Blazer in Signalfarbe
Wie CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Treffen mit Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckhardt Symbolpolitik macht
BERLIN (dpa) - Mehr Symbolik geht kaum. CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer kommt im grünen Blazer mit schwarzer Hose zum Doppelinterview mit der GrünenFraktionschefin Katrin Göring-Eckardt. Die Grüne trägt einen gelben Blazer. AKK und KGE, so werden die beiden Frauen mit ihrem Doppelnamen intern kurz genannt, begrüßen sich laut „Bild am Sonntag“herzlich, „duzen sich, stellen vertraut lächelnd fest, wie gut ihre Blazerfarben harmonieren“. „Ein modisches Jamaika-Statement“? Nee, sagt AKK, „reiner Zufall“.
SPD-Partei- und -Fraktionschefin Andrea Nahles und Parteivize Olaf Scholz dürfte dieser Auftritt nicht entgangen sein. Die CDU-Chefin erwähnt während des einstündigen Gesprächs kein einziges Mal den Koalitionspartner SPD. Und als wolle sie noch eins draufsetzen, hält sie fest: „Wir leben in einer Zeit, wo es keine natürlichen Koalitionspartner mehr gibt. Da müssen wir gesprächsfähig sein.“ Wichtige Wahlen stehen an Die Profilierungsversuche von Sozialdemokraten und Union vor den wichtigen Wahlen in diesem Jahr in Europa, in Bremen und im Osten – in Brandenburg, Thüringen und Sachsen – zehren an den Nerven. Das Streitpotenzial nimmt zu. Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) will ein Klimaschutzgesetz, das vor allem Kabinettskollegen der Union unter Zugzwang setzt: Verkehr, Wirtschaft und Energie, Landwirtschaft sowie Bau.
Die Union verlangt inzwischen einen vollständigen Abbau des Solidaritätszuschlages, obwohl sie das unter CDU-Chefin Angela Merkel in den Jamaika-Sondierungen mit FDP und Grünen noch abgelehnt hat. Finanzminister Scholz beharrt auf dem Koalitionsvertrag: Nur 90 Prozent der Solizahler sollen entlastet werden. Und Scholz bemüht den Millionär: „Wieso soll jemand, der eine Million im Jahr verdient, mehr als 20 000 Euro sparen? Es geht um eine Frage der Gerechtigkeit.“Die SPD wiederum will auf die Bedürftigkeitsprüfung bei der Grundrente verzichten, obwohl diese im Koalitionsvertrag vereinbart ist.
Die Bürger begrüßen offenbar die wachsende Unterscheidbarkeit von Union und SPD, doch das bringt beiden in den Umfragen kaum Stimmengewinne. Vor allem die SPD macht dies nervös. Die SPD-Linke will aus der ungeliebten Großen Koalition raus. SPD-Vize Ralf Stegner sah mit dem Linksruck seiner Partei schon wieder mehr Chancen für ein rot-rot-grünes Bündnis auf Bundesebene. Doch die Umfragen geben das überhaupt nicht her.
In dem Doppelinterview der „BamS“hebt Göring-Eckardt hervor: „Hier am Tisch sitzen zwei Parteien, die gerne regieren wollen. Das will die SPD zurzeit offenkundig nicht mehr.“Nach jüngsten Umfragen wäre dies tatsächlich möglich. Im ZDF„Politbarometer“kamen Union und Grüne Ende vergangener Woche auf 31 und 20 Prozent. Und selbst nach dem ARD-„Deutschlandtrend“könnte es mit 30 Prozent für die Union und 18 Prozent für die Grünen reichen, je nachdem, mit wie viel Stimmanteilen andere Parteien in den Bundestag einzögen.
Mit einer Neuauflage von Jamaika könnte es derzeit auf jeden Fall reichen. Kramp-Karrenbauer traf sich jüngst denn auch mit FDP-Chef Christian Lindner. Das kann man als den üblichen Kontakt abtun, das könnte aber auch ein weiteres Zeichen sein.