Glasfaser: Viele Bürger müssen länger warten
In etlichen Gemeinden ist der Ausbau wegen neuen Förderrichtlinien ins Stocken geraten
TUTTLINGEN - Um die schwierige Situation in Sachen Glasfaser-Ausbau ist es am Donnerstag im Kreistag gegangen. Da 2017 die Förderrichtlinien des Landes geändert wurden, bekommen etliche Kommunen derzeit keine zusätzlichen Gelder, um das Netz innerhalb ihrer Gemeinde auszubauen. Die Folge: Der innerörtliche Ausbau im Landkreis stockt.
Das eigentliche Ziel der Breitbandinitiative Landkreis Tuttlingen (BIT) war es, bis 2021 ein grundlegendes Überland-Netz an GlasfaserLeitungen aufzubauen, das die Kommunen innerorts weiterbauen sollten. 33 Prozent des geplanten Netzes sollte Ende 2018 realisiert sein.
Zum jetzigen Zeitpunkt sind erst 25 Prozent gebaut – was „angesichts der Umstände ein gutes Ergebnis“sei, wie Landrat Stefan Bär im Kreistag befand. Dennoch: Dass es innerhalb der Gemeinden derzeit nicht weitergeht, verärgert den Landkreis, die Breitbandinitiative und etliche Gemeinden gleichermaßen. Unter anderen Voraussetzungen gestartet Knackpunkt ist: Als sich die BIT im Jahr 2015 aus den Gemeinden des Landkreises gründete, waren die Voraussetzungen noch andere. Doch 2017 änderte das Land seine Förderrichtlinien, da sie nicht konform zu den geltenden EU-Förderrichtlinien waren. Seitdem gilt: Fördergelder für den Ausbau innerhalb eines Ortes gibt es nur noch dann, wenn der jeweilige Ort in Sachen schnelles Internet ein „weißer Fleck“auf der Landkarte ist – sprich sich kein anderer Anbieter in der Gemeinde tummelt, der eine Übertragungsrate von mindestens 30 Mbit/s anbietet. Ist jedoch ein weiterer Anbieter – in den Landkreis-Kommunen überwiegend Unitymedia – vertreten, der diesen Schwellenwert übertrifft, gilt die Kommune als „grauer Fleck“und hat derzeit keinen Anspruch auf Fördergelder.
Davon betroffen sind aktuell die Mehrheit der Landkreis-Kommunen. Die grünen Linien zeigen an, welche Glasfaser-Trassen im Landkreis bereits gelegt wurden Die rote Linien veranschaulichen, welche Trassen geplant, aber noch nicht gebaut sind. Einige Gemeinden – unter anderem Denkingen und Deilingen – hätten gerne im kommenden Jahr mit dem innerörtlichen Breitband-Ausbau begonnen, müssen diesen aber nun für mindestens ein weiteres Jahr aufschieben. Von einem Armutszeugnis sprach Albin Ragg, Kreisrat und Bürgermeister aus Deilingen, im Hin- blick auf das Richtlinien-Durcheinander zwischen der EU und dem Land Baden-Württemberg. Das Nachsehen hätten nun die Gemeinden, die sich auf einen Ausbau eingestellt hätten. Als „mehr als ärgerlich“bezeichnet auch Frank Baur, Vorstand der BIT, diesen Umstand.
Ab 2019 gibt es für interessierte Kommunen die Möglichkeit, über eine Bundes-Förderung an Geld zu kommen. Doch: Auch hier muss zunächst ein Antrag gestellt werden, der dann geprüft und bewilligt werden muss. Und das braucht Zeit, weiß Baur. Voraussichtlich erst 2020 wird es beim innerörtlichen Ausbau weitergehen. Sorgen bereiten vor allem auch die Mitbewerber, von denen man nie wisse, wann und wo sie plötzlich aktiv werden würden.
Derweil treibt die BIT den Ausbau des Überland-Netzes schon einmal voran. Backbone-Maßnahmen werden derzeit in Aldingen, Frittlingen, Gosheim, Dürbheim und RietheimWeilheim vorbereitet. Während die südliche Ost-West-Trasse samt der Anbindung Geisingens zeitnah abgeschlossen werden soll, wird die nördliche Ost-West-Trasse zwischen Aldingen, Frittlingen, Gosheim und Bubsheim jedoch um ein Jahr verschoben. Auch in den Gemeinden Denkingen, Wehingen, Deilingen und Böttingen wird sich vor-erst noch nichts tun.
Andere Maßnahmen fanden bereits statt – so unter anderem bei Hattingen und auf der Strecke Liptingen Richtung Neuhausen bis nach Fridingen/Bergsteig. Man sei überzeugt davon, dass die Technologie Glasfaser die richtige und zukunftsweisende sei, hieß es im Kreistag erneut.