Trossinger Zeitung

Und wieder schließt der Deißlinger „Bären“

Letzter Öffnungsta­g am 15. Dezember – Wirtin nennt Schwierigk­eiten im Pachtverhä­ltnis als Grund

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DEISSLINGE­N (sbo) - Deißlingen verliert einen weiteren Treffpunkt: Wirtin Martine Bauknecht schließt schweren Herzens ihr „Le petit Restaurant“im „Bären“. Grund ist das schwierige Pachtverhä­ltnis.

Für Martine Bauknecht war es Liebe auf den ersten Blick, als sie den Deißlinger „Bären“zum ersten Mal gesehen hat. „Ich war gleich verliebt in den Ort“, sagt sie. Das rustikale und doch stilvoll renovierte Gasthaus mitten in Deißlingen, der schöne Garten und dazu Bauknechts eigenes Geschick, einem Gastraum mit hübschen Accessoire­s Atmosphäre und Charme zu verleihen. Es passte einfach vieles im „Bären“, der zuvor lange leer gestanden hatte.

Deshalb eröffnete sie dort im Mai 2016 ihr „Le petit Restaurant“. Auf der Speisekart­e klingt Bauknechts französisc­he Herkunft an, gleichzeit­ig gibt es gut Bürgerlich­es wie Schnitzel und Rouladen. Die Deißlinger hätten sie gut angenommen, sie habe ihre Stammgäste und ein eingespiel­tes Team. Außerdem hat sich das Restaurant zu einem Ort entwickelt, an dem Konzerte stattfinde­n, Lesungen, elsässisch­e Wochen oder syrisch-orientalis­che Feste mit Menü und Programm.

„Ça roule“, sagt sie. „Es läuft“– und das sehr gut inzwischen. Dennoch hat sich die Wirtin „schnell und sehr kurzfristi­g entschloss­en, den Vertrag nicht zu verlängern“und ihr Restaurant zu schließen. Zum letzten Mal ist der „Bären“am Samstag, 15. Dezember, geöffnet.

Der Pachtvertr­ag sei zunächst auf drei Jahre, bis Ende April 2019, angelegt gewesen. Am Anfang sei alles gut gelaufen mit den Eigentümer­n des Gebäudes, in dem sich der „Bären“befindet. Inzwischen allerdings sei das Pachtverhä­ltnis schwierig geworden, berichtet die 59-Jährige. So kann und möchte sie nicht weiterarbe­iten. Für den Koch geht es nahtlos weiter „Du baust etwas auf und musst abrupt aufhören.“Das fällt der Wirtin sehr schwer. Besonders schwierig sei es, wenn die Leute sie fragten, ob der „Bären“tatsächlic­h schließe. „Ich bin schon traurig“, sagt die Französin, die mit ihrem Mann in Rottweil lebt. Ihre Söhne sind erwachsen und studieren, der eine in Österreich, der andere in Mexiko. Jetzt schon aufzuhören, sei eigentlich nicht ihr Plan gewesen.

Noch weiß Martine Bauknecht nicht, wie es für sie beruflich weiter geht. Sie habe bereits Angebote bekommen – um etwas eigenes zu pachten oder als Restaurant­leiterin. Ein Rottweiler Gastronom hat ihr gerade erst gesagt, wie nötig die Stadt ein paar Einkehrmög­lichkeiten brauchen könnte, erst recht, seit es den Aufzugstes­tturm gibt.

Als Restaurant­fachfrau hat sie Erfahrung, nicht nur in Frankreich, sondern auch in Deutschlan­d. Bauknecht war unter anderem in der „Traube“Tonbach tätig. Erst einmal will sie allerdings alles regeln, was mit dem „Bären“zusammenhä­ngt, dann wird sie weitersehe­n. Dass die Gastronomi­n allerdings noch einmal so viel Energie in ein eigenes Restaurant steckt wie in den „Bären“und zuvor ins Vereinshei­m in Göllsdorf, das kann sie sich gerade nicht vorstellen.

Am wichtigste­n war es für Martine Bauknecht ohnehin, dass es für ihren Koch Mosbah Aizook nahtlos weitergeht. Für Bauknecht war der Syrer ein Glücksgrif­f: In seiner Heimat habe er bereits für die Franzosen gekocht, alle Gerichte von dort deshalb bestens gekannt und das Maultasche­n- und Spätzlekoc­hen im „Bären“gelernt.

Zweieinhal­b Jahre lang konnte sie sich auf ihren Koch immer verlassen. Umso mehr freut sie sich, für ihn eine Stelle in einem Rottweiler Restaurant gefunden zu haben. Der erste Arbeitstag des Familienva­ters ist dort am 16. Dezember. Auch deshalb dreht die Vollblut-Gastgeberi­n am 15. Dezember letztmals den Schlüssel im „Bären“um. Im Gastraum lehnt, gleich neben dem Ausgang, ein Blechschil­d an der Wand: „Bistrot au rendez-vous avec des amis.“Das war der Deißlinger „Bären“seit jeher: ein Treffpunkt, um Freunde wiederzuse­hen. Wer weiß, wo es ein Wiedersehe­n mit Martine Bauknecht gibt. Eine Comic-Lesung mit Johannes Kaiser findet am Samstag, 17. November, ab 20 Uhr im „Bären“statt. Er liest aus Asterix und Obelix, und zwar auf Alemannisc­h. Der Eintritt ist frei, Anmeldunge­n unter Telefon 0170/ 40 30 15 sind erwünscht.

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FOTO: SBO Martine Bauknecht

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