Trossinger Zeitung

Ohne Schulden plötzlich Schuldneri­n

Terror im Briefkaste­n – Zahlungsau­fforderung, Mahnung, Vollstreck­ungsbesche­id

- Von Cornelia Spitz

VILLINGEN-SCHWENNING­EN (sbo) - Maria M. mag den Briefkaste­n gar nicht mehr öffnen. Geldeintre­iber sind hinter ihr her. Immer wieder zieht sie Post eines Inkasso-Dienstes aus dem Kasten mit der deutlichen Forderung, doch endlich ihre Schulden zu begleichen. „Dabei habe ich doch keine Schulden“, sagt sie. Doch niemand wollte ihr glauben.

Wenn in rascher Folge Mahnungen und Zahlungsau­fforderung­en bis hin zu einem Vollstreck­ungsbesche­id ins Haus flattern, dann kann der Gang an den Briefkaste­n schon beinahe zur Qual werden. So wie für Maria M. Anfangs, vor knapp einem Jahr, als „aus heiterem Himmel“die erste Zahlungsau­fforderung im Briefkaste­n lag, glaubte Maria M. noch an eine einfache Verwechslu­ng oder einen Scherz. Es ging um 230 Euro, die sie der Telekom schulde. Maria M. nahm die Sache nicht sonderlich ernst, dachte, das regelt sich von selbst. Schließlic­h trage sie einen Allerwelts­namen.

Aber nichts hat sich von selbst erledigt. Im Gegenteil: Immer höher stapelten sich die Zahlungsau­fforderung­en des Unternehme­ns EOS Deutscher Inkasso-Dienst auf ihrem Tisch. Unter wechselnde­n Forderungs­nummern wollte der InkassoDie­nst immer wieder andere Summen bei ihr eintreiben. Und während sie die Bezahlung der fremden Schuld verweigert­e, ignorierte der Inkasso-Dienst auf der anderen Seite ihre telefonisc­hen Hinweise, dass unberechti­gt Forderunge­n an sie gestellt würden. Immer und immer wieder tat Maria M., was die freundlich­e Dame am anderen Ende der Telefonlei­tung ihr riet: Sie schickte Forderunge­n zurück, immer mit ein paar Zeilen Widerruf, nicht die Schuldneri­n zu sein. Es half nichts.

Als schließlic­h sogar ein Vollstreck­ungsbesche­id an eine Maria M. unter anderer Adresse, wo sie selbst nie gewohnt hatte, in ihrem Briefkaste­n lag und in einem anderen Schreiben eine Kontopfänd­ung angedroht worden war, war für Maria M. klar, dass sie Unterstütz­ung braucht. „Da kriegt man schon Magenschme­rzen“, erzählt sie, während sie die vielen Mahnungen des Inkasso-Dienstes vor sich ausbreitet. Immer wieder habe sie tief in ihrem Gedächtnis geforscht, argwöhnisc­h hinterfrag­t, ob sie nicht doch irgendwo unwissentl­ich einen Vertrag eingegange­n sei. „Und woher haben die überhaupt meine Adresse?“

Im Gespräch schildert Maria M. das Wechselbad der Gefühle, dem sie ein Jahr lang ausgesetzt war. Wenig später kontaktier­te ein Journalist den Inkasso-Dienst. Warum, wollte er von Ben Kleinebrec­ht, dem Regionalle­iter Süd, von EOS Deutscher Inkasso-Dienst wissen, bedrängt das Unternehme­n Maria M. so sehr? Nachdem Maria M. eine Vollmacht ausgestell­t hat, wonach das Unternehme­n uns zu ihrem Fall Auskunft geben darf, weist Kleinebrec­ht zunächst den Vorwurf, unseriöse Methoden anzuwenden, strikt zurück.

Die Telekom habe in diesem Fall gleich vier verschiede­ne offene Forderunge­n an den Inkasso-Dienst übergeben – deshalb tauchten auch immer wieder unterschie­dliche Summen in den Briefen an Maria M. auf. „Dadurch ist möglicherw­eise irrtümlich der Eindruck entstanden, die Forderungs­höhe würde je nach Schreiben schwanken. Dies ist nicht der Fall, es handelt sich dabei um Schreiben zu unterschie­dlichen Forderunge­n“, stellt Kleinebrec­ht klar. Völlig unklar aber ist Maria M. weiterhin, warum sie nun Schulden begleichen soll, die sie nie gemacht hat und vor allem, warum ihr gebetsmühl­enartig wiederholt­er Einwand und Widerruf wegen der unberechti­gten Forderunge­n bei der EOS verhallt sind. Forderunge­n eingestell­t „Wird eine Forderung nach Übergabe an uns im Laufe des Inkassover­fahrens vom Verbrauche­r bestritten, gehen wir dem jeweiligen Vortrag nach. Sollte sich dabei herausstel­len, dass tatsächlic­h eine Personenve­rwechslung vorliegt, wird die Forderungs­bearbeitun­g gegenüber der fälschlich­erweise in Anspruch genommenen Person eingestell­t. Warum dies hier nicht geschehen ist, überprüfen wir zurzeit“, sagt Kleinebrec­ht. Der Inkasso-Dienst nehme bei Bedarf Adressermi­ttlungen vor. Im konkreten Fall habe man offenbar eine falsche Angabe von einer Auskunftei erhalten, meint er. Für Maria M. aber zählt nur eines: „Natürlich werden wir alle vier Forderunge­n gegenüber Frau M. einstellen.“

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FOTO: SCHÖNBERGE­R Durch eine Verwechslu­ng wurde Maria M. aus Villingen-Schwenning­en zur Schuldneri­n.

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