Kein Weltuntergang
Deutschland ist abgestiegen, sinnt aber heute gegen Holland auf Revanche
●Fußball-Zweitligist 1. FC Köln hat einen Transfercoup gelandet und Torjäger Anthony Modeste (Foto: dpa) zurückgeholt. Der 30-jährige Franzose erhält einen Vertrag bis 2023. Modeste hatte den FC 2017 für 33 Millionen Euro Ablöse verlassen und war zu Tianjin Quanjian gewechselt. In China wurde er aber nicht glücklich und löste seinen Vertrag wegen ausbleibender Gehaltszahlungen auf. Tianjin will dagegen aber vor den Internationalen Sportgerichtshof CAS ziehen. „Nach den Bewertungen unserer Anwälte und seines Anwalts hat er wirksam gekündigt“, sagte Kölns Geschäftsführer Alexander Wehrle, man werde bei der FIFA eine Spielberechtigung beantragen. „Wir bekommen mit Tony einen Topstürmer hinzu, der die Mannschaft, den Club und die Stadt kennt“, sagte Manager Armin Veh: „Es ist aber auch ganz klar: Modeste steigt bei uns nicht als großer Star ein, sondern ist Teil dieser Mannschaft.“Modeste hatte den FC 2016/17 mit 25 Toren in die Europa League geführt und sich zuletzt bei der U21 fit gehalten. Der 30-Jährige sagte, er sei „dankbar und glücklich, dass ich zu meinen Jungs zurückkehren kann“. Der FC habe sich „sehr um mich bemüht und mir nach meiner Rückkehr aus China enorm geholfen“. Zusammen mit Simon Terodde könnte Modeste in Köln ein erstligareifes Sturmduo bilden. (SID/dpa) Joshua Kimmich (Foto: dpa) hat die schlechte Form der Nationalmannschaft 2018 für das mangelnde Zuschauerinteresse bei Länderspielen verantwortlich gemacht. „Nur wir sind mit unseren Leistungen daran schuld. Mit besseren Leistungen können wir es ändern“, sagte der Münchner vor dem Duell auf Schalke gegen Holland. Rund 40 000 Karten wurden verkauft, beim Test in Leipzig gegen Russland (3:0) waren Tausende Plätze leer geblieben. (SID) KAISERAU (dpa) - Das Stigma des Abstiegs wurmt Joachim Löw mehr, als er öffentlich zugeben mag. Auf dem kurzen Flug von Leipzig Richtung Westen hatte der Bundestrainer am Sonntag das ungeliebte Kapitel Nations League für sich aber erstmal abgehakt. Die Revanche gegen die Niederlande zum Abschluss des historisch schlechten WM-Jahres steht für Löw heute (20.45 Uhr/ARD) auf Schalke nur noch im Zeichen des Umbruchs und Neuaufbaus. „Unser Blick richtet sich klar in Richtung der EM 2020, für die wir uns qualifizieren werden und bei der wir wieder eine starke Mannschaft ins Turnier schicken wollen“, sagte der Bundestrainer fast trotzig.
An Löws Reformwillen und Reformfreude gibt es laut Oliver Bierhoff trotz diverser Negativ-Marken im trostlosen WM-Jahr 2018 keinen Zweifel. „Er ist mit viel Freude dabei. Man kann das schon ein bisschen mit dem Confed Cup vergleichen. Weil er einfach Lust hat, neue Dinge anzugehen, neue Impulse zu setzen“, sagte der Teammanager. Müller vor dem 100. Spiel Löws Aufstellung gegen Holland wird weitere Hinweise liefern, wie forsch der entthronte Weltmeister-Coach den Umbau der DFB-Elf angeht. Im Vergleich zur jungen Leipzig-Formation, die gegen Russland beim 3:0 überzeugte, stehen einige Arrivierte wieder zur Verfügung. Real-Madrid-Star Toni Kroos ist nach einer Erholungspause wieder dabei. Die angeschlagenen Marco Reus und Jonas Hector stehen wieder im Training. Ob sie gegen die Niederländer mitwirken können, bleibt offen.
Auf Ex-Weltmeister Mats Hummels hatte Löw gegen Russland in der Abwehr verzichtet. Thomas Müller, der vor seinem 100. Länderspiel steht, kam in Leipzig zum zweiten Mal nur als Ersatz für den jungen Club-Kollegen Serge Gnabry von der Bank.
Für die finale Vorbereitung auf das Holland-Spiel zog der DFB-Tross am Sonntag in die Sportschule Kaiserau ein. Löw und Bierhoff versuchten, die Spannung bei Kapitän Manuel Neuer und der jungen Generation um Leroy Sané noch einmal aufzubauen. „Am Herangehen an das Spiel am Montag hat sich nichts geändert. Das ist einfach noch einmal ein Prestige-Duell. Zweitens wollen wir noch unsere Entwicklung vorantreiben“, sagte Bierhoff. Nicht vergessen ist zudem die Demütigung beim 0:3 im Oktober in Amsterdam.
Sportlich zu retten ist die Bilanz als Schlusslicht der Gruppe 1 der Nations League aber nicht mehr. Mit einem Sieg gegen die jungen Holländer wären die Deutschen allerdings doch noch im besten Lostopf für die EMQualifikation. Für DFB-Präsident Reinhard Grindel ist das Spiel gegen das Team von Bondscoach Ronald Koeman genau deshalb „von größter Wichtigkeit“.
Würde das DFB-Team in dem Setzranking für die Multinationen-EM 2020 mit Gruppenspielen in München den bisherigen Platz elf behalten und in Topf 2 rücken, droht ein starker Gegner vom Kaliber Frankreich, Italien, Portugal, Belgien oder Spanien. Nur die besten zehn Teams kommen bei der Auslosung am 2. Dezember in Dublin in den besten Topf. Acht von zehn Plätzen sind bereits vergeben.
Noch in Leipzig hatte Löw seine Schützlinge nach dem im fernen Rotterdam durch das 2:0 der Niederländer gegen Frankreich besiegelten Abstieg auf die neuen Zielsetzungen eingeschworen. Acht Minuten und damit ungewöhnlich lange redete der Bundestrainer auf dem Trainingsplatz auf seine Spieler ein.
„Das ist mit Sicherheit kein Weltuntergang, aber es ist schon frustrierend. Gestern Abend ist man schon genervt ins Bett gegangen“, berichtete Bierhoff vom gemeinsamen TVAbend mit Löw. Auch der Bundestrainer sei „genervt“gewesen. Die Abhängigkeit vom Engagement der Franzosen wurmte Löw gewaltig. „Das hat noch einmal eins draufgesetzt auf das schlechte Jahr, das wir hatten. Vielleicht muss man mal den Boden berühren, um wieder den Aufstieg anzugehen“, sagte Bierhoff.
Löw will bis zum Beginn der EMQualifikation im März 2019 eine positivere Stimmung mitnehmen. Die Zahlen für 2018 decken schonungslos die Misere auf. Sechs Niederlagen in einem Kalenderjahr gab es noch nie in 111 Jahren deutscher Länderspielgeschichte. Nur zwölf Tore in einem Jahr sind Negativwert unter Löw seit 2006.