Trossinger Zeitung

Auf dem Sprung

- Von Patrick Strasser sport@schwaebisc­he.de

Im Moment des Triumphes wird man emotional. Im Gefühl der Genugtuung begeht man die größten Fehler. Das ist menschlich.

Niko Kovac hat 5:0 gewonnen. Gegen Dortmund, gegen seine Kritiker. Für sich. Das Bild, wie der Bayern-Trainer nach dem Treffer von Javi Martínez zum 3:0 hochsprang, in der Luft zu stehen schien, dieses Sinnbild seines emotionale­n Ausbruchs, hätte das Bild dieses Gipfelspru­ngs im Gipfelspie­l bleiben können.

Doch auf der Pressekonf­erenz nach dem Spiel öffnete sich ein Ventil und der ganze, über Wochen und Monate angestaute Frust brach aus ihm heraus. Auch menschlich. „Wir müssen mal wieder klarkommen mit unserem Leben. Das ist nicht in Ordnung, was hier abgeht“, schimpfte er und wurde laut und lauter wie noch nie in seiner Münchner Amtszeit. Unsouverän und unnötig. Ausgangspu­nkt war eine Frage nach Jérôme Boateng und seiner nächtliche­n Party, die Präsident Uli Hoeneß als „Schwachsin­n“abgekanzel­t hatte. Liberalita­s Bavariae? Bedingt. Doch warum nun diese harsche Mediensche­lte? Warum dieser Ansatz, den er aus der galoppiere­nden Schnellleb­igkeit gesellscha­ftlicher Vorverurte­ilung auf den Fußball,

der mit den Medien von jeher eine Symbiose eingeht, herunterbr­icht? Er sei „kein Moralapost­el“, so Kovac, ist es aber doch: „Jeder muss an sich den Anspruch haben: Was ich nicht möchte, das mir einer antut, das tue ich keinem anderen an.“Hehre Ansprüche, fürwahr. Mediensche­lte gehört zum Spiel, bisweilen auch nötig.

Doch Niko Kovac wählte einen übertriebe­nen, beleidigte­n und zugleich bärbeißige­n Unterton: „Wir Trainer sind diejenigen, die alles abbekommen. Wenn du gewinnst, hast du nichts richtig gemacht. Wenn du verlierst, hast du alles falsch gemacht.“Doch das war schon immer so, ist Teil des Geschäfts. Das schöne 5:0 hat er sich noch am selben Tag selbst kaputtgema­cht.

Ob Karl-Heinz Rummenigge anderntags auch noch den unglücklic­hen Auftritt seines Trainers im Kopf hatte, sei dahingeste­llt. Isoliert betrachten kann man weder Kovac’ Ausbruch, noch Rummenigge­s Ansage: „Bei uns gibt es keine Jobgaranti­e. Für niemanden. Jeder, der bei Bayern München arbeitet, muss liefern“, sagte er bei Sky.

Kovac’ Zukunft bei Bayern scheint nun ungewisser denn je. Sky-Moderator Jörg Wontorra hakte nach: „Darf Kovac Vizemeiste­r werden?“Rummenigge wich kühl aus: „Wir werden Meister!“Vielleicht rettet nicht mal das Double Kovac’ Job. Alles eine Frage der Alternativ­en auf dem Trainermar­kt.

Die Unsicherhe­it, ob Kovac der richtige Mann ist für die neue Saison und den bevorstehe­nden Umbruch, hält sich an der Säbener Straße hartnäckig. Die Überlegung­en entzünden sich an Kovac’ Fokus auf eine defensive Spielweise und eine Fehleinsch­ätzung. „Was im Oktober und November passiert ist, war selbstkrei­ert. Wir haben uns selbst das Bein gestellt, weil der Trainer in unglaublic­h großem Stil rotiert hat. Das hat zu Unruhe in der Mannschaft geführt“, so Rummenigge, der sich als „erbitterte­r Gegner“der Rotation bezeichnet­e. Ergo: „Das haben wir deutlich angesproch­en und das ist dann korrigiert worden.“Mehr kann man einen Trainer nicht enteiern. Künftig werde man Kovac „im positiven Sinne begleiten“. Klingt nach betreutem Coaching. Er betonte jedoch auch: „Es hat ihn bei Bayern bisher keiner infrage gestellt.“

Aber auf Linie gebracht. „Der Trainer und die Mannschaft haben aus dem Liverpool-Spiel ihre Lehren gezogen“, sagte selbst Sportdirek­tor Hasan Salihamidz­ic, ansonsten sehr eng an Kovac’ Seite. . Und siehe da, gegen Dortmund ließ Defensivve­rfechter Kovac keinen Kovac-Fußball spielen.

„Wir sind am besten, wenn wir aktiv mit und gegen den Ball sind. So wollen alle, die es mit uns halten, die Bayern sehen“, erklärte Mats Hummels. Torjäger Robert Lewandowsk­i meinte: „Offensiv spielen, das ist unsere DNA, offensiv viel Druck machen und Situatione­n kreieren, um zu versuchen, Tore zu schießen. Das passt besser zu unserer Mannschaft.“Verstanden, Trainer?

Dass Kovac seine Spieler im Vorfeld mit nicht oder nur bedingt lernfähige­n Kindern (Kovac am Samstag: „Das war eine Metapher“) verglichen hatte, kam in der Kabine nicht gut an. Eine gezielte Provokatio­n, um die Spieler zur Leistungss­teigerung zu pushen? Hummels: „Wir wissen schon selbst, wenn wir Sachen falsch machen.“Schon gut, Trainer.

 ?? FOTO:IMAGO-IMAGES.DE ?? Niko Kovac
FOTO:IMAGO-IMAGES.DE Niko Kovac
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany