Umstände führen zu mildem Urteil
Ein Gewaltausbruch endet mit einem Kieferbruch – Täter muss nicht in Haft
SPAICHINGEN - Ein 23-Jähriger ist in dieser Woche bei einer Verhandlung im Amtsgericht Spaichingen knapp einer Haftstrafe entkommen. Obwohl der junge Mann aus einer Kreisgemeinde einem 19-Jährigen den Kiefer gebrochen hatte und schon einschlägig vorbestraft ist, entschied die Spaichinger Richterin auf eine Freiheitsstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Die Bewährungszeit dauert drei Jahre.
Der Angriff passierte am 19. Mai: Trossingen feiert den Pfingstmarkt mit einem Rummel. Gegen 23 Uhr führt der Täter das Opfer vom Festtreiben weg, in eine Seitenstraße hinter die Volksbank am Marktplatz. Später sagt der Angeklagte aus, er habe das Opfer lediglich zur Rede stellen wollen. Dieser hatte in der Vergangenheit, aber auch am Tag der Tat, den jüngeren Halbbruder des 23Jährigen mehrfach gemobbt. Der 19Jährige gesteht später die MobbingVorwürfe.
Hinter der Volksbank entwickelt sich ein Streit, laut Zeugenaussage provozieren sich beide Männer durch Beleidigungen und auffordernde Gesten. Dann schlägt der Täter dreimal zu.
Das Ergebnis: Ein doppelter Kieferbruch sowie ein Jochbeinbruch. Bei der nachfolgenden Operation muss der Kiefer des 19-Jährigen durch vier Platten und 16 Schrauben fixiert werden. Der Täter gab die Tat vor Gericht zu und entschuldigte sich für den Gewaltausbruch. Schwierige Vergangenheit Zur Einordnung des aktuellen Falles rollte das Gericht die Vergangenheit des Täters auf: Der 23-Jährige Deutsche wächst ohne Mutter auf, sein Vater kümmert sich wenig. In seiner Jugend fällt er häufig durch Gewaltausbrüche auf. Wegen Körperverletzung, Besitzes von Rauschmitteln und räuberischen Diebstahls wird er zu zwei längeren Jugendstrafen verurteilt. Die Behörden des Strafvollzugs beschreiben ihn als intelligent aber ohne ausreichendes Werte-Gerüst.
Auch im Jugendgefängnis kommt es immer wieder zu Gewalttaten. Erst 2016 macht der junge Mann Fortschritte – in seinem letzten Jahr in Haft beendet er das erste Jahr seiner Ausbildung zum Industriemechaniker, zur gleichen Zeit wird sein erstes Kind geboren. Derzeit befindet er sich im dritten Lehrjahr.
Vor Gericht beteuert der 23-jährige Vater, sein Arbeitgeber sei zufrieden und er treibe nun regelmäßig Sport. Außerdem besuche er seinen Sohn dreimal die Woche bei dessen Mutter, zahle Unterhalt und halte sich weitestgehend von Ärger und Drogen fern. Er räumte ein, an seinem Aggressionsproblem und seiner Cannabis-Sucht arbeiten zu müssen. „Ich will es besser machen“, sagte er in Bezug auf seinen zweijährigen Sohn.
Während der Urteilsverkündung ermahnte Richterin Beate Philipp den Verurteilten, den positiven Lebenswandel endlich zu nutzen und sich von Streit und Drogen fernzuhalten. Er bekam die Auflagen, eine Suchtberatung und einen Anti-Aggressionskurs zu besuchen. Eigentlich sollte der Gewaltausbruch in Trossingen eine Haftstrafe zur Folge haben, sagte Philipp. Doch letztendlich trugen die derzeitigen Lebensumstände und der soziale Fortschritt des Angeklagten zu der Strafmilderung bei. Sehen Sie ein Video zum Thema unter: www.schwaebische.de/ gewalttaeter