Macronist
Kennt noch jemand den schlanken, jungen Mann, der vor dem Wahlkampfauftritt von Emmanuel Macron im Pariser Konzertsaal Bercy das Publikum einschwor? Stanislas Guerini, der Einheizer von damals, soll am Samstag zum neuen Parteichef von Macrons La République en Marche (LREM) gewählt werden. Die Euphorie des Wahlkampfs ist inzwischen Ernüchterung gewichen. Besonders brutal dürften das die Delegierten zu spüren bekommen, wenn parallel zum Parteitag auf den ChampsÉlysées die Gelbwesten demonstrieren – Jene „Gilets jaunes“, die den Rücktritt des Parteigründers Macron fordern. Für Guerini kein guter Zeitpunkt, um „Generaldelegierter“der Präsidentenpartei zu werden. Vor allem, wenn man wie er zu jenen gehört, die den Präsidenten von Anfang an unterstützt haben. Die späteren „Macron Boys“hatten sich 2006 zunächst um den sozialistischen Kandidaten Dominique Strauss-Kahn geschart. Als sein Favorit parteiintern gegen Ségolène Royal unterlag, zog sich Guerini aus der Politik zurück und gründete eine Firma für Solarpaneele. Seine Freunde von damals holten ihn aus der Welt der Privatwirtschaft zurück, nachdem Macron seine Präsidentschaftskandidatur erwog. 2016 gehörte Guerini zu den Gründern der Bewegung En Marche!.
Auf dem Land, wo der Protest der Gelbwesten zu Hause ist, hat LREM aber keine Wurzeln. Guerini will das ändern. „Die erste Aufgabe liegt darin, die lokale Verankerung zu stärken“, sagte der Absolvent der Wirtschaftshochschule HEC der Zeitung „Le Monde“. Dass er den Posten in schwierigen Zeiten übernimmt, ist dem zweifachen Vater bewusst. „Man sollte den Augenblick kollektiver Schwierigkeiten nicht leugnen, den wir durchleben.“Christine Longin