Zeppelin-Urenkel zieht vor Gericht
Stiftungsstreit mit der Stadt Friedrichshafen geht in die nächste Runde
FRIEDRICHSHAFEN - Schafft es Albrecht von Brandenstein-Zeppelin, die Kontrolle über die Konzerne ZF und Zeppelin zurück in seine Familie zu holen? Um diese Frage geht es letztlich beim Rechtsstreit über seinen Antrag, die ursprüngliche Zeppelin-Stiftung wiederherzustellen. Am Mittwoch wird der Streit mit einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen fortgesetzt. Die Stiftung war 1947 aufgehoben, ihr Vermögen der Stadt Friedrichshafen übertragen worden. Kurz nach dem Krieg glaubte kaum einer, dass der eigentliche Stiftungszweck – der Bau von Luftschiffen – je wieder möglich werden würde.
„In dem Klageverfahren verlangt die Klägerseite die Wiederherstellung der Zeppelin-Stiftung als rechtlich selbstständiger Stiftung“, schreibt Otto-Paul Bitzer, Pressesprecher am Verwaltungsgericht (VG), in einer Pressemitteilung. Die Nachfahren des Grafen sehe ihre Familie dort dann in führender Position. Die Stiftung, zu deren Vermögen Unternehmensbeteiligungen gehörten, war 1947 per Rechtsanordnung aufgehoben worden. Das Stiftungsvermögen fiel an die Stadt Friedrichshafen. Heute gehören der Stiftung 93,8 Prozent des Zulieferers ZF Friedrichshafen AG (Jahresumsatz 36,9 Milliarden Euro) und 100 Prozent des Baumaschinenhändlers Zeppelin GmbH mit einem Umsatz von 2,9 Milliarden Euro im Jahr 2018.
„Die Kläger halten die Aufhebungsanordnung für nichtig und die alte Stiftung daher für rechtlich fortbestehend“, so Bitzer. Einen Antrag dazu aus dem Jahr 2015 lehnte das Regierungspräsidium Tübingen im Dezember 2016 ab. Eine Entscheidung, gegen die Brandenstein-Zeppelin zusammen mit seinem Sohn Frederic im Januar 2017 vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen klagte. „Eine Lücke im deutschen Recht“In der Verhandlung am Mittwoch soll laut Bitzer geklärt werden, ob die Klage zulässig ist. „Im Fokus steht dabei die Frage, ob die Kläger subjektive Rechte hinsichtlich der Stiftung geltend machen können“, sagt Bitzer. Nach Stiftungsrecht kann Brandenstein-Zeppelin nicht klagen, da dazu nur der Vorstand einer Stiftung berechtigt ist. „Eine Lücke im deutschen Recht“, hatte BrandensteinZeppelin im Februar der „Schwäbischen Zeitung“gesagt. Mit einem 148-seitigen Schriftsatz, den er beim VG einreichte, sollte die Argumentation gerichtsfest erläutert werden.
„Wir gehen von der Rechtmäßigkeit unserer Entscheidung aus, daher rechnen wir damit, dass die Klage abgewiesen wird“, sagt eine Sprecherin des RP. Um die Wiedererrichtung der 1947 durch Rechtsverordnung aufgehobenen Zeppelin-Stiftung geltend zu machen, hätten „die Kläger weder eine Rechtsposition noch hätte ein solches Ansinnen Aussicht auf Erfolg“. Im deutschen Verwaltungsrecht sei nur klagebefugt, wer geltend machen könne, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein.
Eine rechtsfähige Stiftung könne nur von ihren Organen wirksam vertreten werden. Die Stiftung sei 1947 vom damaligen Stiftungsvorstand vertreten worden. Er habe gegen die Anordnung zur Aufhebung Klage erhoben, diese aber zurückgenommen. „Die Rechtsanordnung von 1947, mit der die Stiftung aufgehoben und das verbleibende Stiftungsvermögen der Stadt Friedrichshafen zugewiesen wurde, war außerdem rechtmäßig. Somit sind bei einer Zulässigkeit der Klage die Erfolgsaussichten in der Sache an sich gering einzuschätzen“, teilt das RP weiter mit. Im Interview mit dieser Zeitung sagte Regierungspräsident Klaus Tappeser: „Wenn die Entscheidungen, die die Bundesrepublik Deutschland und besonders den Südwesten stark geprägt haben, nicht mehr gelten, dann kommen wir in Teufels Küche. Rechtsstaat bedeutet auch Rechtssicherheit. Mit Graf Brandenstein-Zeppelin wurden ja schon mehrmals Vergleiche geschlossen. Vergleiche dienen in unserem Rechtssystem dem Rechtsfrieden und der Rechtssicherheit. Ich muss mich als Kommune darauf verlassen können, was früher mittels Vergleichen entschieden wurde.“
„Die Kläger gehen mit positiven Erwartungen in die mündliche Verhandlung“, sagt ein Sprecher von Albrecht von Brandenstein-Zeppelin. „Ihr Erfolg wäre ein Erfolg für das gesamte Stiftungswesen und würde künftig erschweren, dass die Stiftungsaufsichtsbehörden willkürlich Stiftungen auflösen und zweckentfremdet in das öffentliche Eigentum integrieren.“Mit ihrem Antrag wolle die Familie des ursprünglichen Stifters Ferdinand Graf von Zeppelin „dem anhaltenden Missbrauch der Stiftung durch die Stadt Friedrichshafen Einhalt gebieten“, erklärt Albrecht von Brandenstein-Zeppelin außerdem per Pressemitteilung. In der Anfallsklausel innerhalb der Stiftungssatzung habe Ferdinand von Zeppelin seinerzeit verfügt, dass das Vermögen der Stiftung ausschließlich für mildtätige Zwecke, also zur Unterstützung hilfsbedürftiger Menschen eingesetzt werden dürfe. Die Stadt Friedrichshafen gebe die Stiftungserträge jedoch zu 95 Prozent für gemeinnützige Zwecke aus. „Damit wird die Zeppelin-Stiftung, eine der größten deutschen Stiftungen, auch heute noch missbraucht“, sagt von Brandenstein-Zeppelin. „Kein Spielraum für Vergleich“„Gleichgültig wie das Gericht entscheidet, die unterlegene Partei wird mit Sicherheit in die Berufung zum Verwaltungsgerichtshof nach Mannheim gehen“, heißt es in der Mitteilung von Brandenstein-Zeppelin weiter. Weil der Fall von grundsätzlicher Bedeutung sei, könne er zum Bundesverwaltungsgericht oder gar zum Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe gehen. „Die Kläger haben sich auf einen langen Prozessverlauf vorbereitet“, heißt es weiter.
Nach ihrer Auffassung könnte das Verfahren zügig beendet werden, wenn sich die Parteien zu Verhandlungen bereit erklären würden. „Ich habe von Beginn dieses Rechtsstreits an gesagt, dass ich jederzeit zu einer Einigung bereit bin“, sagt Albrecht von Brandenstein-Zeppelin. Dies sei im Interesse der Stiftungsbetriebe. Für das Regierungspräsidium sind Verhandlungen kein Thema: „Für das Land erschließt sich nach der derzeitigen Faktenlage kein Spielraum für eine Vergleichsregelung“, sagt die Sprecherin.