Die Daten-Diktatur
Mit digitaler Technik ermöglicht China der Bevölkerung ein modernes Leben in totaler Überwachung
Weishaupt-Gruppe erreicht Rekordumsatz
SCHWENDI (sz) - Der Heizungsspezialist Weißhaupt mit Sitz in Schwendi (Kreis Biberach) hat im vergangenen Jahr 635 Millionen Euro Umsatz gemacht – so viel wie noch nie, wie das 1932 gegründete Unternehmen mitgeteilt hat. Eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um sieben Prozent. Die Firmengruppe bietet Systeme rund um Heizung und Energie, wie Wärmepumpen und Gas-Brennwerttechnik, an und beschäftigt weltweit rund 3600 Mitarbeiter. Wie das Unternehmen weiter mitteilt, sei ein Grund für den anhaltenden Erfolg die Umsetzung eines 420 Millionen schweren Investitionsprogramms, das 2010 startete und auf zehn Jahre angelegt ist. Nach der Inbetriebnahme des neuen Logistikzentrums im Stammwerk in Schwendi stünden die Eröffnung der neuen Nordamerika-Zentrale in Kanada sowie der Bau einer komplett neuen Unternehmenszentrale für die Tochter Baugrund Süd, ein Bohrunternehmen aus Bad Wurzach (Landkreis Ravensburg), an.
Schwacher Jahresauftakt im Maschinenbau
FRANKFURT (dpa) - Deutschlands Maschinenbauer bekommen die Konjunktureintrübung zunehmend zu spüren. Die Bestellungen sanken im Januar im Vergleich zum Vorjahresmonat bereinigt um Preiserhöhungen (real) um neun Prozent, wie der Branchenverband VDMA mitteilte. Ein deutliches Minus von elf Prozent gab es dabei bei den Aufträgen aus dem Ausland. Im Inland beträgt der Rückgang fünf Prozent.
Weinpreise im Einzelhandel legten 2018 deutlich zu
BERLIN (AFP) - Obwohl die Verbraucher in Deutschland im vergangenen Jahr weniger Wein gekauft haben, ist der Umsatz der Branche gestiegen. Wie das Deutsche Weininstitut mitteilte, liegt das Plus von einem Prozent im Vergleich zum Vorjahr vor allem an gestiegenen Preisen im Lebensmittel-Einzelhandel.
Bauindustrie steigert Umsatz um acht Prozent
WIESBADEN (dpa) - Der anhaltende Immobilienboom und der Ausbau der Verkehrsnetze sorgen für gute Geschäfte in der deutschen Bauindustrie. Im vergangenen Jahr stieg der Umsatz im Bauhauptgewerbe um 8,0 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Es war das sechste Jahr in Folge mit einem Anstieg. SCHANGHAI/SHENZHEN - Dezent angebracht sind sie nicht, die Kameras, die Fußgänger filmen, die in Schanghai vor der größten Starbucks-Filiale der Welt die Straße überqueren. Von Ampeln und Lichtmasten scannen sie täglich 24 Stunden Tausende Menschen, die vom Laden des Elektroautobauers Byton zum US-Café auf der anderen Seite wechseln. Und die Kreuzung in der Innenstadt der ostchinesischen Wirtschaftsmetropole ist keine Ausnahme: Jedes Jahr montiert China mehr Kameras an Straßen und Wegen, an U-Bahn-Aufgängen, in Kaufhäusern, Bahnhöfen und Flughäfen.
