Alles ganz easy und entspannt
Der Roadtrip von San Diego über Greater Palm Springs nach Las Vegas führt von den Beach Boys zu Giraffen
G emütlich dösen die Seelöwendamen auf den von der Sonne aufgewärmten Felsen und lassen sich von den Massen an fotografierenden Touristen nicht aus der Ruhe bringen. Plötzlich aber richtet sich einer der massiven Körper auf. Die Seelöwin beginnt laut zu schimpfen, weil sich ein junges Menschenpärchen viel zu nahe an die Kolonie gewagt hat. Doch kaum haben sich die Zweibeiner wieder zurückgezogen, entspannt sich das Tier und gibt sich erneut seinem Mittagsschläfchen hin.
Diese Szene kann sinnbildlich für den entspannten kalifornischen Lebensstil stehen, den man überall an der Westküste der USA spürt. Sonne, Meer, Strand – tatsächlich findet sich nirgendwo im Golden State ein derart lockeres, offenes und tolerantes Lebensgefühl wie in San Diego. Schon die Beach Boys haben das in ihren Surfersongs beschrieben – und jeder, der durch den Geburtsort Kaliforniens flaniert oder an einem seiner herrlichen Strände liegt, spürt diese liberale Unbefangenheit. Abstecher in die Vergangenheit 1542 von Juan Rodríguez Cabrillo als San Miguel gegründet, wurde die Stelle 1602 von Sebastiàn Vizcaíno umbenannt in San Diego de Alcalà. Doch erst 1769 gründeten die Spanier dort ein Fort sowie die Mission San Diego de Alcalà. Heute kann man die historische Stätte in einem fünf Hektar großen State Park besuchen. Das nahe Mexiko, von US-Präsident Donald Trump gern hinter eine hohe Mauer verbannt, lässt grüßen: Zahlreiche farbenfrohe mexikanische Geschäfte und Restaurants wie das bekannte Café Coyote mit seinen riesigen Margaritas lohnen einen Besuch in Oldtown genauso wie die mit Lehmziegeln errichteten Häuser aus dieser Zeit. Ebenso eindrucksvoll sind die Gebäude im sogenannten Colonial Revival Style im bemerkenswerten Balboa Park. In dem größten Kulturpark der USA befinden sich fünf Theater, 17 Museen rund um Kunst, Wissenschaft, Technik und Geschichte, ein bildschöner botanischer Garten und der weltberühmte San Diego Zoo, der zu den besten Tiergärten der Welt zählt.
Doch die mit mehr als 1,4 Millionen Einwohnern zweitgrößte Stadt Kaliforniens besticht vor allem mit ihrer langen Küste und den traumhaften Sandstränden, wie Pacific Beach, Mission Beach oder La Jolla, an denen sich neben Wassersportler eben auch Seelöwen und Robben tummeln. Über 300 Sonnentage im Jahr sorgen zudem dafür, dass die Einwohner von San Diego ihre Freizeit quasi nur im Freien und am, im sowie auf dem Wasser verbringen.
Wem San Diego doch ein wenig zu kühl ist, sollte einen Abstecher in die Hitze von Greater Palm Springs wagen. Gerade einmal zwei Autostunden entfernt, erwarten die Besucher nicht nur die skurrile Landschaft der Sonora-Wüste, sondern auch architektonische Highlights. Seit den 1920er-Jahren wurden nämlich mitten in der Wüste moderne Wohnund Gewerbegebäude im Stil der Mid-Century-Modern-Architektur errichtet. Etwas nostalgische Wehmut kommt auf, wenn man über die in den Boden eingelassenen Sterne auf dem Boulevard flaniert, war Palm Springs doch in den 1950er-Jahren ein beliebter Zufluchtsort für Hollywoodstars. Doch der Glanz der früheren Jahre scheint verblasst, an vielen Stellen gar verwittert. Mittlerweile erfreut sich die Region neuer Beliebtheit als Erholungsort im Winter. Womöglich, weil es in Palm Springs noch keine Wolkenkratzer geschweige den riesige Einkaufszentren gibt. Vielleicht hat dazu auch das berühmt gewordenen CoachellaMusikfestival beigetragen, das mittlerweile Hunderttausende Fans jährlich besuchen. Oase an der San-Andreas-Spalte Eingerahmt von der kalifornischen Wüste, an drei Seiten geschützt von Gebirgszügen, ist Greater Palm Springs mit seinen unzähligen Palmen – nomen est omen – eine riesige Oase. Am nördlichen Ende verläuft die berüchtigte San-Andreas-Spalte, in deren Bereich sich im Laufe der Zeit die berühmten Thermalquellen gebildet haben. Bei Jeep-Exkursionen in diese heiße Region erklären Guides nicht nur die besondere Geografie und Geologie der Verwerfung, man erfährt auch jede Menge über die Cahuilla-Indianer, deren Vorfahren diese Region besiedelt hatten. Noch heute besitzen sie einen Großteil des Landes, was sie zu einem der reichsten Stämme Amerikas macht.
Ein Blick auf Greater Palm Springs lohnt sich auch vom Mount San Jacinto aus. In nur 20 Minuten fährt man mit der Palm Springs Aerial Tramway, einer Seilbahn mit rotierenden Gondeln auf 2640 Meter hoch und hat einen unvergleichlichen Blick auf Tal und Gebirge. Ungewöhnliche, gar unerwartete Panoramen bietet auch „The Living Desert“. Der Natur- und Tierpark will auf 485 Hektarn das Wüstenleben mit Fauna und Flora veranschaulichen. Daher wandern zur Verblüffung der Besucher Giraffen, Strauße und Kudus vor einer Bergkette in der Sonora-Wüste, gibt es Leoparden, Hyänen, Zebras, Geparden, aber auch Gazellen und Meerkatzen in nahezu freier Wildbahn zu sehen.
Das Kontrastprogramm dazu bietet Las Vegas. Wer das erste Mal auf dem berühmten „Strip“, steht, kommt kaum aus dem Staunen heraus. Prachtvoll liegen die Hotels mit den klangvollen Namen an dem Boulevard: „Caesars Palace“, „Bellagio“, „Venetian“, „ Treasure Island“, „Luxor“, „Mandalay Bay“und andere locken jedes Jahr 40 Millionen Touristen in die Stadt – und an die Spieltische. Cocktail in der Teetasse Dabei will die Stadt sich von dem Image der Sin City (Stadt der Sünde) mit ihren Casinos, Nacktbars und illegaler Prostitution lösen und den Mythos Las Vegas hinter Museumsmauern verbannen. Über die wechselvolle Geschichte der Sin City informiert das „Mob Museum“, das recht authentisch die Geschichte der organisierten Kriminalität in den Vereinigten Staaten und deren Strafverfolgung erzählt. Wer mag, bekommt dort im Geheimzimmer in der Bar seinen Cocktail stilecht in einer Teetasse oder versteckt in einem Buch serviert. Ein wenig Melancholie kommt auch beim Besuch des Neon-Museums auf, liegen hier doch die Leuchtreklamen der alten Kasinos, von denen viele heute nicht mehr existieren. Doch die Museumsverantwortlichen hauchen diesen mit einer reizenden Lichtershow am Ende der Führung noch einmal neues Leben ein. und Die Recherche wurde unterstützt von der Fluglinie Edelweiss, die von Mai bis Oktober immer montags und freitags ab Zürich nach San Diego fliegt, den Städten San Diego, Greater Palm Springs und Las Vegas.