In 81 Tagen mit Tretroller durch Deutschland
Story VS: Michael Wigge lernt bei seiner Reise unglaubliche Menschen und Orte kennen
VILLINGEN-SCHWENNINGEN (sbo) - „Ich habe Deutschland unterschätzt“– mit einem überraschenden Resümee ist die Reise mit dem Tretroller für den Fernseh-Journalisten Michael Wigge zu Ende gegangen, von der er beim „Extrem-Day“in der Neuen Tonhalle in Villingen im Rahmen der Eventreihe „Story VS“erzählt hat.
Der Mann, der im vergangenen Jahr „ohne Geld bis ans Ende der Welt“gelangt war, hatte sich diesmal eine vermeintlich „einfache“Aufgabe gestellt: in 80 Tagen mehr als 2400 Kilometer von der Nord bis zur Südspitze Deutschlands – mit dem Tretroller. So viel sei vorausgeschickt: Er brauchte zwar einen Tag länger und hätte schon nach wenigen Tagen fast aufgegeben, aber er lernte, quasi in der Nachbarschaft, unglaubliche Menschen und Orte kennen.
„Du warst schon in Togo, aber noch nie in Meck-Pomm“– diese Erkenntnis stand am Anfang seiner neuen Herausforderung. Ausgerüstet mit Helm- und Handkameras und begleitet von Kamerafrau Mechthild in einem Wohnmobil startete Wigge auf Sylt – mit so starkem Gegenwind, dass er kaum vorankam. Dazu kamen ein offensichtlich falsch programmiertes Navi und Rückenschmerzen. Nach wenigen Tagen schon aufgeben? Nein, Wigge holte sich zunächst Hilfe beim Erfinderclub SchleswigHolstein, der ihm ein Rückenwindsegel „erfand“, bei einem Orthopäden und beim Rollerhersteller. Nach Reizstrommassage und mit Stützgürtel sowie Online-Anleitungen zur Rollertechnik ging es schließlich so flott weiter, dass Michael Wigge sich in Wolfsburg gar dem 100-MeterRennen gegen einen Volkswagen stellte.
Im thüringischen Niederdorla erreichte er den Mittelpunkt Deutschlands, erfuhr aber, dass es noch fünf weitere Orte mit diesem Anspruch gibt – je nach Berechnungsart. Das wirklich kleinste Haus Deutschlands steht in Wernigerode und ist gerade einmal 2,95 Meter breit. Weitere Superlative pflasterten seinen Weg: In der Erfinderstadt des Gartenzwerges, in Gräfenroda, sah er so viele Figuren auf einmal wie noch nie, in Bad Frankenhausen maß er persönlich nach, dass der dortige Kirchturm schiefer steht als der Turm von Pisa, und in der Rhön lernte er neben dem gleichnamigen Rad auch eine Zuckerstücke-sammelnde Dame kennen, die ihm gerne ihre 130 000 Exemplare zeigte.
„Jeder sechste Deutsche glaubt, dass sich die Sonne um die Erde dreht“, erfuhr er von dem Herrn, der in Mannheim die „Ufo-Meldestelle“ besetzt und sich vor Anrufen kaum retten kann. In Heidelberg kämpfte Wigge mit Hochwasser. Das tägliche Rollern wirkte sich nach der Halbzeit seiner Reise auf die Geschwindigkeit aus – 83 Kilometer an einem Tag waren sein persönlicher Rekord. Nicht nur in Rothenburg ob der Tauber, wie das Publikum riet, sondern in Dinkelsbühl stehen wunderschöne Fachwerkhäuser. Hier steht der Stadtbeleuchtungsautomat, der beim nächtlichen Einwurf von vier Euro die Innenstadtmauern erstrahlen lässt. Fünf Bart-Weltmeister In Schömberg traf Wigge auf gleich fünf Bart-Weltmeister, im Schwarzwald auf die größte Kuckucksuhr und in Bayern auf Deutschlands kleinste Bierbrauerei. Viel Spaß hatte er mit dem Künstler Peter Kees und seinem „Unordnungsamt“in Oberstdorf, dem er half, allzu ordentlichen Menschen Knöllchen zu verpassen. Den Anstieg zum Hallwanger Eck, Deutschlands südlichster Spitze, hatte er unterschätzt, und so kam er erst am 81. Tag ins Ziel.