Die CSU füllt den Weichspüler auf
Bei der Klausur im Kloster Seeon wird der Ruf nach neuer Geschlossenheit laut
SEEON - Unbelastet und frisch will die CSU in das neue Jahr starten. Alte Gräben sollen überwunden, neue Themen gesetzt werden. „Wir wollen dieses Jahr einfach besser machen. Es bringt nichts, andauernd zu streiten“, sagt Markus Söder. Man müsse sympathischer werden. Im „positiven Miteinander“wolle man 2019 gestalten, versichert deshalb der neue bayerische Ministerpräsident, der aller Voraussicht nach in zwei Wochen auch zum neuen Parteichef gewählt werden wird – und dann maßgeblich Einfluss auf das Miteinander in der Großen Koalition hat.
Scherzend steht Söder zum Auftakt der Klausur in der schneegepuderten Auffahrt zum Kloster Seeon neben Landesgruppenchef Alexander Dobrindt. „So optimistisch wie Alexander und ich, neue Frisur, neuer Schwung“, wolle man ins Jahr starten, sagt Söder, wobei Dobrindt erschrocken seine sehr kurz geschnittenen Haare zum „Unfall“erklärt.
Frisur hin oder her – im zurückliegenden Jahr hat die CSU bei der Landtagswahl in Bayern kräftig Federn lassen müssen. Der Dauerstreit von Bundesinnenminister und Noch-CSU-Chef Horst Seehofer mitBundeskanzlerin Angela Merkel, der im vergangenen Sommer bis an den Rand der Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CDU führte, hat die Wähler verschreckt. An der Eskalation der Auseinandersetzungen mit der CDU war auch Landesgruppenchef Alexander Dobrindt nicht unbeteiligt. Und manche, die ihn damals noch als möglichen neuen CSU-Parteichef sahen, halten Dobrindt jetzt für geschwächt. Seitenhieb auf Seehofer Jetzt hat auch er die Konsequenzen gezogen, er will die Große Koalition zum Erfolg führen und erinnert an große Stunden der deutschen Nachkriegsgeschichte, von der Wiedereinführung der Wehrpflicht bis zur Wiedervereinigung, wo die Volksparteien immer mit den Chancen die Menschen überzeugt hätten. Von Chancen redet der Landesgruppenchef überhaupt gerne. Auch Markus Söder beschwört einen neuen Politikstil. „Streit lähmt, Streit langweilt, Streit nervt“, sagt er . Deshalb müsse es um souveränes Regieren gehen. Man brauche keine neuen Grundsatzdiskussionen über Asyl, sondern die produktive Umsetzung der Gesetze. „Die Bürger sind Theoriedebatten leid.“Das hört sich ein bisschen an wie Schelte für Horst Seehofer, der ein über das andere Mal in der Flüchtlingsfrage den offenen Streit mit Merkel gesucht hat.
Doch auch Seehofer hat den Weichspüler aufgefüllt. Schließlich ist es für ihn ein ganz besonderer Besuch: Er ist zum 39. Mal bei der Klausur der Landesgruppe. 36-mal fand sie in Kreuth statt, bevor zu hohe Pachtforderungen die CSU von dort vertrieben. Jetzt seht man vor der fast ebenso malerischen Kulisse des Klosters Seeon. „Es ist ein ganz besondere Moment“, sagt Seehofer, denn dies dürfte auch sein letzter Auftritt als Parteichef in der Landesgruppe sein. In diesem Moment läutet die kleine Glocke der Kapelle. Auch Horst Seehofer wünscht sich mehr Geschlossenheit der Union. „Der Auftritt von Annegret Kramp-Karrenbauer in Seeon ist gut, das ist keine Selbstverständlichkeit“, sagt Seehofer. Die neue CDUChefin unterbricht ihren Winterurlaub und kommt sogar für zwei Tage nach Seeon, was in der CSU als gutes Zeichen gesehen wird.
Aber ein bisschen muss Seehofer seine Flüchtlingspolitik doch noch auf den Tisch bringen. „Geschlossenheit ist gut, aber Entschlossenheit gehört dazu“, meint der Innenminister, er habe seit Monaten gefordert, die Abschiebungen effektiver zu gestalten und er werde noch im Januar dazu Lösungen präsentieren. „Die Bevölkerung erwartet, dass wir unseren Job machen.“
Dazu will die Landesgruppe jetzt die Grundlagen schaffen. Aber natürlich auch für eigene Akzente sorgen. Kann man das eigene Profil schärfen, ohne neuen Streit zu riskieren? „Politik ist immer ein Kunstwerk“, antwortet Seehofer.