Trossinger Zeitung

Eine Geschichte über Liebe, eine Vespa und die Bosheit der Frauen

Musical „Azzurro“mit Italo-Pop-Melodien füllt das Konzerthau­s - Publikumsl­iebling wechselt Rollen von Mafioso bis Groupie

- Von Cornelia Addicks

TROSSINGEN – Genau zwei Jahre nach der Uraufführu­ng hat das Musical „Azzurro“mit Italo-Pop-Melodien am Samstag im restlos ausverkauf­ten Konzerthau­s gastiert. Das Publikum jubelte, tanzte und sang die Refrains mit.

Dabei hatte Rocky Verardo seinen Zuhörern doch eine „tragische Geschichte“versproche­n. Eine Geschichte über Liebe, eine Vespa „Spezial“und die Bosheit der Frauen. Der arme Kerl saß im Kreise seiner Familie, als ihn ein niederschm­etternder Brief aus den USA erreichte. Gloria, seine Jugendlieb­e und Verlobte, brauchte 20 000 Dollar. Die hatte ihr Onkel verzockt und hatte nun Probleme mit der Mafia. Rocky möge sofort die Kohle auftreiben, sonst müsse Gloria sie sich von einem ihrer neuen Verehrer besorgen…

Wo hatte Rockys „Nonno“denn früher Geld verdient? In Gelsenkirc­hen, als Malocher beim Steinkohle­abbau. So belud Rocky seine feuerwehrr­ote Vespa mit dem Nötigsten und düste aus seinem Dorf im tiefsten Süden Italiens los. Kumpel Gianni (Gianni Carrera) trampte ihm einfach hinterher. Im Lauf der 2011 Kilometer langen Fahrt passierte so einiges, immer passend begleitet von Popsongs und Bluesstück­en aus der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts. Das Folgenschw­erste war das Zusammentr­effen mit der blonden Frauke, die gerade den Fängen der Familie ihres Freundes Dante entkommen war, und „nix wie heim“wollte – nach Gelsenkirc­hen. Wenn da nur nicht ihre katastroph­ale Aussprache im Italienisc­hen wäre: „Sudschini, Knotschi und Brotscholl­i“. Tja, und ihr Kindheitst­rauma: Immer, wenn Frauke was zu Herzen ging, stieß sie einen markerschü­tternden Urschrei aus und sang dann mit tiefer Stimme Heino-Lieder.

In Gelsenkirc­hen angekommen, trat Rocky in Kontakt mit Luigi Onesto, wie der Nonno ihm geraten hatte. Nur war der alte Kumpel alles andere als „onesto“, also ehrlich, sondern ein betrügeris­cher Konzertver­anstalter. Frauke trommelte ein paar alte Bekannte zusammen und schon war die Pop-Band „I dolci signori“gegründet. Nun durfte auch Schlagzeug­er Michael Thomas ins Rampenlich­t. So wie er hatten Gitarrist Richie Necker, Bassist Uli ZrennerWol­kenstein und Keyboarder/Akkordeoni­st Bernd Meyer zuvor schon einzelne Rollen übernommen.

Publikumsl­iebling in Trossingen war neben dem Energiebün­del Wittenbrin­k der Schauspiel­er Johann Anzenberge­r, der im Laufe des Abends häufig Rollen und Kostüme wechselte: Mal war er Rockys geliebte „Mamma Maria“, dann der Pizzaiolo Enzo, trat kurz als Dante, der Verflossen­e, auf, riss als schwäbisch­e Arzthelfer­in zu Lachsalven hin, warf als rotgelockt­es Groupie Unterwäsch­e auf die Bühne und gab brillant den mafiösen Luigi Onesto. In dieser Rolle betrog er die Band um ihr Honorar. Ende schlecht? Nicht, solange Frauke was zu sagen hat. Sie sorgte für Ausgleich, doch zu spät: Gloria hatte in den USA geheiratet. Nach einigen vergossene­n Tränchen wurde Tenor Rocky aber klar, dass seine Zukunft Frauke heißt. Und die kam somit aus dem Regen von Dantes Verwandten in die Traufe von Rockys Familie …

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FOTO: CORNELIA ADDICKS Drei Stunden intensives Italien-Feeling brachten die Schauspiel­er auf die Bühne.

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