Neuerliches Werben um Reformen in Europa
Rede von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron im Bundestag – Entscheidungen beim EU-Gipfel im Dezember
BERLIN (dpa) - Er wirbt und wirbt und wirbt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wird nicht müde, die deutsche Kanzlerin mit auf seinen Reformkurs einzuladen. Angela Merkel will sich jetzt an die Detailarbeit machen – und lobt Macron für eine „großartige“, ungewöhnliche Rede im Deutschen Bundestag.
Macron ist zum Volkstrauertag 100 Jahre nach Ende des Ersten Weltkriegs zu Besuch. „Das Gefühl, das ich heute empfinde, ist Dankbarkeit“, sagt er. Seine Ruckrede im Bundestag ist bewegend. Sie endet mit den Worten: „Es lebe Frankreich. Es lebe Deutschland. Es lebe die deutschfranzösische Freundschaft. Es lebe Europa.“Die Zuhörer stehen auf und spenden lange Beifall. Das gibt es so nicht oft.
Viele seiner Worte sind ein neuerliches Werben um Kanzlerin Angela Merkel (CDU), endlich die Reformen in Europa mit voranzutreiben. Deutschland und Frankreich hätten ihre Differenzen in der EU nie verleugnet, sondern auf den Tisch gelegt. Heute „müssen wir den Mut finden, ein neues Kapitel aufzuschlagen. Das schulden wir Europa“und denjenigen, die in den letzten 70 Jahren daran gearbeitet hätten. Andere Herausforderungen Heute seien die Herausforderungen andere – Umwelt und Klimawandel, Migration, neuer Nationalismus, und die Digitalisierung. Deutschland und Frankreich müssten ihre Tabus, ihre unterschiedlichen Sichtweisen auf Europa überwinden. Europa müsse mit den notwendigen Instrumenten gegen neue Krisen ausgestattet werden – neben einem Währungsfonds zur Absicherung des Euro schwebt ihm auch eine europäische Armee vor – was US-Präsident Donald Trump auf die Palme bringt. Diese Welt stehe am Scheideweg, welche Rolle könne Europa dabei spielen?
Es ist quasi ein Gegenbesuch, nachdem vergangene Woche in Compiègne und Paris der Millionen Toten des Ersten Weltkriegs gedacht wurde. Berlin und Paris proben in schwierigen Zeiten den Schulterschluss, auch wenn es zuletzt kräftig hakte – Macrons Vorschläge für eine Neugründung Europas wurden klein gehäckselt, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner. In Zeiten von AfD, Lega in Italien und nationalistischen Regierungen wie in Polen und Ungarn werden große Würfe immer Ruckrede: Frankreichs Präsident Emmanuel Macron wirbt bei Bundeskanzlerin Angela Merkel dafür, die Reformen voranzutreiben. schwieriger. Und gerade die Union bremst hier. Macron lässt nicht locker. Begeistern kann er immer noch, gerade die Jugend. Das zeigt sich zu Beginn seines eintägigen BerlinTrips im früher größten DDR-Kino Kosmos an der Karl-Marx-Allee. Wie ein Popstar wird er beim Einzug mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gefeiert, es gibt sogar ein Gruppenfoto mit den rund 500 Teilnehmern des Projekts „Youth for Peace – 100 Jahre Erster Weltkrieg, 100 Ideen für den Frieden“. 500 junge Menschen aus 48 Ländern in Europa, Afrika und dem Nahen Osten haben in den vergangenen Tagen darüber diskutiert, wie der Frieden in einer zunehmend unruhigeren, von Populismus dominierten Welt gesichert und der Zusammenhalt gestärkt werden kann. Ideen sind etwa ein paneuropäisches Jugendwerk und eine Vernetzung in sozialen Medien; von Jugendlichen entwickelte Lehrpläne für eine gemeinsame Geschichtsvermittlung mit einem viel stärker internationalen statt nationalen Lehransatz; die Gründung von europaweiten Clubs etwa an Schulen und Unis, die Vorurteile und „Fake News“gemeinsam bekämpfen.
Zuletzt gab es im Ringen um gemeinsame Reformen Bewegung auf deutscher Seite. Merkel betont bei einem Treffen mit Macron nach der Rede im Bundestag denn auch: Man müsse nun „wirklich liefern“. Mitte Dezember soll es beim EU-Gipfel zu Entscheidungen kommen.
Die Finanzminister Bruno le Maire und Olaf Scholz (SPD) einigten sich gerade auf den Rahmen für ein Eurozonen-Budget innerhalb der EU-Haushaltsstrukturen, um Investitionen in strukturschwachen Gegenden etwa in Griechenland oder Italien anzukurbeln. Und um den Euro durch gemeinsames Haushalten etwas krisenfester zu machen.
Doch mit wie viel Geld der Topf gefüllt wird, ist noch unklar, Deutschland zahlt bisher rund 30 Milliarden an die EU und will im Zuge des Austritts Großbritanniens bislang höchstens 10 Milliarden Euro mehr geben. Frankreich hat nach Italien mit 2,2 Billionen Euro die zweithöchsten Schulden in der Euro-Zone. Die wichtigste Reform dürfte der Umbau des Euro-Rettungsfonds ESM zu einem dauerhaften Europäischen Währungsfonds werden, damit bei neuen Krisen nicht wieder hektisch Rettungsschirme aufgespannt werden müssen.
Um frisches Geld für mehr Investitionen in Europa einzusammeln, will Paris zudem eine Digitalsteuer, um Internetgiganten wie Amazon, Google und Apple zur Kasse zu bitten. Doch schon wie die Steuer auf Finanztransaktionen droht das Projekt im Sande zu verlaufen. Denn Merkel und Scholz fürchten Vergeltungsmaßnahmen Trumps gegen deutsche Autokonzerne, die Iren bremsen, weil einige der Konzerne ihre europäischen Unternehmenssitze dort haben.
Keine Abschlusserklärung beim Asien-Pazifik-Gipfel
PORT MORESBY (dpa) - Der AsienPazifik-Gipfel ist ohne die traditionelle Abschlusserklärung zu Ende gegangen. Die 21 Mitgliedsländer der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (Apec) konnten sich bei ihrem Treffen in PapuaNeuguinea am Sonntag auf kein gemeinsames Kommuniqué verständigen. Stattdessen gibt es nach zweitägigen Beratungen nur eine Erklärung des Gastgebers. PapuaNeuguineas Premierminister Peter O'Neill machte China und die USA dafür verantwortlich. „Das liegt daran, dass es im Raum zwei große Giganten gibt“, sagte er. Das Treffen in Papua-Neuguineas Hauptstadt Port Moresby wurde überschattet vom Handelsstreit zwischen den USA und China. Beide Seiten überzogen sich mit Vorwürfen.
Verunglücktes U-Boot nach einem Jahr geortet
BUENOS AIRES (AFP) - Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Verschwinden des argentinischen U-Boots ARA San Juan mit 44 Besatzungsmitgliedern an Bord ist das Wrack am Grund des Atlantiks geortet worden. Wie Argentiniens Militär mitteilte, wurde das implodierte U-Boot am Vortag in 800 Metern Tiefe entdeckt. Die Bergung dürfte allerdings eine Milliardensumme kosten – Geld, das Argentinien laut Verteidigungsminister Oscar Aguad nicht hat. In ihrem letzten Funkspruch hatte die UBootbesatzung am 15. November 2017 einen Kurzschluss und ein Feuer an Bord gemeldet.
Rebellenführer aus Afrika nach Den Haag überstellt
DEN HAAG/BANGUI (dpa) - Erstmals seit Ausbruch des Bürgerkriegs in der Zentralafrikanischen Republik vor sechs Jahren ist ein Rebellenführer an den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag überstellt worden. Alfred Yekatom, auch Rambo genannt, wurde dem Gericht übergeben. Ihm werden Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen wie Mord, Folter und Deportationen zur Last gelegt.
Netanjahu lehnt Neuwahlen in Israel ab
JERUSALEM (AFP) - Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat Forderungen nach vorgezogenen Neuwahlen eine Absage erteilt. Angesichts der angespannten Sicherheitslage sei ein solcher Schritt „unnötig und falsch“, sagte Netanjahu am Sonntag zu Beginn einer Kabinettssitzung. In der Vergangenheit sei der Plan, mit vorgezogenen Wahlen die Regierung zu stärken, nicht aufgegangen. Die israelische Regierung steckt in der Krise, seit Verteidigungsminister Avigdor Lieberman aus Protest gegen eine Feuerpause mit den Palästinensern seinen Rücktritt erklärt hat.