Die Basis ist geteilter Meinung
„AKK“kommt vor Ort gut an, einige hätten aber lieber Merz vorne gesehen
Roland Ströbele, Vorsitzender der Seniorenunion im Kreis Tuttlingen, ehemaliger Landtagsabgeordneter und langjähriger Bürgermeister von Fridingen und Bärenthal, begrüßt die Wahl von Annegret Kramp-Karrenbauer: „Ich glaube, dass sie die richtige Frau im richtigen Amt ist“, sagt er. Sie komme aus dem Volk und habe das notwendige Empfinden, um die Partei zusammenzuhalten. „Sie wird mit geballter Kraft an ihre Arbeit gehen und an der Spitze dafür sorgen, dass keine unnötigen Diskussionen entstehen“, sagt Ströbele. Die neue starke Frau in der CDU sei auch seine Wahl gewesen. Das Stimmungsbild sah in der Seniorenunion im Kreis aber ganz anders aus: „Bei einer Abstimmung haben von 25 Mitgliedern 20 für Friedrich Merz gestimmt“, sagt er.
„Mein Wunschkandidat wäre Friedrich Merz gewesen“, sagt auch Benjamin Bach, stellvertretender Tuttlinger Stadtverbandsvorsitzender der CDU. Er schätze Merz‘ Wirtschaftskompetenz und seine transatlantischen Beziehungen – „ich hoffe, Frau Kramp-Karrenbauer kann diese Kompetenzen jetzt aufbauen“. Für ihn stehe sie allerdings eher für ein „Weiter so“der Politik von Angela Merkel. Die neue Vorsitzende müsse nun „schauen, dass kein Riss durch die Partei geht“. Die erste Gelegenheit dazu sei die Ernennung eines neuen Generalsekretärs.
Etwas anders sieht das Tobias Kellner, Kreisvorsitzender der Jungen Union. „Kramp-Karrenbauer ist keine Merkel 2.0“, glaubt er. Zwar hätte auch er gern Merz als neuen Vorsitzenden gesehen, „aber wir hatten drei gute Kandidaten“. Er hofft, dass Kramp-Karrenbauer es schafft, die Dynamik und den Aufschwung, der in der Partei entstanden sei, zu halten. Gepunktet habe sie in den Regionalkonferenzen mit ihrer Nähe zur Basis, das könne der CDU nun zugute kommen: „Wir müssen wieder näher an den Bürgern stehen, näher auf sie eingehen“, meint Kellner. Zudem hofft er auf eine stärkere Abgrenzung von der SPD.
Clemens Henn, CDU-Fraktionsvorsitzender im Trossinger Gemeinderat, freut sich über den Ausgang der Wahl. „Ich denke, sie ist am besten geeignet, die CDU als Volkspartei in der Mitte zusammen zu halten. Wir müssen schauen, dass wir für Frauen und für Grüne wählbar sind und nicht immer nur auf die AfD schielen. Annegret Kramp-Karrenbauer garantiert am ehesten, dass die GroKo mit Merkel bis zum Schluss weitermachen kann. Sie hat Kinder großgezogen, im Gegensatz zu vielen anderen Politikern. Sie weiß, was Familie bedeutet und das finde ich wichtig.“
Die Vorsitzende des Spaichinger CDU-Stadtverbands, Eva Burger, sieht noch weitere Pluspunkte: „Mir hat Annegret Kramp-Karrenbauer sachlich und persönlich gut gefallen. Ich finde die Art, wie sie Politik gemacht hat, gut und bin mit dem Ergebnis zufrieden.“
Hans-Heinrich Ahlfeld, ehemaliger Bürgermeister von Hausen ob Verena und langjähriges CDU-Mitglied, hatte sich im Vorfeld sehr aktiv gegen Merz geäußert – wegen der wirtschaftlichen Verflechtungen und weil er einen ähnlichen Kurs aus persönlichen, wirtschaftlichen Erwägungen befürchtet hatte wie in den USA, „wo einer gerade die USA und die halbe Welt an die Wand fährt“. Er meint: „Mir fällt ein Riesenstein vom Herzen. Nicht weil ich AKK als nächste Kanzlerin sehen will, sondern weil wir jetzt mehr Zeit haben. Bei Merz wäre das gelaufen gewesen.“Die CDU-Vorsitzenden des Bereichs Spaichingen-Heuberg hatten sich eher für Merz ausgesprochen. Aktuell waren Vertreter der größeren Verbände aber nicht zu erreichen oder wollten sich nicht äußern. ANZEIGE