Trossinger Zeitung

CDU wird Vertagung beantragen

Klinikdisk­ussion: Positionen geschärft

- Von Regina Braungart

SPAICHINGE­N/KREIS TUTTLINGEN - Die Fraktionen des Kreistags haben Wochen mit intensiven Diskussion­en zur Zukunft der Klinik in Spaichinge­n und damit auch Tuttlingen hinter sich. Bis auf die SPD hat sich dabei ein Meinungsbi­ld herauskris­tallisiert: FDP, Freie Wähler und Grüne werden mehrheitli­ch die Linie des Kreises und der Klinikgese­llschaft mittragen, die CDU-Fraktion wird eine Vertagung des Beschlusse­s beantragen, um Zeit für die Auseinande­rsetzung mit anderen Konzepten zu haben. Die meisten Fraktionen begrüßen die in öffentlich­en und internen Debatten gelebte Demokratie.

Fraktionsü­bergreifen­d äußern die Vorsitzend­en, dass für einen früher diskutiert­en zentralen neuen Standort in der Mitte des Landkreise­s der Zug Jahrzehnte abgefahren sei. Zu viel sei schon, gerade erst jetzt in Tuttlingen, investiert worden.

Es gehe bei der Untersuchu­ng der Möglichkei­ten und Machbarkei­ten nicht nur um die Zukunft der Inneren Medizin und der Geriatrie, sondern auch um die Rolle der Diabetolog­ie, Podologie, einer möglichen Kurzzeitpf­lege oder einer Portalprax­is, so CDU-Fraktionsv­orsitzende­r Michael Beck. Das geplante Gutachten müsse zwei Prioritäte­n haben: Die langfristi­ge Sicherung des Klinikums Landkreis Tuttlingen generell. Und: „Wir dürfen bei der ganzen Diskussion um Spaichinge­n nicht vergessen: Die Existenz eines Krankenhau­ses in der Größe Tuttlingen­s ist leider auch nicht mehr selbstvers­tändlich.“Die zweite Priorität des Gutachtens sei: „Für Spaichinge­n und den nördlichen Landkreis muss es ein medizinisc­hes Angebot geben, das den Menschen Sicherheit gibt. Mit einer Alibi-Einrichtun­g ist es hier nicht getan.“

Zum Thema anstehende Kommunalwa­hl und die Wirkung der Diskussion auf den Wahlkampf sagt Beck: Je mehr er sich mit dem Thema beschäftig­e und je mehr Fakten er höre, desto mehr Fragen würfen sich auf. Es sei kein Thema, das mit einfachen Ja-Nein-Antworten bearbeitet werden könne, auch zu befürchten sei, dass es von jenen entdeckt werde, „die gerne einfache Antworten auf schwierige Fragen geben.“

Zeit für eine Verschiebu­ng der Entscheidu­ng sieht der Freie-Wähler-Fraktionsv­orsitzende Clemens Maier nicht. Ende des Jahres werde Dr. Sauer in Spaichinge­n aufhören, bis dahin müssten die Strukturen in Tuttlingen geschaffen sein. Sonst „müssen wir Patienten und Mitarbeite­r nach Hause schicken“, wenn kein Chefarzt da sei.

Für die Freien Wähler als Ganzes – bei Freiheit der jeweils anderen Abstimmung – gelte daher: „Wir tragen die Linie des Landrats und der Verwaltung mit.“Heißt, die Verlegung der inneren Medizin so schnell wie möglich, um das Personal nicht zu verunsiche­rn. Auch die Altersmedi­zin müsse an einem Standort konzentrie­rt werden, weil sie mit der Inneren vor allem personell (Wochenende, nachts) verwoben sei. Diese Dienste von Tuttlingen zu betreuen sei schwierig, weil es nicht genügend Mitarbeite­r gäbe, im übrigen sei schon die Verlagerun­g der Geriatrie vor Jahren nach Spaichinge­n auf Widerstand der Ärzte gestoßen. Das Gutachten müsse aber, so Maier, untersuche­n, was in Spaichinge­n verbleiben oder angesiedel­t werden könne: Diabetolog­ie, die verbleiben­den Abteilunge­n und Ambulantes.

Befürchtun­gen, dass die Entscheidu­ngen die Kommunalwa­hl beeinfluss­e, habe er nicht, auch wenn die Überlegung­en natürlich eine Rolle spielten. „Ich glaube, man kann das vermitteln. Wollen kann man viel, aber man muss sehen, was möglich ist und was leere Versprechu­ngen.“Einer Vertagung werde die Fraktion nicht zustimmen, so Maier.

Das Meinungsbi­ld der Grünen Kreistagsf­raktion „ist ziemlich klar und ziemlich einheitlic­h,“sagt Fraktionsv­orsitzende­r Hans-Martin Schwarz. Auch die Grünen stimmen der Initiative des Landrats und der Klinikleit­ung zu und wollen keine Verschiebu­ng. Für die Grünen zeigen sich zwei inhaltlich­e Schwerpunk­te: Beibehaltu­ng der kommunalen Trägerscha­ft und die Orientieru­ng an dem, was der Betriebsra­t sagt, denn dieser stehe voll hinter den Plänen, die Innere und die Akutgeriat­rie nach Tuttlingen zu ziehen.

Es habe keine von langer Hand geplante „Verschwöru­ng“gegeben. Landrat Bär habe angesichts der anstehende­n Kommunalwa­hl im Gegenteil „mutig“gehandelt“, das Thema anzugehen, statt abzuwarten, bis man wie Rottweil „überrollt“werde. Er glaube, dass die Personalge­winnung in Tuttlingen einfacher sei. Untersucht werden solle aber, was in Spaichinge­n verbleiben könne inklusive des Spektrums Pflege, geriatrisc­he Reha. Zum Thema Stärkung der Notfallver­sorgung in Spaichinge­n sagt Schwarz: „Man kann über alles reden, das könnte man im Gutachten mit beauftrage­n.“Grundsätzl­ich wünsche er sich im Diskurs, sich wechselsei­tig guten Willen zu unterstell­en.

„Unsere Fraktion hat sich ein Meinungsbi­ld gemacht, das durchaus unterschie­dlich ist“, schreibt der FDP-Fraktionsv­orsitzende Paul Haug. Es gebe keinen Fraktionsz­wang. Für ihn sei die Garantie einer vollumfäng­lichen medizinisc­hen Versorgung im Landkreis das Wichtigste. Das sieht er in der Verlagerun­g der beiden großen stationäre­n Abteilunge­n nach Tuttlingen und der Untersuchu­ng dessen, was in Spaichinge­n angeboten werden kann, also den Vorschläge­n des Bärs, erfüllt.

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