Strom, Gas und Wärme sind gesichert
Der viertgrößte deutsche Energieversorger EnBW verspricht stabile Versorgung und sieht sich trotz Corona-Krise auf Kurs
STUTTGART/RAVENSBURG – Der Energieversorger EnBW verspricht Verbrauchern und Firmen in der Coronavirus-Krise eine stabile Energieversorgung. Das teilte Vorstandschef Frank Mastiaux bei der Vorstellung der Geschäftszahlen am Donnerstag mit. Bereits Anfang Februar habe der Konzern umfangreiche Krisenpläne erstellt und Vorbereitungen für systemrelevante Standorte getroffen, um die Mitarbeiter vor Ansteckung zu schützen. „Die EnBW steht stabil. Die Versorgung ist sicher“, sagte Mastiaux.
Um Kunden, die im Zuge der Coronavirus-Krise in finanzielle Schieflage geraten könnten, zu helfen, hat das Unternehmen zugesichert, dass Strom, Gas und Wärme nicht abgestellt würden. Bereits bestehende Sperren seien aufgehoben worden. An der für den 1. April angekündigten Strompreiserhöhung für Privatkunden will die EnBW trotz aktuell deutlich günstigerer Großhandelspreise jedoch festhalten.
Eine mögliche Stundung von Abschlagszahlungen sieht Mastiaux kritisch, da der Versorgeranteil für Beschaffung,
Vertrieb und Marge nur rund ein Viertel des Endpreises für private Verbraucher ausmache. Die verbleibenden drei Viertel, die sich aus Umlagen, Abgaben und Steuern zusammensetzen, müsste die EnBW bei einer Stundung nämlich weiterhin an den Staat abführen. Käme es seitens der Politik zu einer solchen Forderung, müssten diese Preisbestandteile „durch den Rettungsfonds“übernommen werden, so Mastiaux.
Die Folgen der Coronavirus-Krise werden nach Einschätzung von Finanzvorstand Thomas Kusterer voraussichtlich keine wesentlichen Auswirkungen auf das operative Ergebnis des Geschäftsjahres 2020 haben. Stand heute plant der Konzern mit einer Bandbreite von 2,75 bis 2,90 Milliarden Euro – das entspricht einer Steigerung von 13 bis 19 Prozent gegenüber 2019. Es bestehe aber ein gewisses Risiko, so Kusterer, vor allem im Hinblick auf die Stromnachfrage.
Je nach Dauer und Intensität der Krise könnten sich daraus negative Ergebniseffekte ergeben.
Im abgelaufenen Geschäftsjahr steigerte der Konzern sein Ergebnis bei sinkenden Umsätzen deutlich. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), mit dem EnBW das laufende Geschäft abbildet, stieg 2019 um knapp 13 Prozent auf 2,4 Milliarden Euro. „Damit haben wir ein Jahr früher das Ergebnisziel von 2,4 Milliarden Euro, das wir uns 2013 für das Jahr 2020 gesetzt hatten“, sagte Vorstandschef Mastiaux.
Dieses Niveau hatte die EnBW bereits 2012 erzielt. Dazwischen liegt das Trauma von Fukushima und der Ausstieg Deutschlands aus der Kernkraft – eine energiepolitische Kehrtwende, durch die ein komplettes Geschäftsfeld kompensiert werden musste. Seitdem baut Mastiaux den Konzern um von Atom und Kohle hin zu erneuerbaren Energien. Die installierte Windkraftleistung liegt inzwischen bei 1800 Megawatt, bei der Photovoltaik sind 108 Megawatt erreicht.
Der Umsatz ging 2019 wegen eines geringeren Handelsvolumens und niedrigerer Gaspreise um zehn Prozent auf 18,8 Milliarden Euro zurück. Unter dem Strich verdiente die EnBW mit 787 Millionen Euro 349 Millionen Euro oder knapp 80 Prozent mehr als im Jahr 2018, was aber zu einem wesentlichen Teil (336 Millionen Euro) auf eine Neubewertung von Wertpapieren zurückzuführen war.
Auch deshalb dürfen die beiden Hauptaktionäre – das Land BadenWürttemberg über seine Beteiligungsgesellschaft Neckarpri und der Zweckverband Oberschwäbische Elektrizitätswerke (OEW), ein Zusammenschluss von neun Landkreisen im südlichen Baden-Württemberg – nur mit einer um fünf Cent auf 70 Cent höheren Dividende rechnen.