Die chinesische Regierung strebt die totale Überwachung der Öffentlichkeit an, die aber nur Teil eines größeren Kontrollprogramms ist: Die Behörden bauen zurzeit ein umfassendes System auf, das die Bürger der Volksrepublik in allen Lebensbereichen bewertet. Die Digitalisierung gibt den Machthabern dazu die nötigen Instrumente: Big Data und künstliche Intelligenz ermöglichen dem Staat einerseits, die ungeheuren Datenmengen für seine Ziele zu verwenden. Auf der anderen Seite gehören chinesische Konsumenten zu den begeisterten Nutzern digitaler Technologien, was die Aufsicht mittels persönlicher Daten sehr erleichtert. Das Ziel: Die Erziehung und Kontrolle von 1,4 Milliarden Menschen im Sinne des kommunistischen Leitbildes „Der gute Chinese“. Wu Fan, Entwickler beim Softwarekonzern Cloudwalk
Der chinesische Konzern Cloudwalk gehört nach eigenen Angaben zu den weltweit führenden Anbietern von Gesichtserkennungssoftware. Stolz führt Entwickler Wu Fan durch die Schanghaier Niederlassung des Unternehmens. „Unsere Systeme erfassen selbst die Tiefen der Mimik und können so zwischen lebensechten Puppen und realen Menschen unterscheiden“, sagt Wu. An einem Schaltpult erläutert er, wie die Software an einem U-Bahnaufgang Passanten identifiziert. Die Gesichtszüge werden herangezoomt und mit biometrischen Daten staatlicher Datenbanken abgeglichen. Bei 100 000 Scans mache das System nur ein bis zwei Fehler. China setze das System bereits in 25 seiner 34 Provinzen ein. „Die Regierung will herausfinden, wer du bist, um Kriminelle aufzuspüren“, sagt Wu. Aber man könne die Software natürlich auch nutzen, um Autofahrer zu warnen, wenn sie müde werden oder zur Analyse von persönlichen Kleidungsstilen. 1,4 Milliarden in zwei Sekunden Bis 2020 will China im öffentlichen Raum 750 Millionen Kameras installieren, sie sollen nicht nur die Innenstädte großer Metropolen wie Schanghai, Peking oder Shenzhen andauernd überwachen, sondern auch die kleineren Dörfer überall im Reich der Mitte. Das Ziel der Behörden ist, jeden der 1,4 Milliarden Chinesen innerhalb von zwei Sekunden zu lokalisieren. Diese Kontrolle ist eine Basis für das sogenannte Sozialkreditsystem, das dann greifen soll und mit dem die Volksrepublik ihre Bürger digital durchleuchten will. Wer läuft bei Rot über die Ampel? Wer fährt betrunken Auto? Wer besucht seine alten Eltern nicht regelmäßig? Wer betrügt bei Onlinespielen? Oder wer veröffentlicht gar Kritik an der Partei in sozialen Netzwerken? „Vordergründig will die Regierung durch dieses System illegales und unmoralisches Verhalten unter Bürgern wie Unternehmern unterbinden, um Stabilität und Sicherheit zu erhöhen,“sagt die deutsche Sinologin Kristin Shi-Kupfer vom Mercator Institute for China Studies (Merics) in Berlin. Tatsächlich gehe es Peking aber darum, „potenzielle Bis zum Jahr 2020 soll im Reich der Mitte ein System installiert sein, das die Bürger bis ins Kleinste digital durchleuchtet, 1,4 Milliarden Menschen bewertet – und dabei erwünschtes Verhalten belohnt und das Gegenteil bestraft. soziale und politische Unruhestifter frühzeitig zu identifizieren“.
Praktisch funktioniert das System mit der Vergabe von Punkten: Wer sich im Sinne der Ideologie der Partei verhält, gewinnt Punkte, wer das nicht tut, verliert. Und wer zu wenig Punkte hat, spürt das schnell, denn er darf nicht reisen, keine Flugtickets oder Fahrkarten für Schnellzüge kaufen, ihm wird der berufliche Aufstieg verwehrt, er kann seine Kinder nicht auf gute Schulen schicken und wartet länger auf einen Arzttermin.
Noch ist das System nicht in Kraft, es ist aber wahrscheinlich, dass es funktioniert. Grundlage ist ein besonderer Gesellschaftsvertrag: Freiheit gegen Wohlstand und Fortschritt. Die Stabilität ist gewährleistet, solange die Menschen in China das Gefühl haben, dass es ihnen besser geht und sie bequemer leben als ihre Eltern. „Der Chinese geht einen Tausch ein, Daten gegen Bequemlichkeit – so läuft die Gesellschaft“, erläutert Han Zheng. Der 43-Jährige ist Professor für Innovation an der Tongji-University in Schanghai. „Für Chinesen ist die Kontrolle okay, sie haben nichts zu verstecken, denn der Staat sagt, er will nur böse Menschen finden.“Hinzu kommt, dass die allermeisten Chinesen ihren persönlichen Daten nur einen sehr geringen Wert beimessen. Einer Studie im Harvard Business Review aus dem Jahr 2015 zufolge würden Bürger der Volksrepublik gerade einmal 4,48 US-Dollar für alle ihre Kommunikationsdaten verlangen.
