VW setzt auf Elektro-Baukasten
Volkswagen-Konzern kooperiert mit Start-up Ego – Plattform auch für Konkurrenz
FRANKFURT - Volkswagen bietet Technik in Sachen Elektromobilität auch anderen Herstellern an. Mit einer Plattform für elektrisch angetriebene Kleinwagen will Volkswagen so die elektromobile Zukunft mitgestalten. Einen ersten Partner hat Volkswagen schon gefunden – wenn auch nur einen kleinen.
Es ist das Start-up Ego, das eines der ersten Autos auf der Volkswagen-Plattform auf die Straßen bringen will. Dazu haben Volkswagen und das Unternehmen aus Aachen eine Kooperationsvereinbarung geschlossen. Mit dem Schritt wandelt sich Volkswagen im Prinzip zu einem Zulieferer für andere Unternehmen. Die können wiederum die Plattform und Motortechnik nutzen, um die Produktion ihrer individuell gestalteten Kleinwagen schneller voranbringen zu können.
Kleine Autos zum kleinen Preis
MEB steht als Abkürzung für Modularer E-Antriebs-Baukasten. Der Baukasten besteht aus aufeinander abgestimmten Komponenten, die andere Autobauer als grundlegende Plattform für ihre Produktion einsetzen können. Herzstück sind die technischen Komponenten rund um Batterie, den Elektromotor und die Ladeelektronik. „Der MEB soll als Standard der E-Mobilität etabliert werden“, sagte VW-Chef Herbert Diess. Zur Präsentation auf dem Autosalon in Genf baut ein Buggy auf dem Baukasten auf. Der von Volkswagen vorgestellte ID. Buggy ist offen und erinnert ohne Verdeck an einen kleinen Dünen- oder Geländebuggy.
Ob Ego dieses oder ein anderes Fahrzeug plant in Serie zu fertigen, wollte das Unternehmen nicht sagen. Ego hat sich zum Ziel gesetzt, kleine E-Autos zum erschwinglichen Preis auf den Markt zu bringen. Bekannt geworden ist das 2015 gegründete Unternehmen dadurch, dass seine Gründer zuvor das Unternehmen Streetscooter ins Leben gerufen hatten. Das wiederum hat die Deutsche Post mittlerweile übernommen und produziert nun serienweise StreetcooterElektrolieferwagen. Im vergangenen Jahr allein wurden über 4200 dieser E-Lieferwagen neu zugelassen.
Jetzt konzentrieren sich die Macher von Ego auf kleine und preiswertere E-Autos für den Stadtverkehr. „Wir freuen uns, dass der Volkswagen-Konzern diese Kooperation angeboten hat. Wir werden durch die MEB-Plattform noch schneller, robuster und kostengünstiger“, sagte Günter Schuh, der Chef von Ego Mobile AG.
Das genau ist das Ziel, dass auch Volkswagen durch das Bereitstellen der Plattform erreichen will: Das auch kleinere Serien künftiger Elektroautos auf der MEB-Plattform aufbauen. Dabei kann der jeweilige Hersteller dann um Technik und Fahrgestell nach Belieben sein eigenes Design bauen – die MEB-Plattform wäre dann nur die weitgehend unsichtbare Hardware in den Autos oder unter deren Karosserien. Durch den massenhaften Einsatz würden sich die Kosten pro Fahrzeug verkleinern.
Im Prinzip ist das ähnlich wie bei den Smartphones. Die meisten Hersteller nutzen das Google-Betriebssystem Android in ihren Geräten. Nur ist es in diesem Modell von Volkswagen die einheitliche Hardware, die unter dem Blech steckt. Individuelle Software und Design stülpen die jeweiligen Hersteller dem Baukasten über und verkaufen ihn unter ihrem jeweiligen Namen.
15 Millionen Pkw geplant
Dabei sind die Ziele der Wolfsburger in Punkto Verbreitung ambitioniert: In einer „ersten Welle“will Volkswagen rund 15 Millionen Autos auf seiner Baukasten-Plattform auf die Straßen bringen. Auf welchen Zeitraum sich das bezieht, wollte Volkswagen nicht beantworten. Wie ambitioniert dieses Ziel ist zeigt aber eine Zahl: Bisher rollen weltweit überhaupt nur 5,6 Millionen voll- oder teilweise elektrisch betriebene Fahrzeuge auf den Straßen. Hintergrund für einen solchen Vorstoß ist auch die Tatsache, dass Elektromotoren weitaus einfacher zu konstruieren sind als herkömmliche Verbrennungsmotoren. So wird ausgetüftelte Motortechnik Made in Germany künftig kein entscheidendes Kriterium bei E-Autos mehr sein. „Dass der VW-Konzern mit der MEB-Plattform Kooperationspartner sucht ist völlig richtig“, sagte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. Deswegen befindet sich Volkswagen auch in Gesprächen mit dem US-Autobauer Ford, um seine elektromobilen Lösungen auch an Massenhersteller zu bringen. Spannend wären nach Ansicht von Dudenhöffer darüber hinaus aber vor allem Gespräche mit anderen Großkonzernen mit Massenfertigung. „Ob man mit dem Abfischen von Kleinherstellern den großen Sprung macht, ist sicher fraglich. Der große Wurf ist das nicht“, sagte der Experte mit Blick auf Ego.
Noch nicht. Denn vielleicht haben andere Hersteller ja mittlerweile Einsicht in die zunehmende Notwendigkeit, in Zukunftsfeldern zusammenarbeiten zu müssen. So hatten erst vor wenigen Tagen die Erzrivalen Daimler und BMW bekannt gegeben, in Zukunft das Thema autonomes Fahren gemeinsam erforschen und entwickeln zu wollen. Auch in anderen Bereichen und Feldern gibt es mittlerweile vermehrt Kooperationen zwischen einstigen Rivalen.