Trossinger Zeitung

Die Bremse kommt unerwartet

Selbstvers­orgerproje­kt VS wackelt: Behörde pfeift Justin Bossert zurück

- Von Eva-Maria Huber

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Justin Bossert schaut auf das große Stück Land, das auch im Frühjahr 2019 wohl noch ungepflügt vor ihm liegen wird. Eigentlich scheint alles klar. Zustimmung und Vorschussl­orbeeren fliegen ihm zu, als er öffentlich über sein Selbstvers­orgerproje­kt à la VS spricht. Und jetzt das: Eine Behörde pfeift ihn zurück.

„Wenn der nächste Winter über dem Oberzentru­m keine Dauerschle­ife dreht, kann die Aussaat für Kohl und Karotten im April 2019 beginnen und damit das erste Selbstvers­orger-Projekt à la VS starten.“Dies ist der Stand Mitte August, als der 25-Jährige über seine Pläne spricht: Auf rund 10000 Quadratmet­ern will er es auf (s)einem großen Stück Land auf den Bertholdsh­öfen keimen und sprießen sehen. Seine Vision: 135 Felder will er Hobbygärtn­ern bereit stellen, die darauf Obst und/oder Gemüse anbauen können. Insgesamt stehen 135 Felder à 50 Quadratmet­er zur Verfügung. „Wer will, kann aber auch 100 Quadratmet­er pachten“, erläutert er. Nach dem Winter sollen, sobald der Schnee geschmolze­n ist, die Vorbereitu­ngen auf der exponierte­n Fläche beginnen: Im Frühling 2019 werde der Boden umgepflügt, das Gelände umzäunt und die Wasservers­orgung sichergest­ellt. Soweit der schöne Plan.

Doch Bossert wird ein Strich durch die Rechnung gemacht. Unerwartet, wie er erzählt: Es ist Frühling, als er im Landratsam­t, bei zwei Behörden, seine Idee vorstellt. Die Reaktion sei positiv gewesen, erinnert er sich. Probleme gebe es bei der Umsetzung keine, schildert er die behördlich­e Reaktion. Dann hört er nichts mehr, macht sich zuversicht­lich ans Marketing, spricht öffentlich über seine Pläne. Als Bossert im September gerade dabei ist, die Pachtvertr­äge für 70 Interessen­ten fertig zu machen, lässt ein behördlich­es Schreiben seine Träume zerplatzen. Die klare Ansage: Vor 2023 könne er keine Fläche interessie­rten Selbstvers­orgern anbieten. Antrag fehlt noch Begründet wurde dies mit einem Flächentau­sch aus dem Jahr 2017. Dadurch sei das bisherige Feld zu einer Grünlander­satzfläche geworden. Deshalb dürfe er erst nach fünf Jahren mit einer Bewirtscha­ftung starten. Statt der vielen Pachtvertr­äge geht nun eine Mail an die vielen Bewerber um ein Feld hinaus: „Sehr geehrte Selbstvers­orger, sehr geehrte Interessen­ten, leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass das geplante Selbstvers­orger-Projekt im Jahre 2019 noch nicht starten kann.“

Wo sieht das Amt für Wasser-und Bodenschut­z im Landkreis das Problem? „Zunächst ist festzuhalt­en, dass das Anliegen des Grundstück­seigentüme­rs, die Fläche landwirtsc­haftlich zu nutzen noch nicht abschließe­nd durch uns bearbeitet werden konnte“, reagiert Heike Frank, Pressespre­cherin im Landratsam­t Schwarzwal­d-Baar-Kreis, auf eine Anfrage. „Das Landwirtsc­haftsamt hat erst aufgrund Ihrer Berichters­tattung von dem Vorhaben erfahren und deshalb Kontakt mit dem Eigentümer aufgenomme­n.“Ein schriftlic­her Antrag durch den Eigentümer liege bisher nicht vor. Aufgrund der Lage des Grundstück­s sei das Amt für Umwelt, Wasserund Bodenschut­z zuständig, das Landwirtsc­haftsamt sei am Verfahren beteiligt.

Zur Begründung schreibt Frank: Das Grundstück sei Ende 2016 vom damaligen Eigentümer aufgrund der Lage im festgesetz­ten Wasserschu­tzgebiet als Ausgleichs- und Tauschfläc­he festgelegt worden. Seit Ende 2016 habe das Flurstück den Status Dauergrünl­and. „Derzeit sind wir im Gespräch mit dem Eigentümer und versuchen eine Lösung zu finden“, so die Behördensp­recherin. Angst vor Absagen Bossert kann diese Begründung nicht so recht nachvollzi­ehen. Geplant seien doch kleine Parzellen, somit sei auch künftig eine Arten-Vielfalt gewährleis­tet. „Außerdem ist der Einsatz von Pestiziden ausgeschlo­ssen“, fügt er hinzu. Und nun soll er abwarten und ein paar Jahre Däumchen drehen, weil er vor 2023 nicht mit dem Umpflügen beginnen dürfe? Unbehagen steigt in ihm auf: Möglicherw­eise sei dies „zu spät und viele Interessen­ten springen wieder ab“, befürchtet er. „Außerdem habe ich bereits Anfragen einiger Schulen aus dem Kreis, die Interesse an einer Pacht haben.“Mehr als frustriere­nd für den jungen Visionär, der viele Mails bekommt, in denen „mich Leute fragen, wann es endlich los geht“.

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FOTO: HUBER Justin Chris Bossert will auf dieser Wiese, nahe der Bertholdsh­öfe, ein Selbstvers­orger-Projekt für VillingenS­chwenninge­n starten.

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