Freiburgs großer Schritt
Nach höchstem Saisonsieg des SC herrscht im Breisgau Entspannung – FCA geschockt
FREIBURG (dpa/SID) - Stefan Reuter wollte den Ort des Grauens eigentlich so schnell wie möglich verlassen, die Jobgarantie für den Trainer stellte er im Gehen aber noch rasch aus. „Nein, das ist überhaupt nicht unser Thema“, antwortete der Manager des FC Augsburg nach der höchsten Saisonniederlage auf die Frage, ob er an eine Trennung von Manuel Baum denke: „Wir müssen uns natürlich Gedanken machen – aber das machen wir gemeinsam.“
Sollte Reuter in den Tagen nach dem 1:5 (0:3) beim SC Freiburg tatsächlich zu dieser Aussage stehen, kann sich Baum glücklich schätzen. Schließlich hatte der Auftritt seiner Schützlinge lange Zeit nichts mit Bundesliga-Fußball zu tun. Vor allem die erste Hälfte war desolat.
Beim Gegner aus Freiburg wurde der Glücksmoment nach dem höchsten Bundesliga-Sieg dagegen aus mehrfacher Hinsicht genossen. „Ich denke, ich träume nicht“, sagte SCTrainer Christian Streich angesichts von neun Punkten Vorsprung auf den Tabellen-15. FCA. Der Relegationsrang ist sogar noch weiter entfernt. „Ich denke immer, wenn der Abstand nach hinten gut ist, ist alles gut hier und wenn man dann noch so toll Fußball spielt und den Leuten so viel Freude macht, dann ist das ein besonderer Tag.“
Seit mehr als sieben Jahren ist Streich nun im Amt. Die Freiburger Fans feierten den 53-Jährigen mit Sprechchören („Christian Streich – du bist der beste Mann“). Der Trainer schwärmte von seiner Elf mit den Worten „begeisternd“, „beeindruckend“, „toll“, oder „wahnsinnig viel Energie“. Die pure Freude war Streich aber trotz des wichtigen ersten Rückrundensiegs kaum anzumerken. Nur langsam schien sich die Anspannung zu legen.
Doch anders als das abstiegsgefährdete Augsburg kann Freiburg jetzt beruhigt die neue Woche und die kommenden Aufgaben mit der kniffligen Auswärtspartie am Samstag in Leverkusen angehen. Nicht nur aufgrund der Schwächen der Konkurrenz scheint es derzeit so, dass der SC in dieser Saison nicht mehr in unmittelbare Abstiegsgefahr gerät. In der vergangenen Spielzeit hatten die Badener bis zum Schluss gezittert. „Es ist schön, dass wir auch ein bisschen durchschnaufen können. Der Weg, die Richtung sind absolut richtig“, meinte Kapitän Mike Frantz.
Bei einer Niederlage wäre der FCA bis auf drei Punkte herangerückt. In diesem aufgrund der Tabellenkonstellation „extrem wichtigen Spiel“(Streich) trat Freiburg von Beginn an griffiger, wacher und spielfreudiger auf als der stärker unter Druck stehende FCA. Die Schwächephase der bayrischen Schwaben und ihre Personalprobleme mit dem Ausfall des Freiburg-Schrecks Alfred Finnbogason habe man unbedingt ausnutzen wollen, betonte Streich. Beim 1:4 im Hinspiel hatte Finnbogason dreimal getroffen.
Diesmal steuerten Nils Petersen mit seinem ersten Doppelpack der Saison (9. Minute/43.), Vincenzo Grifo (30.), Luca Waldschmidt (64.) und Florian Niederlechner (85.) die Tore zum zweithöchsten Sieg in Freiburgs Bundesliga-Historie bei. In einer kurzen Phase der zweiten Hälfte bestand Gefahr, dass es nach dem Treffer von Rani Khedira (52.) und bei Chancen auf den Anschluss noch einmal eng werden würde. Stefan Reuter
Doch die Gastgeber beeindruckten auch mit ihrer Mentalität. „Man hat gemerkt, dass die gewinnen wollen“, lobte FCA-Torhüter Gregor Kobel. „Die kamen raus und haben gepresst, sogar als es 4:1 stand. Da habe ich mir gedacht: „Wow, was machen die hier vorne? Warum pressen die noch?“, erklärte der 21-Jährige, den Hoffenheim für die Rückrunde an Augsburg ausgeliehen hat.
Noch deutlicher fielen nur die 5:0Erfolge über Hansa Rostock 1999 und den VfL Bochum 2000 aus, jeweils unter Trainer Volker Finke. „Ich hätte auch ein 1:0 genommen. Hätte mir vor dem Spiel jemand gesagt, wir gewinnen 1:0, wäre ich ihm um den Hals gefallen“, sagte Streich.
Beim FC Augsburg wird die Luft nach nur einem Sieg aus den zurückliegenden 14 Partien dagegen dünner. „Wir werden die Dinge intern analysieren und dabei sicher nichts schönreden. Da werden schon einige Fragen gestellt werden“, kündigte Reuter an: „Wir müssen uns überlegen, wie es zu solch einer ersten Halbzeit kommen konnte. Das war extrem enttäuschend und ernüchternd.“
Reuter gestand ein, dass er „ehrlich gesagt noch keine Antwort“parat habe. „Wir waren in allen Belangen unterlegen. Die Körpersprache und das Auftreten waren richtig schlecht“, sagte der Weltmeister von 1990: „Das muss ich erst einmal sacken lassen.“Allzu viel Zeit bleibt den Verantwortlichen allerdings nicht. Bereits am Freitag kommt Borussia Dortmund in die Fuggerstadt.
„Wir waren in allen Belangen unterlegen. Die Körpersprache und das Auftreten waren richtig schlecht.“