So wenig Chinesen auf ihre persönlichen Daten achten, so begeistert reagieren sie auf neue Technologien. „Bei Digitalprodukten gibt es eine extrem hohe Adaptivität, jeder möchte dabei sein und teilhaben“, erklärt Han den Grund dafür, dass sich digitale Tech- niken in China so umfassend durchsetzen. Sie ermöglichen so einerseits vielen Menschen die Teilhabe am modernen Leben, andererseits eröffnen sie dem Staat aber auch immense Kontrollmöglichkeiten. Insgesamt nutzen nach Angaben von Han 800 Millionen chinesische Staatsbürger das Internet, 780 Millionen davon surfen ausschließlich mit Smartphones, 90 Prozent davon bezahlen im täglichen Leben fast nur mit Finanz-Apps. „Kreditkarten werden oft gar nicht mehr angenommen“, sagt Han.
„Die Regierung will herausfinden, wer du bist, um Kriminelle aufzuspüren.“ „Der Chinese geht einen Tausch ein, Daten gegen Bequemlichkeit.“
Han Zheng, Professor für Innovation an der Tongji-Universität Schanghai
Ein Trend, der chinesische Internetkonzerne wie Alibaba und Tencent groß gemacht hat und den diese mit ihren Angeboten befeuern. Die Alibaba-Gruppe, nach eigenen Angaben das größte IT-Unternehmen in China, ist der dominierende Onlinehändler der Volksrepublik. Im Jahr 2017 übernahm Alibaba einen Anteil an Sun Art, Chinas größtem Betreiber von Warenhäusern und Supermärkten – und arbeitet seitdem daran, auch den stationären Lebensmittelhandel zu digitalisieren.
Mittlerweile sind rund 100 Märkte in einem sogenannten Omni-Channel-Konzept organisiert. Es gibt vier Wege: Kunden können online bestellen und die Waren abholen oder sie sich liefern lassen. Im Laden, der neben Lebensmitteln alle Produkte des täglichen Bedarfs bietet, haben Kunden aber auch die Möglichkeit, einzukaufen und die Waren dann sofort mitzunehmen oder sie nach Hause zu schicken. „Dabei ist alles digital erfasst, man geht mit dem Smartphone durch den Markt und bekommt aufgrund von früheren Einkäufen neue Produkte vorgeschlagen“, sagt Innovationsexperte Han Zheng. Einkaufen allein mit dem Gesicht Ziel des Unternehmens sei es, in absehbarer Zeit mit Kameras auch die Produkte zu erfassen, die Kunden nur anschauen, aber nicht kaufen, um neue Empfehlungen zu generieren. Wenn Han Zheng die Waren, die er in einem Alibaba-Markt in Schanghai in einen Einkaufskorb gelegt hat, bezahlen will, muss er zurzeit noch sein Smartphone zücken und sowohl Nudeln und Milch als auch sein Smartphone vor den Kassenscanner halten. Doch auch das soll bald vorbei sein. „In Zukunft wird mein Gesicht reichen“, sagt Han. „Die Kunden werden dann nur noch in die Kamera schauen und bei größeren Beträgen einen Pin eingeben müssen.“
Eine der Plattformen, auf der Alibaba die Digitalisierung des Alltags vorantreibt, ist die App Alipay. Sie vereint mehr als 90 Anwendungen, von denen die Bezahlfunktion nur eine ist. Mit der App kaufen Chinesen ein, buchen Reisen, wechseln Stromund Gasanbieter, verabreden sich, flirten, chatten, spielen und machen Arzttermine aus. „Dahinter steckt Kalkül“, sagt Han. „Alibaba setzt darauf, keine Kunden zu verlieren, weil die mit einem Wechsel natürlich alle Funktionen verlieren würden.“Die Strategie funktioniert: Laut Alibaba nutzten die App Ende 2018 weltweit mehr als 900 Millionen Menschen.
Das Konkurrenzprodukt von Tencent ist noch erfolgreicher: Nach Angaben des Unternehmens aus Shenzhen haben weit über die Grenzen Chinas hinaus mehr als eine Milliarde Menschen die App We-Chat auf ihrem Handy. Auch sie vereint mehr als 40 Funktionen, mit denen Menschen ihr Leben organisieren.
Und mit jeder Nutzung von Alipay und We-Chat gibt die Bevölkerung der Volksrepublik mehr Daten über sich preis. Daten, die den Behörden in einem autoritären System nicht verborgen bleiben. Daten, die die Partei im Sinne der kommunistischen Erziehung nutzt. Denn es geht um den guten Chinesen.