Kindergeld wird nicht zweckentfremdet
irekte Transferleistungen an Familien kommen tatsächlich bei den Kindern an: Das ist das Ergebnis einer Studie der Bertelsmann-Stiftung, die am Mittwoch vorgestellt wurde. Der Verdacht, Eltern aus Hartz-IV-Haushalten könnten zusätzliches Geld womöglich zweckentfremden, habe sich nicht bestätigt. Die Fakten zur Studie:
Bürokratiemonster Bildungspaket: Das sogenannte Bildungs- und Teilhabepaket wurde 2011 aus Angst vor Veruntreuung durch die Eltern zweckgebunden. Für etwa 2,5 Millionen bedürftige Familien sollte es Sachleistungen wie Mittagessen, Klassenfahrten, Zugang zu Nachhilfe, Sport- oder Musikvereinen geben. Heute zeigt sich: Das Bildungspaket wird nicht so stark angenommen. Rund 30 Prozent der Mittel gehen für den Verwaltungsaufwand drauf, heißt es in der Bertelsmann-Studie. Viele Bedürftige würden die komplizierten Anträge scheuen, die Hürden seien zu hoch.
Effekte des Landeserziehungsund Kindergeldes: Die Bertelsmann-Forscher fragten sich: Kommen die staatlichen Transferleistungen bei den Kindern an – oder werden sie zweckentfremdet, etwa für Alkohol, Tabak und Unterhaltungselektronik? Die Autoren werteten dafür Daten des sozio-ökonomischen Panels von 1984 bis 2016 aus. Ergebnis: Ein massiver Missbrauch von Familienleistungen lasse sich nicht feststellen. Das Landeserziehungsgeld führe demnach dazu, dass ein Teil der Eltern im Job kürzer trete und mehr Zeit mit den Kindern verbringe. Eine Erhöhung des Kindergeldes wirke sich vor allem auf das Wohnumfeld aus: Die Ausgaben für Miete steigen bezogen auf 100 Euro Kindergeld um 14 Euro, die Wohnfläche vergrößert sich um gut zwei Quadratmeter, so die Rechnung der Autoren. Ein weiterer Teil des Kindergeldes werde für Bildung, Betreuung und Freizeitaktivitäten genutzt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Kinder ein Instrument erlernen, steigt der Studie zufolge um elf Prozentpunkte.
Kurzzeitiger Anstieg des Tabakkonsums: In den Jahren von 2002 bis 2008 hätten Frauen, die Anspruch auf das Landeserziehungsgeld hatten, zwar vermehrt zu Zigaretten gegriffen. Bei Männern, die bereits rauchten, steigerte sich der Tabakkonsum zwischen 1998 und 2006 um durchschnittlich vier Zigaretten pro Tag pro 100 Euro Kindergeld. Seit 2008 war bei beiden Geschlechtern aber keine Steigerung mehr nachweisbar.
Forderungen der Forscher: „Eltern sollten nicht unter Generalverdacht gestellt werden“, sagte Jörg Dräger, Vorstand der BertelsmannStiftung. Er regt eine neue finanzielle Leistung an, das Teilhabegeld. Dies müsse Kindergeld, Teile des Bildungsund Teilhabepakets, den Kinderzuschlag und die Hartz-IV-Sätze für Kinder bündeln, so Dräger.
Maßnahmen der Regierung: Das Kindergeld steigt ab 1. Juli 2019 um zehn Euro. Das Familienentlastungsgesetz sieht zudem steuerliche Entlastungen und einen höheren Kinderfreibetrag vor. Der Deutsche Kinderschutzbund warnt. „Die sehr gut Verdienenden profitieren von den Steuerentlastungen überproportional“, sagte Heinz Hilgers, Präsident des Kinderschutzbundes, der „Schwäbischen Zeitung“. Hartz-IVBeziehern würde das Kindergeld dagegen angerechnet.