Überfordert, übermüdet, gestresst
Laut einer Studie des Deutschen Gewerkschaftsbundes leiden Millionen Beschäftigte unter Überlastung
BERLIN - Stress, Zeitnot, Ärger mit Kunden: Millionen Beschäftigte in Deutschland fühlen sich auf ihrem Arbeitsplatz überlastet. Die Digitalisierung habe den Druck noch erhöht. Das geht aus einer repräsentativen Umfrage des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) hervor, die die Gewerkschaft am Donnerstag in Berlin vorgestellt hat. Was macht den Arbeitnehmern so zu schaffen? Die wichtigsten Fakten zum „DGBIndex Gute Arbeit“2018:
Ständige Überforderung: Bundesweit fühlen sich 52 Prozent der Arbeitnehmer gehetzt oder unter Zeitdruck, ergab die Befragung des DGB unter 8000 abhängig Beschäftigten. Menschen, die mit Kunden, Patienten oder etwa als Erzieherinnen mit Kindern zu tun haben, erfahren besonders hohe Belastungen. Ihre Konflikte nehmen sie häufig auch noch mit in den Feierabend. 63 Prozent aller Beschäftigten leisten sogenannte Interaktionsarbeit, haben also ständig Kontakt mit anderen Menschen und müssen etwa Streitigkeiten lösen. Ein Drittel der Befragten beklagt, dass oft verschiedene Aufgaben an sie gestellt werden, die schwer miteinander zu vereinbaren seien. 78 Prozent sehen die Anforderungen ihres Berufs gar nicht oder nur in geringem Maß bei ihren Einkommen berücksichtigt. Die Befragten monieren Zeitmangel (47 Prozent), ein Übermaß an Bürokratie (38 Prozent), eine zu knappe Personalbemessung (38 Prozent) oder zu hohe Erwartungen von Seiten der Kundschaft (33 Prozent).
Mangelnde Unterstützung: Wer von psychischen Belastungen aufgrund des Kunden- oder Patientenkontakts berichtet, fühlt sich zudem oft mit seinen Problemen allein gelassen. Zwei Drittel der Betroffenen berichten von fehlender Unterstützung durch die Arbeitgeber. Mehr als ein Drittel der Befragten gaben sogar an, sie würden „sehr oft“oder „oft“ihre eigenen Gefühle unterdrücken.
Stress durch Digitalisierung: „Seit Jahren sprechen wir von den Chancen der Digitalisierung“, sagte der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann. Doch das Gegenteil sei eingetreten: „Psychische Belastungen und Arbeitsstress haben durch den digitalen Wandel zugenommen.“Mehr als die Hälfte der Befragten fühlt sich „oft“oder „sehr oft“bei ihrer Arbeit gestört – etwa durch technische Probleme, Telefonate oder andere Kollegen.
Zukunftsängste: Zwar sehen achtzig Prozent der Menschen, die in ihrem Job regelmäßig Kundenkontakte haben, einen hohen Sinn in ihrer Arbeit. Zugleich fürchten viele um ihre Absicherung im Alter. 45 Prozent der Befragten erwarten, dass die gesetzliche Rente nicht ausreicht, um später den Lebensstandard zu halten. 36 Prozent sagen, dass sie „gerade so“ausreicht. Knapp ein Drittel gab an, dass es an ihrem Arbeitsplatz keine Möglichkeit zur betrieblichen Zusatzvorsorge gebe. Bei einem weiteren Drittel seien solche Angebote nur „in geringem Maß“vorhanden.
Forderungen der Gewerkschaften: „In welcher Welt leben wir denn, dass sich Arbeitgeber – öffentliche wie private – so einen Umgang mit ihren Beschäftigten leisten dürfen und dann klagen, es gäbe nicht genügend Fachkräfte“, fragte VerdiChef Frank Bsirske. Nötig sei eine Aufwertung dieser Berufe, eine bessere Personalbemessung und eine deutlich höhere Bezahlung der Beschäftigten, so Bsirske. DGB-Chef Hoffmann fordert auch Verbesserungen beim Gesundheits- und Arbeitsschutz.