Schießen, schießen, schießen
Eishockeymeister München arbeitet sich gegen aufmüpfige Augsburger an deren Torhüter Roy ab
MÜNCHEN/MANNHEIM (SID/dpa) Nach dem zweiten Marathonmatch und insgesamt 14 Dritteln Eishockey in fünf Tagen war der sieggewohnte Serienmeister eher ratlos als müde. „Für München ist es was Neues“, gab Nationalspieler Yasin Ehliz nach dem 1:2 des Titelverteidigers EHC Red Bull in der dritten Verlängerung gegen den Außenseiter Augsburger Panther zu.
In der Tat: Nach drei Spielen in einer Play-off-Serie in Rückstand lagen die Münchner zuletzt vor vier Jahren, als sie sang- und klanglos im Viertelfinale ausschieden. Danach gewannen sie zehn Serien in Folge und drei Meistertitel – und galten eigentlich als unbezwingbar in den K.o.-Runden. Doch die Dominanz des Branchenführers bröckelt. Nach der zweiten Niederlage in der dritten Halbfinalpartie steht München diesen Mittwoch (19.30 Uhr/Sport1 und Magenta Sport) mit dem Rücken zur Wand. „Keine Panik“, forderte Trainer Don Jackson zwar. Doch seine Spieler sind ins Grübeln geraten.
„Wir können uns eigentlich nichts vorwerfen“, meinte Angreifer Ehliz, „ich wüsste wirklich nicht, was wir verändern sollten.“Das größte Münchner Problem heißt Olivier Roy. Der Augsburger Torwart wehrte am Sonntag 70 Schüsse ab. Damit übertraf sich der 27-Jährige, der die Vorsaison noch in der DEL2 in Crimmitschau begonnen hatte, selbst – nach 89 Paraden in den ersten beiden Spielen. Seine Fangquote in drei Halbfinals: sensationelle 96,4 Prozent.
„Wir müssen weiter schießen, schießen, schießen“, sagte Ehliz, „vielleicht lässt er irgendwann mal einen durch.“So wie Nationaltorwart Danny aus den Birken, der nach 103:34 Minuten im sechstlängsten Spiel seit Bestehen der Deutschen Eishockey Liga (DEL) den entscheidenden Schuss von Braden Lamb passieren ließ, weil er ihn gar nicht sah.
„Es war fast exakt das gleiche Tor, das Uwe Krupp schoss, als er den Stanley Cup gewann“, analysierte Jackson und spielte auf den wichtigsten Treffer des Ex-Bundestrainers an. 1996 hatte Krupp mit einem verdeckten Schuss von der blauen Linie die Colorado Avalanche – ebenfalls in der dritten Overtime – im vierten Finale gegen die Florida Panthers zum NHLMeistertitel geführt. „Du brauchst Verkehr vor dem Tor“, sagte Jackson. Und: „Wir müssen den Kopf oben behalten. Aber wir haben genug erfahrene Spieler, die wissen, was zu tun ist.“
Eine Frage der Kraft ist das rekordträchtige Halbfinale mit schon zwei XXL-Verlängerungen bislang noch nicht. „Wir haben zwar in drei Spielen ungefähr schon 14 Drittel gespielt, aber wir sind fit“, sagte Augsburgs Trainer Mike Stewart. Torhüter Roy habe ihm gesagt: „Ich hätte noch zwei Drittel spielen können.“
Den schnellsten Weg hat dagegen Hauptrundensieger Adler Mannheim eingeschlagen. Schon am Dienstag (19.30 Uhr/Magenta Sport) könnte der siebenmalige Meister mit einem weiteren Sieg bei den Kölner Haien ins Finale einziehen – neun Tage vor dem ersten Endspiel.
„Es ist immer das schwerste Spiel, den Sack zuzumachen“, sagte zwar Nationalspieler Matthias Plachta nach dem 4:0 im dritten Duell am Sonntag. Doch daran, dass die Adler erstmals seit ihrem letzten Meistertitel 2015 wieder ins Finale fliegen, zweifelt niemand mehr. Zumal auch sie mit Dennis Endras einen überragenden Goalie haben. Der 33-Jährige hat in drei Spielen gegen Köln nur ein einziges Tor kassiert. Allerdings bekam er auch „nur“56 Schüsse auf den Kasten – sein Augsburger Kollege Roy hatte dreimal so viel Arbeit.