten Aktenordner, Blatt für Blatt ein Argument für seine These in den Augen des Deutsch-Italieners. Gut sichtbar auf einem Bogen ist das Zeichen des Umweltbundesamtes: „Die Inhaltsstoffe unseres Keimlösers werden allesamt dort aufgeführt.“Zudem bestehe darüber hinaus die Verpflichtung der Kommunen, Energieversorger oder Betreiber von Aufbereitungsanlagen, nach umweltverträglicheren Alternativen zu schauen und etwas anderes einzusetzen als „Chemie pur“. Camilli zeigt auf den Schlüsselsatz: „Ziel sollte es sein, ausschließlich solche Aufbereitungsstoffe einzusetzen, die ... toxikologisch unbedenklicher als deren Vergleichsprodukte sind“.
Camilli mailt Stadtwerke-Chef Ulrich Köngeter an. Dieser habe sich zunächst aufgeschlossen gezeigt, doch dann habe er eine Absage bekommen. Hintergrund der Ablehnung sei, dass das Gesundheitsamt des Landkreises das Mittel nicht freigegeben habe. Derzeit sei ausschließlich das Chlordioxid zur Desinfektion von Trinkwasser zugelassen. Für die Freigabe sei der Deutsche Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) zuständig. „Von dort aus bekommen wir keine Freigabe zum Einsatz Ihres Mittels“, zitiert Camilli den SVS-Chef. Wirbel um Nicht-Freigabe Nach der aktuellen Fassung der Trinkwasserverordnung werde als zulässiges Verfahren zur Desinfektion von Trinkwasser ausschließlich die „Vorort Produktion von Chlordioxid“zugelassen. Und dies, obwohl das „Vorort hergestellte Chlordioxid“weder transportiert noch gelagert werden dürfe, und die beiden Ausgangsstoffe zu den gefährlichsten Stoffen, die auf unseren Straßen transportiert werden, gehören. Camilli stutzt, kontaktiert den Deutschen Verein des Gas- und Wasserfaches und hört Erstaunliches aus dem Munde eines Verantwortlichen: Mit dieser Aussage liege das Gesundheitsamt falsch. „Wir erteilen keine Freigaben.“
Nicht nur Camilli stolpert über die Absage, auch für Wasserexperte Nick Geiler aus Freiburg ist der Fall glasklar. „Nach meinen bisherigen Recherchen spricht nichts dagegen, dass man auch in VS-Schwenningen Natriumhypochlorit zur Desinfektion einsetze – schließlich sei die Desinfektion mit Natriumhypochlorit in der Paragraph-Elf-Liste des Umweltbundesamtes zugelassen.“