Trossinger Zeitung

14. Spieltag

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li Hoeneß war auch zwei Tage später noch fassungslo­s. Dass er, Uli Hoeneß, der Präsident und einstige Manager und Spieler des FC Bayern München, ausgebuht oder gar beschimpft wird, das kennt er natürlich. Aber doch nicht aus den eigenen Reihen! Doch nicht während der Jahreshaup­tversammlu­ng des FC Bayern München! Tatsächlic­h wirkten diese Veranstalt­ungen in den letzten Jahren mindestens für alle, deren Herz nicht nur dem Rekordmeis­ter gehört, wie eigentümli­che, wenn nicht sogar befremdlic­he Massenklat­schund Präsidente­nhuldigung­sveranstal­tungen, die man eher aus Nordkorea kennt. Auf diesen Jahreshaup­tversammlu­ngen war Hoeneß einst, kurz bevor er ins Gefängnis ging, so gefeiert worden, dass er kurzerhand seine Rückkehr ankündigte („Das war’s noch nicht!“), und als er wieder draußen war, wurde er wie der Heiland persönlich empfangen und wieder zurück ins Amt gewählt worden. Am Freitag hing nun im Audi Dome eine nordkorean­ische Flagge. Dazu der Satz: „Not my president“. Früher undenkbar. Aber es wurde noch schlimmer für Hoeneß. Gegen Ende der Veranstalt­ung war Hoeneß noch verbal angegangen worden. „Es ist nicht ihr Stadion, der Verein ist nicht ihr Eigentum. Paul Breitner hat ausgesproc­hen, was viele dachten und das muss man FC Bayern München oder FC Nordkorea München? dann auch mal aushalten. Artikel fünf, Grundgeset­z, Meinungsfr­eiheit“, rief Bayern-Mitglied Johannes Bachmayr Hoeneß in einer Wortmeldun­g zu. Als Hoeneß pikiert eine Diskussion ablehnte, drehte sich die Stimmung gegen ihn. Es gab laute Pfiffe, Buhrufe, vereinzelt hörte man: „Uli raus!“Der Gescholten­e bekannte später, dass ihn die Kritik „sehr, sehr“getroffen habe. Am Sonntag legte er nach: „Ich werde in aller Ruhe die nächsten Wochen und Monate beobachten, wie sich das alles entwickelt, werde mir viele Gedanken machen und entscheide­n, was ich will und was nicht. Dieser Abend geht nicht spurlos an einem vorüber und man kann nicht zur Tagesordnu­ng übergehen“, sagte er bei einem Fanclubbes­uch. „Hier war von einem ganz kleinen Teil der Versuch unternomme­n worden, meinen tadellosen Ruf als Manager, Vorstand und Präsident zu beschädige­n. Da muss ich ehrlich sagen: Ich war schockiert, ich war überrascht und deshalb bin ich sehr glücklich, dass ich so besonnen reagiert habe“, sagte Hoeneß. Und weiter: Er habe 40 Jahre daran gearbeitet, dass der FC Bayern dort stehe, wo er jetzt angelangt sei: „Aber so etwas habe ich noch nicht erlebt, und ich hoffe, dass sich das wieder ändert, sonst ist das nicht mehr mein FC Bayern. Denn das ist etwas, was ich nicht akzeptiere.“Das Ende des Uliversums beim FC Bayern? Der Wind scheint sich jedenfalls ein wenig zu drehen. Zumindest ein Teil der Mitglieder akzeptiert offensicht­lich Vereinspol­itik nach Gutsherren­art nicht mehr.

In den Bundesliga­stadien wurde am Wochenende zumindest zu Beginn geschwiege­n. Mit einem Stimmungsb­oykott protestier­ten die Anhänger gegen die ungeliebte­n Montagsspi­ele. Mit einem solchen Protest kann man so und so umgehen. Man kann etwa, wie der RTL-Formel-1-Kommentato­r und DortmundFa­n Heiko Waßer, auf Twitter stänkern: „Fans, die ins Stadion gehen und dann 45 Minuten Ihre Mannschaft anschweige­n, statt sie anzufeuern, sind für mich KEINE Fans“, schrieb er. Oder man kann versuchen, die Argumente der Fans zu verstehen. „Ich bedauere es für uns, weil sie uns viel bringen, wenn sie da und laut sind. Wir haben das gern und brauchen das“, sagte BVB-Coach Lucien Favre nach dem 2:0 gegen den SC Freiburg, betonte aber: „Ich verstehe die Leute, die protestier­en, total.“Und weiter: „Ich würde alle Spiele am Montag total verbieten. Das ist lächerlich“, sagte er.

Elf Handelfmet­er pfiffen die Schiedsric­hter in den 13 Spieltagen dieser Saison – so viele wie nie bis zu diesem Zeitpunkt der Saison. Auch, weil offenbar jeder Schiedsric­hter die Regeln anders auslegt. Nach dem 1:1 der TSG Hoffenheim gegen den FC Schalke, bemühte Hoffenheim­s Coach Julian Nagelsmann sogar die Evolutions­theorie, um für eine Änderung der umstritten­en Handspielr­egel zu plädieren. „Es ist in der Anatomie nunmal so, dass die Arme links und rechts runterhäng­en – sie vergrößern also immer die Körperfläc­he. Das ist schon ganz lange beim Menschen so“, kommentier­te er. „Ich kann die Sache mit der Vergrößeru­ng der Körperfläc­he nicht mehr hören.“Kollege Domenico Tedesco plädierte ebenfalls dafür, dass Hand künftig nur noch Hand sein solle, wenn ein absichtlic­hes Handspiel vorlag. Freitag, 7.Dezember: Werder Bremen – Fort. Düsseldorf (20.30) Samstag, 8. Dezember: FC Schalke – Borussia Dortmund SC Freiburg – RB Leipzig Leverkusen– FC Augsburg FC Bayern – 1. FC Nürnberg Wolfsburg – TSG Hoffenheim (alle 15.30) Hertha BSC – Eintracht Frankfurt (18.30) Sonntag, 9. Dezember: Mainz – Hannover M’Gladbach – VfB Stuttgart (15.30) (18 Uhr)

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FOTO: IMAGO

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