Oscars der Superlative
Was man über die diesjährige Verleihung der wichtigsten Filmtrophäe wissen sollte
LOS ANGELES (dpa) - Die Oscars werden in der Nacht zum Montag zum 91. Mal verliehen. Dabei könnte es einige Rekorde und längst überfällige Gewinner geben. Ein Überblick.
Dauerkandidatin: Hollywoodlegende Glenn Close (71) könnte im siebten Anlauf mit ihrer Hauptrolle in „Die Frau des Nobelpreisträgers“ihren ersten Oscar holen. Darin spielt sie die geduldige Ehefrau eines Schriftstellers, die sich nach Jahren gegen den egoistischen Mann auflehnt. Seit ihrer ersten Nominierung für „Garp und wie er die Welt sah“von 1982 war sie sechsmal leer ausgegangen. Bei einer weiteren Niederlage wäre sie Hollywoods Schauspielerin mit der größten Pechsträhne und würde Deborah Kerr und Thelma Ritter, die je sechs Oscar-Schlappen einsteckten, überbieten.
Mit Extrakilos ins Rennen: Mehrere Schauspieler haben für ihre Oscar-nominierten Rollen kräftig angespeckt. Die Britin Olivia Colman (45) nahm für ihren Königinnen-Part in „The Favourite – Intrigen und Irrsinn“gut 15 Kilo zu. Es sei ein Vergnügen gewesen, während der Dreharbeiten ständig zu essen, witzelte sie. Der dänisch-amerikanische Schauspieler Viggo Mortensen (60) legte als italienischstämmiger Chauffeur in „Green Book – Eine besondere Freundschaft“etwa 20 Kilo zu. Ebenso viele Kilos aß sich Christian Bale für die Politsatire „Vice – Der zweite Mann“an – der 45-Jährige ist als Ex-US-Vizepräsident Dick Cheney kaum wiederzuerkennen.
Chaos im Vorfeld: Selten zuvor gab es vor der Oscar-Gala solch ein Durcheinander bei der Organisation. Zuerst sprang US-Komiker Kevin Hart nach einer Kontroverse um frühere schwulenfeindliche Bemerkungen als geplanter Moderator der Show ab. Wochen später wurde bekannt, dass es in diesem Jahr gar keinen festen Moderator, sondern nur einzelne Präsentatoren auf der Bühne geben wird – eine Oscar-Show ohne Gastgeber gab es zuletzt vor 30 Jahren. Als wäre dieses Hin und Her nicht genug, kam noch Wirbel um die Vergabe einzelner Preise hinzu: Erst wurde angekündigt, man wolle einige Awards in den Werbepausen verleihen, um so Zeit zu sparen. Das aber führte zu so massiven Protesten, dass die Organisatoren kürzlich einen Rückzieher machten. Nun sollen die Preise in allen 24 Sparten während der Liveübertragung ausgehändigt werden.
Chancen für Minderheiten: Spike Lee (61) ist mit „BlacKkKlansman“für die beste Regie nominiert – er ist der erst sechste schwarze Regisseur der Oscar-Geschichte, der in dieser Kategorie überhaupt nominiert wurde. Wenn er gewinnen sollte, wäre er sogar der erste schwarze Filmemacher mit dieser Trophäe. Mit dem Marvel-Blockbuster „Black Panther“brachte es zum ersten Mal eine Comicbuch-Verfilmung zu einer Nominierung in der Spitzenkategorie Bester Film. Mit einem Einspielergebnis von 1,35 Milliarden Euro war „Black Panther“extrem erfolgreich und wurde von vielen Schwarzen in aller Welt gefeiert. Auch die Nominierung von Yalitza Aparicio ist ein kleiner Meilenstein: Die 25-Jährige, die in Alfonso Cuaróns „Roma“eine Hausangestellte verkörpert, ist als erste indigene Schauspielerin aus Mexiko für einen Oscar der besten Hauptdarstellerin nominiert.
Keine Frauen hinter der Kamera: Wirklich neu ist dieser Fakt nicht und trotzdem stieß er Kritikern bereits negativ auf: In der Kategorie für die beste Regie ist keine einzige Frau nominiert – mal wieder. Im vergangenen Jahr hatte es dagegen Greta Gerwig mit ihrer zweiten Regiearbeit „Lady Bird“unter die Nominierten geschafft. Sie gewann aber nicht; bisher ist Kathryn Bigelow die einzige Frau, die je als Regisseurin ausgezeichnet wurde (2010 für „Tödliches Kommando – The Hurt Locker“).
„Roma“auf Rekordkurs: In „Roma“erzählt Oscar-Preisträger Alfonso Cuarón (57, „Gravity“) die sehr persönliche Geschichte einer Familie und ihrer Hausmädchen im Mexiko der 1970er-Jahre. Der Film hat zehn Oscar-Chancen, alleine Cuarón könnte mehrere Trophäen abräumen. Mit Warren Beatty und den Coen-Brüdern gehört der Mexikaner zu einer kleinen Elitegruppe der OscarGeschichte mit vier persönlichen Gewinnchancen in einem Jahr. Es wäre auch ein Novum, wenn „Roma“den Preis als bester Film und zugleich den Auslands-Oscar holt. Netflix kann bereits jubeln: Mit „Roma“hat der Streamingdienst erstmals eine Eigenproduktion in der Top-Sparte Bester Film platziert. Streamingdienste wie Netflix produzieren immer mehr eigene Filme. Die Kinobetreiber fürchten um ihre Geschäfte, weil diese Produktionen oft nicht oder nur kurz ins Kino kommen. Größere US-Kinoketten weigerten sich, „Roma“zu zeigen, denn Netflix erlaubte nur wenige Wochen Laufzeit, bevor der Film als Stream ins Netz wanderte.