Furioser Abend mit Lisa Fitz
Schwer politisch geht es mit der bayerischen Kabarettistin in der Angerhalle zu
TUTTLINGEN-MÖHRINGEN Schlag auf Schlag kommen die Pointen mit Witz, Ironie, Schärfe und bayerischem Mundwerk: Lisa Fitz trat am Samstagabend mit ihrem Programm „Flüsterwitz“in der Möhringer Angerhalle auf. Es war ein furioser Abend mit der politischen Kabarettistin, das Publikum in der vollbesetzten Angerhalle dankte ihr mit stürmischem Applaus.
Die Kabarettistin regt das Publikum zum Denken an, furchtlos, streitbar und mit klarer Aussage. Sie singt und spielt Gitarre, rockt über die Bühne. Fitz wehrt sich gegen Volksverdummung, naive Gutgläubigkeit und Denkklischees. Die Wahl-Niederbayerin kommt im schicken Outfit in Schwarz-weiß auf die Bühne – diese ist mit einer Friedenstaube im Großformat und einem Kämpfer mit Maschinenpistole dekoriert. „Ich bin total fit“, erklärt sie, „früher hat es eher untenrum geglüht, jetzt glüht es oben. Bei mir im Kopf geht es zu wie auf einem Marktplatz in Djibouti.“ „Freie Rede, solange es noch geht“Der Flüsterwitz sei ein politischer Witz, den man sich erzähle, wenn man mit einem autoritären System hadere. Doch in der Demokratie säßen die Komiker in der Regierung. Sie plädiert für „freie Rede, solange es noch geht“und mokiert sich über Parteien und ihre Vertreter, die sich gegenseitig ausbremsen. „Diese Politik macht mir Angst“, bekennt die 67jährige Powerfrau. Doch man müsse Mut beweisen, sich den Ängsten stellen. Es gebe zum Beispiel 650 gelistete Phobien bei Frauen – Fitz machte Mut mit einem Lied.
Weiter ließ sie sich aus über Fremdenfeindlichkeit – diesen Schuh ziehe sie sich nicht an – und Frauenrechte. „Doch wir Frauen sind mutiger geworden, bekommen aber immer noch weniger Lohn“, meinte sie. Lisa Fitz hatte auch die allgemeine Volksverdummung im Visier, wetterte gegen Lügen und Betrug, gegen populistische Verschwörungstheorien und gegen Digitalisierung, schimpfte über Twitter-Orgien und Finanzakrobatik. Und nach der Pause – im roten Vampir-Mantel – auch über den großen Fernsehkonsum: „Wir sollen vorsätzlich mit Trivial gefüttert werden.“
Mit pointierter Schärfe appellierte sie dafür, mit Denken und Bildung dagegenzuhalten: „Das Gehirn ist keine Seife, es wird nicht weniger, wenn man es benutzt. Denken hilft.“Es brodle überall im Volk, zum Beispiel in Frankreich mit den Gelbwesten. Doch in Deutschland scheitere wahrscheinlich eine Revolution, weil das Betreten des Rasens verboten sei, konstatierte sie und setzte sich ein Revoluzzer-Käppi auf. Maulen nur im Online-Netzwerk Bei den meisten werde nur „im Netzwerk, wo das Leben tobt“gemault. Populismus erklärt sie auf ihre Art: „So labern, dass das Volk es versteht.“Dazwischen spielt sie auf der Gitarre und singt ein Heimatlied über Bayern: Nest oder Provinzgrauen?
„Die Welt ist im Alarmzustand, die Menschheit hat ein so großes Wissen, aber es reicht offenbar nicht aus“, ist ihr Schlussplädoyer. Doch eine positive kleine Aussicht hatte Lisa Fitz noch parat: mit der hawaiianischen Lebensphilosophie: Verletze keinen Menschen, weder in Worten, Gedanken oder Taten.
Und am Ende singt sie mit ihren Gästen: „Die Gedanken sind frei.“Ein komödiantisches Schmankerl kam noch als Zugabe. Sie sang ein Lied ihres Vaters, des Strauß-Imitators Walter Fitz, und stampfte als Kamel durch die Wüste – ein höchst vergnüglicher Abschluss des furiosen Kabarett-Abends.