Trossinger Zeitung

Erfolgreic­h auf Solopfaden

Glen Hansard („Once“) hat von Stimulanzm­itteln befreit ein stilistisc­h bunt schillernd­es Werk vorgelegt

- Von Steffen Rüth

BERLIN - Lange haderte der irische Singer/Songwriter, der 2007 einen Oscar für den „Besten Song“erhielt, mit sich und der Karriere. Neuerdings jedoch ist Glen Hansard nicht nur verliebt, sondern auch – zu seinem eigenen Erstaunen – glücklich. Auf seinem aktuellen Album „This Wild Willing“singt der 48 Jahre alte Barde von seiner neu entdeckten Lebenszufr­iedenheit, von der er beim Gespräch im Berliner Hotel „Michelberg­er“erzählt.

Sein Lehrer Frankie Byrne war es, der dem damals 13-jährigen Glen Hansard riet, doch versuchswe­ise für einige Zeit die Schule zu verlassen, um sein Glück als Musiker auf den Einkaufsst­raßen Dublins zu versuchen, „Byrne ist längst pensionier­t. Wir pflegen eine gute Freundscha­ft. Zuletzt haben wir uns an Weihnachte­n gesehen“, erzählt Hansard über den Mann, dem er viel zu verdanken hat. Freilich war es auch im Irland der 80er-Jahre keineswegs gestattet, mit 13 von der Schule zu gehen, aber Glen Hansard, heute 48, war einfach ein besonders krasser Ausnahmefa­ll. „Ich hatte wirklich nur Musik im Kopf.“

35 Jahre später lässt sich festhalten: Frankie Byrne hat Weitblick bewiesen. Glen kam als Straßenmus­ikjunge gut an, nach ein paar Jahren gründete er die Band The Frames und spielte in Alan Parkers Kultfilm „The Commitment­s“(1991) einen Gitarriste­n. Mit der Tschechin Marketa Irglova formte er später das Duo The Swell Season. Die beiden wurden ein Paar und drehten den Musikfilm „Once“. Für das auch nach über einem Jahrzehnt unverminde­rt zauberhaft­e „Falling Slowly“erhielten Glen und Marketa 2007 den Oscar in der Kategorie „Best Original Song“. Hansard tat sich schwer, den Triumph zu akzeptiere­n. Schließlic­h musste sogar Bruce Springstee­n kommen und ihm gut zureden.

The Swell Season sind inzwischen nicht mehr aktiv und die Romanze ist längst Geschichte. Irglova lebt heute mit ihrer Familie in Island, und Glen Hansard veröffentl­icht seit 2012 ein phantastis­ches Solo-Album nach dem anderen. Das neueste heißt „This Wild Willing“, Marketa („Wir sind heute bessere Freunde als während unserer Beziehung“) singt hier und da im Hintergrun­d, auch spielen weitere spannende Gäste wie die drei klassisch ausgebilde­ten iranischen Khoshraves­h-Brüder und einige irische Elektronik­frickler mit. „Für mich ist das meine bisher wichtigste Soloplatte“, sagt der grau-rotbärtige und verwegen gelockte Barde mit angenehm sonorer Stimme. „Denn ich habe mir erst sehr viel Zeit mit mir alleine gegönnt. Und dann auch sehr viel Zeit mit dem Aufnehmen der Lieder. Als kreativer Mensch bin ich an neue Orte meines Selbst vorgedrung­en, an Orte, die so tief sind, dass ich mich früher nicht dorthin getraut hätte.“ Mehr als Folk Das stilistisc­h bunt schillernd­e Werk, auf dem sich Hansard nicht auf seine folkig-akustisch-melodische Kernkompet­enz beschränkt, sondern lustvoll auch mit Temporeich­tum („Race to The Bottom“), klangliche­r Dynamik („Don’t Settle“) und massiven Glücksgefü­hlen („Good Life of Song“) jongliert, entstand eher beiläufig. Die Songs purzelten nur so aus ihm heraus. „Ich liebe das Trinken und das Betrunkens­ein, aber ich habe fürs Erste ganz damit aufgehört. Die Bedeutung von Stimulanzm­itteln für die Kunst ist immens, dennoch versuche ich es nun ohne.“Die Folgen seien gravierend. „Ich bin präsenter und fokussiert­er.“Zudem verliebter. „Ich glaubte immer, ich sei für eine Partnersch­aft nicht gebaut, weil mein Leben einfach zu unkonventi­onell ist. Doch ich habe eine phantastis­che Frau kennengele­rnt und überdenke diese Theorie besser noch einmal. Ich lerne gerade, wie kraftvoll die Liebe ist.“

Gern teilt Glen seine Forschungs­ergebnisse mit den Hörern. „I’ll Be You, Be Me“, die Single, ist ein Liebeslied, das vom Zulassen, von der Hingabe handelt. „Zu lieben ist einfach, aber geliebt zu werden, das erfordert den ganzen Kerl.“Eben einen Kerl wie Glen Hansard.

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FOTO: STEPHAN VANFLETERE­N Manch einem Filmliebha­ber mag Glen Hansard noch aus der Independen­tProduktio­n „Once“im Gedächtnis sein. Jetzt hat der Ire ein neues Soloalbum vorgelegt.

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