„Schon zehn Babys wurden geboren“
Pfarrer Schmollinger und Janusz Kloskowski über geplante Entbindungsstation in Uganda
TROSSINGEN - Der Freundeskreis der Seelsorgeeinheit Trossingen will seine Gesundheitsstation im ugandischen Kigoto um eine Entbindungsstation erweitern - ein Großprojekt für die Ehrenamtlichen. Was der Freundeskreis im Vorfeld alles stemmen muss und auf welche Unterstützung er hofft, haben der Vorsitzende Janusz Kloskowski und Pfarrer Thomas Schmollinger unserer Redakteurin Larissa Schütz erzählt. Was ist nötig, damit die Entbindungsstation entstehen kann? Schmollinger: Voraussetzungen sind ein Verbrennungsofen, in dem Dinge wie Spritzen, Medikamente oder Bandagen verbrannt werden können, und ein sogenanntes „Placenta Pit“. Das ist ein etwa drei Meter tiefes, mit Beton ausgemauertes Loch, in dem die Plazentas „beerdigt“werden. Dafür haben wir für rund 3500 Euro ein Grundstück erworben, das etwa zwei Minuten von der Station entfernt ist. Kloskowski: Ein neuer Wasseranschluss und ein Sauerstoffkonzentrator für die Neugeborenen sind auch nötig. Außerdem brauchen wir einen Instrumententrolley und die entsprechenden Instrumente, die für eine Geburt nötig sind. Schmollinger: Die Entbindungsstation werden wir in die Krankenstation integrieren. In einem unserer drei Räume im Bereich für stationäre Patienten ziehen wir Mauern und machen einen Durchbruch. So schaffen wir Platz für ein Zimmer für Neugeborene, mehrere Kinderbetten, zwei Betten für die Mütter und ein Entbindungszimmer. Fenster und Beleuchtung erneuern wir und sichern alles mit Moskitonetzen. Kloskowski: Wir brauchen auch zwei Entbindungsstühle, von denen jeder rund 800 Euro kostet. Entsprechend ausgebildete Mitarbeiter brauchen Sie auch ... Schmollinger: Eine unserer Krankenschwestern hat eine Zusatzqualifikation als Hebamme und macht bereits Vor- und Nachsorge. Viele Frauen kommen weit über die Berge zur Station. Tatsächlich wurden in unserer Gesundheitsstation auch schon zehn gesunde Babys zur Welt gebracht! Wir erhalten noch keine staatliche Unterstützung und sind offiziell auch noch keine Entbindungsstation, aber wenn Frauen kommen, die kurz vor der Geburt stehen, können wir sie natürlich nicht abweisen. Hausgeburten sind in Uganda wegen der Hygieneverhältnisse dort nicht ungefährlich. Kloskowski: Das zeigt aber auch, dass der Bedarf an der Entbindungsstation definitiv vorhanden ist. Es haben sich schon so viele Mütter gemeldet, dass wir eventuell noch eine Schwester einstellen müssen. Derzeit arbeiten ein Krankenpfleger und drei Krankenschwestern in der Station. Die Konstellation ist gerade sehr gut, die Mitarbeiter arbeiten wirklich harmonisch und engagiert zusammen. Schmollinger: Unsere Leiterin macht derzeit eine zweijährige Fortbildung, die noch anderthalb Jahre dauert. Danach kommt sie voraussichtlich mit erweiterter Qualifikation zurück. Weshalb ist denn eigentlich ein „Placenta Pit“notwendig? Schmollinger: Die Menschen in Uganda glauben, dass alles zum Menschen gehört und nicht einfach weggeworfen werden darf. Deshalb muss die Plazenta an einem Ort aufbewahrt werden, wo ihr nichts geschehen darf. Das ist fast ein Beerdigungsritus. Bisher mussten wir die Plazenta den Müttern mitgeben, damit sie sie selbst vergraben. Wir werden sie künftig verbrennen und die Asche „beerdigen“- das ist auch möglich und verhindert unangenehmen Geruch. Mit welchen Kosten rechnen Sie für die Entbindungsstation? Kloskowski: Rund 5000 Euro müssen wir auf jeden Fall einplanen. Schmollinger: Was uns entgegenkommt ist, dass der ugandische Staat seine Distrikte neu einteilen wird. Jeder Distrikt braucht eine Gesundheitsstation, und die Station der Seelsorgeeinheit wäre die einzige in ihrem Distrikt. Deshalb hoffen wir auf mehr staatliche Unterstützung. Wann starten die Bauarbeiten? Schmollinger: Dr. Gollnau absolvierte in der zweiten Novemberhälfte einen erneuten Arbeitseinsatz in unserer Station und hat dabei Verhandlungen mit den zuständigen Stellen geführt, um die Vorbereitungen zu treffen. 2019 wollen wir die Entbindungsstation auf jeden Fall in Angriff nehmen. Sie haben in der Gesundheitsstation bereits viele Projekte umgesetzt. Ist das endgültige Ziel, dass die Einheimischen die Station selbst betreiben können? Kloskowski: Auf lange Sicht müssen wir auf jeden Fall zur Selbsthilfe animieren und die Grundlage dafür schaffen, dass die Station noch in 30 Jahren besteht, wenn wir Trossinger das Projekt vielleicht nicht mehr begleiten. Die zehn Jahre, die wir uns in Uganda bereits engagieren, sind eine lange Zeit. Das Projekt zu starten, war relativ leicht. Mit der Zeit wird es aber immer schwieriger, Spender zu finden - auch wenn der Bedarf an Hilfe nicht kleiner geworden ist.