Panne wirbelt Merkels Pläne durcheinander
Kanzlerin verpasst G20-Auftakt – Debatte über die Sicherheit der Regierungsflugzeuge
BERLIN/BUENOS AIRES (dpa/AFP) Als Krisenmanagerin erwartet, von einer Panne ausgebremst: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ist nach einem technischen Defekt an ihrer Regierungsmaschine erst mit zwölfstündiger Verspätung beim G20-Gipfel in Argentinien angekommen. Beim Auftakt in Buenos Aires fehlte sie. Ein für Freitag geplantes Treffen mit US-Präsident Donald Trump musste auf Samstag verschoben werden, eines mit Chinas Präsident Xi Jinping kam zunächst nicht zustande. Das Frühstück am Samstagmorgen mit Russlands Staatschef Wladimir Putin findet wie geplant statt.
Nach dem kompletten Ausfall der Funkanlage hatte Merkels Maschine, der Airbus „Konrad Adenauer“, am späten Donnerstagabend nach einer knappen Stunde Flugzeit umkehren und auf dem Flughafen Köln/Bonn notlanden müssen. Merkel sprach von einer „ernsthaften Gefahr“. Die Maschine musste über den Niederlanden umdrehen. Da auch das System zum Ablassen von Kerosin betroffen war, landete der Airbus A340 mit noch fast der gesamten Kerosinladung an Bord. Die Maschine war damit so schwer, dass die Bremsen überhitzten. Der „Spiegel“schrieb, nur mit dem Satellitentelefon an Bord sei es der Crew gelungen, Kontakt zur Flugleitstelle aufzunehmen. Die Situation sei so brenzlig gewesen, dass Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) schon nach dem Komplettausfall der Funkanlage informiert wurde.
Am Freitag setzte Merkel ihre Reise zunächst mit einer Maschine der Flugbereitschaft nach Madrid fort, um von dort mit einem Linienflug weiter nach Buenos Aires zu reisen. Am Dinner der Staats- und Regierungschefs im legendären Teatro Colón nahm die 62-Jährige dann teil.
Ursache für die Panne war nach Angaben der Flugbereitschaft der Ausfall eines Bauteils, einer elektronischen Verteilerbox. Oberst Guido Henrich, Kommandeur der Flugbereitschaft der Luftwaffe in Köln, sagte auf die Frage, welches Gefahrenpotenzial der Vorfall gehabt habe: „Keins.“Berichten über mögliche Sabotage, einen „kriminellen Hintergrund“, trat er entgegen. Das Bauteil sei tief im Flugzeug verbaut und schwer zugänglich. Die Frage, wie es zu einem solchen Schaden kommen konnte, blieb jedoch unbeantwortet.
Die Regierung warnte vor einer Überbewertung des Zwischenfalls. Dennoch entbrannte eine Diskussion über die Sicherheit der Flugzeuge der Bundesregierung, da es zuletzt bereits mehrere Pannen mit der „Konrad Adenauer“gegeben hatte.
BERLIN - Eine kaputte Funkanlage im Regierungs-Airbus, eine heikle Notlandung in Köln/Bonn, eine Ersatzmaschine ohne Crew und am nächsten Morgen in aller Frühe ein Linienflug mit Iberia von Spanien aus – auf dem Weg zum G20-Gipfel in Argentinien ging für Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) vieles schief. Eine schwere technische Panne mit politischen Konsequenzen: Durch die massive Verspätung fehlte die deutsche Regierungschefin nicht nur beim Auftakt des Treffens und verpasste die Aufnahmen zum Gruppenfoto. Auch wichtige Gespräche unter anderem mit US-Präsident Donald Trump und dem chinesischen Präsidenten Xi Jingpin musste Merkel zunächst absagen. Es ist nicht der erste Zwischenfall mit einem Regierungsflieger. Und so nimmt die Debatte Fahrt auf, ob sich die Bundesrepublik als reiches Hochtechnologie-Land nicht eine bessere Regierungsflotte leisten sollte. Funksystem funktionsunfähig Donald Trump, Wladmir Putin und Emmanuel Macron waren schon lange in Buenos Aires zum Gipfel der G20 angekommen, als Merkel noch mit Iberia nach Südamerika unterwegs war. Dabei konnte sie froh sein, dass sie und ihre Delegation am Donnerstagabend heil aus dem Regierungs-Airbus „Konrad Adenauer“hatten aussteigen können. „Es war eine ernsthafte Störung“, sagte Merkel in ihrer nüchternen Art, als sie die defekte Kanzler-Maschine verlassen hatte. Nach dem glimpflichen Ausgang bedankte sie sich bei der Mannschaft und vor allem bei dem Piloten: Das Kommando habe „der erfahrenste Kapitän der Flugbereitschaft“gehabt, so Merkel. Daraus spricht die Erleichterung darüber, dass nichts Schlimmeres passiert war. Eine elektronische Verteilerbox hatte den 20 Jahre alten Flieger, vor Jahren von der Lufthansa ausgemustert und an den Staat verkauft, lahmgelegt. „Das war der klassische Ausfall eines Bauteils, wie er heute jederzeit passieren kann“, sagte gestern Guido Henrich, Kommandeur der Flugbereitschaft der Luftwaffe. Eine ernsthafte Gefahr habe nicht bestanden. Doch die Störung reichte, um das Funksystem und andere elektronische Anlagen funktionsunfähig zu machen. Obwohl die Maschine vollgetankt war für die Überquerung des Atlantiks und damit für eine normale Landung Übergewicht hatte, entschied sich der Pilot zu einer Notlandung in Köln/ Bonn. Unter diesen Umständen kein einfaches Manöver. Tatsächlich liefen laut Henrich die Bremsen heiß, ohne aber zu versagen.
Damit war das Debakel für Merkel nicht beendet. Der zweite Airbus 340 der Luftwaffe stand zwar an seinem Heimatflughafen Köln-Bonn bereit. Doch die Besatzung war schon so lange im Einsatz gewesen, dass sie den zusätzlichen, gut zehnstündigen Flug nach Südamerika aus Sicherheitsgründen nicht mehr antreten durfte. Und so mussten Merkel und Scholz in Bonn in einem Hotel übernachten und am nächsten Morgen mit einer anderen Regierungsmaschine nach Madrid reisen, von wo aus es weiterging. Aus Platzgründen ließ Merkel nicht nur ihren Ehemann Joachim Sauer in Deutschland zurück, sondern auch viele Beamte und Journalisten.
Nur zwei Prozent der Regierungsflüge fielen aus, erklärte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Da die Flotte aber so klein sei, falle jeder Defekt besonders auf. Kritik kommt von FDP und Grünen. „Wir hören immer wieder, dass Luftfahrzeuge der Flugbereitschaft ausfallen. Es stellt sich die Frage, ob und warum die Flugzeuge der Flugbereitschaft häufiger ausfallen als im zivilen Betrieb“, erklärte Tobias Lindner, Haushaltsund Wehrexperte der Grünen-Fraktion im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. „Es muss geprüft werden, ob die Wartungsprozesse bei der Flugbereitschaft angemessen gestaltet sind und funktionieren.“Es wundere ihn auch, dass man zwar eine Ersatzmaschine in Berlin vorgehalten habe, aber kein Personal, das diese dann bedienen könnte.