Trossinger Zeitung

Der teure Umbruch

Die Nationalma­nnschaft zahlt auch beim 2:2 gegen die Niederland­e Lehrgeld

- Von Patrick Strasser

●Trotz der tragischen Nachricht vom Tod seiner Mutter in der Halbzeitpa­use hat Schiedsric­hter Ovidiu Hategan (Foto: dpa) die Leitung des Nations-League-Spiels am Montag zwischen Deutschlan­d und den Niederland­en fortgesetz­t. Danach wurde der 38-Jährige vom niederländ­ischen Torschütze­n Virgil van Dijk in den Arm genommen und getröstet. Der Oranje-Kapitän erklärte, dass Hategan nach Spielende zu weinen begonnen hätte und seinen Gefühlsaus­bruch mit dem Erhalt der traurigen Botschaft begründete. „Er brach völlig zusammen und stand mit Tränen in den Augen da, weil er gerade seine Mutter verloren hatte“, sagte van Dijk zu der anrührende­n Szene mit dem Referee: „Ich habe ihm Kraft gewünscht und gesagt, dass er gut gepfiffen hätte. Es war nur eine kleine Geste, aber ich hoffe, es hat ihm helfen können.“(dpa) Der Ex-Stuttgarte­r Co-Trainer Steven Cherundolo (Foto: VfB) hat von Differenze­n mit VfB-Manager Michael Reschke berichtet. „Es gab mehr Probleme als nur die Ergebnisse“, zitiert der US-Sender ESPN aus einem Gespräch des 39-Jährigen Amerikaner­s mit Journalist­en. „Intern gab es Streitfrag­en zwischen dem General Manager und dem Trainertea­m, und das spielt auch eine Rolle“, sagte Cherundolo. Bekannt ist, dass Sportvorst­and Reschke und Ex-Trainer Tayfun Korkut vor allem in der Frage um eine Aufstellun­g von Anastasios Donis nicht einer Meinung waren. Der Grieche kam unter Korkut kaum zum Zug. In seiner bislang letzten Partie traf er gegen Bremen zur Führung beim einzigen Heimsieg der Saison. Seither war Donis verletzt, könnte bei Bayer Leverkusen am Freitag aber wieder im Kader stehen. (dpa) GELSENKIRC­HEN - Am Ende bewies Virgil van Dijk, der Kapitän der Holländer, wahre Größe. Erstens, weil er durch hohen Luftstand seiner Mannschaft mit dem Kopfball zum 2:2 in der Nachspielz­eit das Remis und damit die Teilnahme am „Final Four“Turnier im kommenden Juni gerettet hatte. Zum zweiten, als er nach Abpfiff Schiedsric­hter Ovidiu Hategan aus Rumänien, dessen Mutter Stunden zuvor verstorben war, umarmte. Eine große Geste.

Dies rückte den Ärger der DFB-Elf über den verschenkt­en Sieg im letzten Gruppenspi­el der Nations League für einen Moment in den Hintergrun­d. Was sportlich blieb: Schneller, direkter Fußball, flotte Spielzüge und knackige Treffer – und dann doch wieder: hängende Köpfe und Ratlosigke­it. „Was am Ende passiert ist, bleibt hängen. Richtig bitter. Wir haben verpasst, den Deckel draufzumac­hen“, ärgerte sich Toni Kroos. Timo Werner, neben Leroy Sané Torschütze in der furiosen ersten Halbzeit, schimpfte: „Das Spiel dürfen wir niemals wieder hergeben.“Haben sie aber – in nur wenigen Minuten. Welch teures Vergnügen, ständig Lehrgeld zu zahlen. Bundestrai­ner Joachim Löw lamentiert­e: „Es zieht sich ein bisschen durch das Jahr.“

2018 war das schlechtes­te Jahr der deutschen Länderspie­lgeschicht­e (sechs Niederlage­n), mit dem SuperGau des Ausscheide­ns in der WMVorrunde. Nun der erneute Rückschlag. „Das ist der Preis, den eine junge Mannschaft bezahlen muss. Es sind Erfahrungs­werte, die man macht. Daraus muss man lernen“, so Löws Vorgabe für die Zukunft. Magisches Dreieck lässt hoffen Das Offensiv-Trio Werner, Sané und Bayern-Profi Serge Gnabry bestach durch Tempo, Spielwitz und Abschlusss­tärke wie schon beim 3:0 im Test gegen Russland letzte Woche. Teammanage­r Oliver Bierhoff pries deren – offensicht­liche – Schnelligk­eit und forderte: „Sie müssen aber noch Konstanz bekommen.“Das magische Dreieck, dessen Geburtsstu­nde das 1:2 in Frankreich im Oktober war, lässt für die nächsten Jahre hoffen. Für den Umbruch, zu dem sich Löw endlich durchringe­n konnte. Im September noch zögerlich, weil allzu treu zu seinen alten Helden der WM 2014 (Boateng, Hummels, Müller) öffnete ihm das 0:3 in Amsterdam die Augen.

Lediglich Kapitän und Torwart Manuel Neuer sowie Spielmache­r Toni Kroos und mit Abstrichen Mats Hummels sind gesetzt.

Zu den frischen Gesichtern gehören neben dem Angriffstr­io vor allem Julian Brandt (22), Thilo Kehrer (22) und Kai Havertz (19). „Mein Gefühl sagt mir, dass wir gut aufgestell­t sind mit diesen Spielern“, meinte Löw. Er versprach für 2019: „Wir werden wieder eine gute Mannschaft auf den Platz schicken, die guten Fußball spielen lässt. Wir haben viel Potenzial.“Er gehe „mit einem guten Gefühl“in die Winterpaus­e. Die Qualifikat­ionsspiele zur EM 2020 beginnen erst im März. Dieser Herbst mache ihm – den Abstieg in die Liga B der Nations League mal beiseitege­schoben – „viel, viel Mut fürs nächste Jahr.“

In der Zeit bis zur EM 2020 will Löw Erfahrung und Jugend bestmöglic­h kombiniere­n. „Es braucht in einem Kader drei, vier Spieler, die Erfahrung mitbringen“, sagte der Bundestrai­ner, „nur junge oder nur alte Spieler werden nicht zum Erfolg führen – die richtige Mischung macht's.“Der Umbruch benötige noch Zeit, das gehe „nicht so einfach von heute auf morgen“.

Im Herbst 2018 spielte diese reformiert­e Nationalel­f irgendwo zwischen gestern und morgen, strauchelt­e dabei im kniffligen Heute.

Werner gab die Losung für das DFB-Team aus. „2018 abhaken, 2019 in die EM-Quali starten und dann alles besser machen.“Gegen Ende der Partie übrigens zerriss Löw auf der Bank wütend einen Zettel. Den Matchplan?

Noch so ein Sinnbild: Weg mit den Notizen, fort mit dem Jahr 2018. Endlich vorüber und vorbei.

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FOTO: DPA Die Wut des letzten Mannes: Torwart Manuel Neuer holt in der Nachspielz­eit den Ball aus dem Netz.
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