Der lange Weg bis zum Gesetz
Gemeinschaftskunde-Neigungskurs des Gymnasiums besucht das EU-Parlament in Straßburg
TROSSINGEN (pm) - Vor fast zwei Wochen haben die Schüler des Gemeinschaftskunde-Neigungskurses der JS2 zum ersten Mal ihre Stimme in Form eines EU-Wahlzettels abgegeben. Jetzt waren die Erstwähler mit ihrem Lehrer Daniel Getzberger dort, wo ihre Stimme etwas bewirkt hat: im EU-Parlament in Straßburg.
Brüssel, Luxemburg und Straßburg bilden mit ihren EU-Institutionen das Dreigestirn der Europäischen Union. Während in Luxemburg das Generalsekretariat und die Verwaltung sitzt und in Brüssel die Ausschüsse und Fraktionen tagen, werden in Straßburg Gesetze mit der Kommission und dem Rat verabschiedet. Das Parlament bildet das Legislativ-Organ der Europäischen Union.
Der Weg bis zum Gesetz ist allerdings – buchstäblich – weit; das wurde den Schülern in einem 360-GradFilm dargestellt, während sie in einem Miniatur-Plenarsaal saßen: In Brüssel schlagen bislang 28 Kommissare der EU-Kommission (je einer aus einem EU-Mitgliedsstaat) ein Gesetz vor (Initiativrecht). Dieses wird in den jeweiligen Ausschüssen diskutiert und verändert, oftmals mit der Hilfe von externen Sachverständigen. Nach zahlreichen Änderungsanträgen wird das Gesetz dem Parlament in Straßburg weitergegeben. Gemeinsam mit den Kommissaren und dem Rat debattieren die Parlamentarier über die Gesetzesentwürfe; das geschieht insgesamt zwölf Mal in einem Jahr für je vier Tage.
Dort können die Parlamentarier ihre Standpunkte darlegen – und somit die EU-Bürger direkt ansprechen, da die Plenarsitzungen stets öffentlich sind. Erst, nachdem Änderungsanträge eingearbeitet worden sind, kann im Parlament abgestimmt werden.
Nachdem die Gymnasiasten die Glasfronten an der Decke und das Grün im Gebäude bewundert hatten, führte sie der Weg in den Plenarsaal mit seinen fast 800 Sitzen. Die Sitze sind in Fraktionen aufgeteilt. Für eine Fraktionsgründung müssen allerdings zwei Kriterien erfüllt sein: Mitglied müssen mehr als 24 Personen sein und die Fraktion muss eine Staatenvielfalt in Form von mindestens sieben Nationen abbilden.
Allerdings besteht der Plenarsaal nicht nur aus den Parlamentariern oder dem Parlamentspräsidenten: Eine Etage höher blicken die Simultan-Übersetzer auf die Köpfe der Parlamentarier. Bei den Sitzungen sind die Dolmetscher unverzichtbar: Bis zu 1000 Dolmetscher tragen dazu bei, dass jeder im Saal sein Gegenüber versteht, indem sie die Debatten simultan übersetzen.
Da die Zeit, die die EU-Politiker in Straßburg sind, wertvoll und rar ist, gilt die Ultima Ratio: Wer zu lange redet, dem wird das Mikrofon ausgeschaltet.