Welche Lektüre in Krisenzeiten gefragt ist
Grimms lesen bietet Lieferservice – Eines der am häufigsten nachgefragten Bücher ist „Die Pest“
SPAICHINGEN - Viele besinnen sich in der unfreiwilligen Isolation der Corona-Zeiten wieder auf das Lesen. Die Stadtbücherei und die Buchhandlungen sind allerdings geschlossen. Doch Lena Grimm bietet mit ihrem Laden „Grimms lesen & genießen“einen Lieferservice. Sie berichtet, was dieser Tage besonders gefragt ist.
Viele Geschäfte und Restaurants bieten dieser Tage Lieferservices an (wir haben berichtet) beziehungsweise mussten ganz darauf umstellen, weil sie mittlerweile für den Publikumsverkehr
geschlossen sind. Auch Buchhandlungen gehören zu den Einzelhandelsgeschäften, die dieser Tage geschlossen bleiben müssen.
„Ich bin glücklich, dass viele Leute jetzt sagen: Sie bestellen bewusst bei uns und nicht bei Amazon“, freut sich Lena Grimm, „das gibt ein sehr schönes Gefühl der Solidarität“.
Lena Grimm hat ihre beiden Mitarbeiterinnen in Kurzarbeit schicken müssen und übernimmt die Auslieferungen selbst. Die Bücher können vormittags telefonisch bestellt werden und werden frei Haus geliefert – allerdings ohne Kundenkontakt: Sie werden entweder in den Briefkasten gesteckt oder vors Haus gelegt. „Die Bücher werden mit Handschuhen verpackt und die Flächen desinfiziert“, erzählt Lena Grimm. Bezahlt wird dann entweder über die mitgelieferte Rechnung oder bei Bestellungen über das Internet auch per Paypal.
Beliebt sind in diesen Zeiten unter anderem Bücher zur Kinderbeschäftigung, auch Vorschul- und Lernbücher. Und natürlich Belletristik, also Romane und Erzählungen. Es werden aber durchaus auch nach wie vor Fachbücher bestellt. „Viele nutzen das jetzt auch zur Weiterbildung oder für das Home-Office“, so Lena Grimm.
Auf der Homepage ihrer Buchhandlung hat sie jetzt außer „Unsere Lieblinge“auch ein paar „CoronaTipps“eingestellt. Das sind nicht etwa Bücher, die sich speziell mit Corona beschäftigen würden, sondern ein möglichst bunter Mix von Belletristik für verschiedene Altersklassen – und möglichst dick, damit man viel zu lesen hat.
„Es gibt zwei, drei Titel, die jetzt besonders gefragt, aber aktuell vergriffen sind“, hat Lena Grimm festgestellt. Einer davon ist der Klassiker „Die Pest“des französischen Schriftstellers und Philosophen Albert Camus. In dem Roman von 1947 schildert Camus eine – fiktive –Pestepidemie in den 1940er-Jahren. Dieses
Buch, das in Frankreich zur Pflichtlektüre an den Schulen gehört, werde sicher wieder aufgelegt, ist Lena Grimm überzeugt. Anhand einer Pestseuche im algerischen Oran (das damals noch französische Kolonie war) stellt Camus darin die „Revolte“des Menschen gegen Absurdität und Sinnlosigkeit des Lebens dar – und die Bedeutung, die Werten wie Solidarität, Freundschaft und Liebe in diesem Kampf gegen die Sinnlosigkeit zukommt.
Ein anderer Roman, der jetzt viel gefragt, aber längst nicht mehr lieferbar ist, ist „ein dubioses Taschenbuch“, so Lena Grimm, nämlich der 1981 erschienene Thriller „The Eyes of Darkness“, also „Die Augen der Dunkelheit“, von Dean Koontz. Um das Buch ranken sich im Internet zahlreiche Verschwörungstheorien, weil darin – zumindest in der zweiten englischsprachigen Auflage von 1989 – von einer neuen biologischen Waffe namens „Wuhan-400“die Rede ist, ein in der Romanfiktion in einem Labor bei Wuhan hergestellter tödlicher Mikroorganismus (in der ersten Auflage und in der deutschen Übersetzung noch „Gorki-400“, hier ist es ein russisches Biowaffen-Labor). Mit der Erwähnung der chinesischen Stadt Wuhan hören die „ominösen“Parallelen zwischen Romanfiktion aus den 80er-Jahren und heutiger Realität aber auch schon auf.